12.01.2015

Verleiher dürfen Leiharbeitnehmern bei fehlender Einsatzmöglichkeit keine Plusstunden abziehen

Nach § 11 Abs. 4 Satz 2 AÜG darf das Recht des Leiharbeitnehmers auf Vergütung bei Annahmeverzug des Verleihers nicht aufgehoben oder beschränkt werden. Mit dieser Vorschrift ist es unvereinbar, wenn ein Leiharbeitnehmer zwar unabhängig von seiner Einsatzzeit eine bestimmte monatliche Vergütung erhält, eine fehlende Einsatzmöglichkeit aber den Abbau von Plusstunden auf seinem Arbeitszeitkonto zur Folge hat.

LAG Berlin-Brandenburg 17.12.2014, 15 Sa 982/14
Der Sachverhalt:
Die Klägerin war bei dem beklagten Arbeitnehmerüberlassungsunternehmen beschäftigt und wurde von diesem als Sachbearbeiterin bei Entleihern eingesetzt. Auf das Arbeitsverhältnis fand der zwischen dem Bundesverband Zeitarbeit und den Mitgliedsgewerkschaften des DGB abgeschlossene Manteltarifvertrag (MTV) Zeitarbeit vom 22.7.2003 Anwendung.

Die Klägerin erhielt unabhängig von ihrer tatsächlichen Einsatzzeit eine regelmäßige monatliche Vergütung auf der Grundlage der vertraglich vereinbarten Arbeitszeit. Ihre tatsächlichen Arbeitszeiten wurden in einem Arbeitszeitkonto erfasst. Konnte der Beklagte die Klägerin nicht bei einem Entleiher einsetzen, reduzierte er ihre Plusstunden entsprechend.

Die hiergegen gerichtete Klage hatte vor dem LAG Erfolg. Das Gericht ließ allerdings wegen grundsätzlicher Bedeutung der Sache die Revision zum BAG zu.

Die Gründe:
Der Beklagte durfte die Arbeitsstunden, in denen er die Klägerin nicht bei einem Entleiher einsetzen konnte, nicht zu deren Lasten auf dem Arbeitszeitkonto berücksichtigen. Die entsprechende Praxis verstößt gegen § 11 Abs. 4 Satz 2 AÜG, wonach das Recht des Leiharbeitnehmers auf Vergütung bei Annahmeverzug des Verleihers nicht durch vertragliche Vereinbarung aufgehoben oder beschränkt werden darf.

Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem auf das Arbeitsverhältnis anwendbaren MTV Zeitarbeit. Dieser erlaubt es nicht, auf dem Arbeitszeitkonto vorhandene Plusstunden einseitig mit Minusstunden zu verrechnen, die sich deswegen ergeben, weil für den Arbeitnehmer keine Einsatzmöglichkeit besteht.

Selbst wenn der Tarifvertrag anders auszulegen sein sollte, durfte der Beklagte bei fehlender Einsatzmöglichkeit keine Plusstunden vom Arbeitszeitkonto abziehen. Denn das Risiko des Verleihers, den Leiharbeitnehmer nicht einsetzen zu können, darf nicht im Rahmen eines Arbeitszeitkontos auf den Leiharbeitnehmer verlagert werden. Da eine einseitige Verrechnung dieser Stunden zulasten des Leiharbeitnehmers gesetzlich ausgeschlossen ist, sind entgegenstehende tarifliche Regelungen unzulässig.

LAG Berlin-Brandenburg PM Nr. 1/15 v. 8.1.2015
Zurück