16.12.2016

Vorlage an den EuGH zu den Auskunftspflichten abhängiger Unternehmen bei Massenentlassungen

Das LAG Berlin-Brandenburg hat dem EuGH einige Fragen zur Auslegung der Auskunftspflicht von abhängigen Unternehmen bei Massenentlassungen zur Vorabentscheidung vorgelegt. Es will zum einen wissen, in welchen Fällen § 17 Abs. 3a KSchG, der die Auskunftspflichten abhängiger Unternehmen regelt, konkret anwendbar ist, und zum anderen, welche Informationen das beherrschende Unternehmen hiernach weitergeben muss.

LAG Berlin-Brandenburg 24.11.2016, 10 Sa 284/16 u.a.
Der Sachverhalt:
Im Ausgangsverfahren geht es um eine Massenentlassung von Beschäftigten der Fluggastabfertigung.

Die Kläger machten im Rahmen ihrer Kündigungsschutzklagen geltend, dass entgegen § 17 Abs. 2 Satz KSchG keine hinreichende Beratung zwischen dem Arbeitgeber und dem Betriebsrat über Möglichkeiten, die Massenentlassung zu vermeiden, stattgefunden habe. Der Betriebsrat sei über die als Kündigungsgrund genannte Stilllegung des Betriebs nicht hinreichend informiert worden.

Weiter führten die Kläger aus, dass Aufträge im Rahmen des arbeitgeberseitigen Netzwerks mit unterschiedlichen Tochter- und Leiharbeitsfirmen beliebig verlagert werden könnten. Ohne nähere Informationen auch über diesbezügliche Einflüsse und Hintergründe könne der Betriebsrat nicht ernsthaft über eine Vermeidung der Massenentlassungen verhandeln.

Das LAG setzte das Verfahren aus und legte dem EuGH einige Fragen zur Auslegung der Massentlassungsrichtlinie (RL 98/59/EG) zur Vorabentscheidung vor.

Die streitige nationale Vorschrift:
Die Vorlage bezieht sich auf § 17 Abs. 3a KSchG, der in Umsetzung der Massenentlassungsrichtlinie Auskunfts-, Beratungs- und Anzeigepflichten auch dann vorsieht, wenn die Entscheidung über die Entlassungen von einem den Arbeitgeber beherrschenden Unternehmen getroffen wurde. Der Arbeitgeber kann sich hiernach nicht darauf berufen, dass das für die Entlassungen verantwortliche Unternehmen die notwendigen Auskünfte nicht übermittelt habe.

Die Vorlagefragen:
Konkret will das LAG wissen, ob der Begriff der "Entscheidung über die Entlassungen" nur die unmittelbare Entscheidung meint oder auch eine mittelbare Entscheidung, die ein abhängiges Unternehmen zur Vornahme von Entlassungen bewegt.

Außerdem ist aus Sicht des LAG bisher nicht geklärt, ob nur ein Unternehmen, dessen Einfluss über Beteiligungen und Stimmrechte abgesichert ist, als beherrschendes Unternehmen anzusehen ist oder ob auch ein vertraglich oder faktisch abgesicherter Einfluss - zum Beispiel über Weisungsmöglichkeiten natürlicher Personen - ausreicht.

Des Weiteren möchte das LAG wissen, welche Informationen in solchen Fällen erteilt werden müssen, damit der Betriebsrat tatsächlich in die Lage versetzt wird, sinnvoll über eine Vermeidung von Massenentlassungen zu verhandeln.

LAG Berlin-Brandenburg PM Nr. 38/16 vom 13.12.2016
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