27.02.2014

Zur Kündigung durch den Insolvenzverwalter während der Elternzeit

Wird über das Vermögen des Arbeitgebers das Insolvenzverfahren eröffnet, besteht das Arbeitsverhältnis zunächst fort. Der Insolvenzverwalter kann das Arbeitsverhältnis allerdings unter Beachtung der kündigungsschutzrechtlichen Bestimmungen kündigen.

BAG 27.2.2014, 6 AZR 301/12
Der Sachverhalt:
Die Klägerin war im Versandhandel als Einkäuferin tätig. Über das Vermögen ihrer Arbeitgeberin wurde am 1.9.2009 das Insolvenzverfahren eröffnet. Der Insolvenzverwalter kündigte daraufhin gem. § 113 S. 2 InsO das Arbeitsverhältnis wegen Betriebsstilllegung zum 31.5.2010. Hätte er die vertraglich vereinbarte Kündigungsfrist eingehalten, wäre das Arbeitsverhältnis erst zum 30.6.2010 beendet worden. Die Klägerin befand sich im Zeitpunkt der Kündigung in Elternzeit. Durch die Beendigung des Arbeitsverhältnisses verlor sie die Möglichkeit, sich weiter beitragsfrei in der gesetzlichen Krankenversicherung zu versichern (§ 192 SGB V). Dies war dem Insolvenzverwalter auch bekannt.

Infolgedessen begehrte die Klägerin die Feststellung, dass das Arbeitsverhältnis erst zum 30.6.2010 beendet wurde. Sie war der Ansicht, dass der Insolvenzverwalter ermessensfehlerhaft von der Möglichkeit Gebrauch gemacht, die Kündigungsfrist nach § 113 S. 2 InsO abzukürzen. Sie habe unter Berücksichtigung der Wertentscheidung des Art. 6 GG Anspruch auf Einhaltung der vertraglichen Kündigungsfrist.

Die Klage blieb allerdings in allen Instanzen erfolglos.

Die Gründe:
Der Insolvenzverwalter musste den Zeitpunkt der Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht an den sich aus § 192 SGB V ergebenden sozialversicherungsrechtlichen Folgen ausrichten. Die Tatsache, dass § 113 InsO für die vorzeitige Beendigung des Arbeitsverhältnisses nur einen Schadenersatzanspruch vorsieht, steht im Einklang mit Art. 6 GG.

Wird - wie hier - über das Vermögen des Arbeitgebers das Insolvenzverfahren eröffnet, besteht das Arbeitsverhältnis zunächst fort. Der Insolvenzverwalter kann das Arbeitsverhältnis allerdings unter Beachtung der kündigungsschutzrechtlichen Bestimmungen kündigen. § 113 S. 2 InsO sieht dafür eine Kündigungsfrist von höchstens drei Monaten vor, die allen längeren vertraglichen, tariflichen oder gesetzlichen Kündigungsfristen vorgeht. Als Ausgleich für die insolvenzbedingte vorzeitige Beendigung des Arbeitsverhältnisses gewährt § 113 S. 3 InsO einen verschuldensunabhängigen Schadenersatzanspruch.

§ 113 InsO ist eine in sich geschlossene Regelung, die dem Arbeitnehmer keinen Anspruch darauf gewährt, dass der Insolvenzverwalter von der Höchstfrist des § 113 S. 2 InsO keinen oder nur eingeschränkten Gebrauch macht, wenn die Beendigung des Arbeitsverhältnisses sozialversicherungsrechtliche Nachteile nach sich zieht. Das Gesetz sieht insoweit allein den Schadenersatzanspruch nach § 113 S. 3 InsO vor.

Linkhinweis:

  • Der Volltext der Entscheidung wird demnächst auf den Webseiten des BAG veröffentlicht.
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BAG PM Nr. 9 vom 27.2.2014
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