14.07.2015

Zur Wirksamkeit einer Rückzahlungsklausel in einem Vertrag über die Teilnahme an einem dualen Hochschulstudium

Bei einer Klausel in einem Vertrag über die Teilnahme an einem dualen Hochschulstudium, nach der bei Nichtannahme eines angebotenen Arbeitsverhältnisses neben Studiengebühren auch anteilig gezahlte Vergütung zurückzuzahlen ist, handelt es sich nicht um eine überraschende Klausel nach § 305c Abs. 1 BGB. Eine solche Rückzahlungsklausel stellt auch nicht zwangsläufig eine unangemessene Benachteiligung i.S.v. § 307 Abs. 1 BGB dar.

ArbG Gießen 3.2.2015, 9 Ca 180/14
Der Sachverhalt:
Die Parteien hatten im Juni 2011 einen Vertrag zur Teilnahme am Praxisorientierten Studium "Duales Hochschulstudium-Studium Plus" abgeschlossen. Danach sollte der Beklagte ab Juli 2011 ein Bachelor-Studium absolvieren. Die externen Studienbeiträge von 9.000 € zahlte die klagende Arbeitgeberin. Während der Regelstudienzeit von 6 Semestern waren nach der Prüfungsordnung Praxisphasen von insgesamt 56 Wochen vorgesehen, die vom Beklagten in der Regel im Betrieb der Klägerin zu durchzuführen waren.

Im Vertrag war u.a. eine Rückzahlungsklausel vereinbart worden. Der Studierende verpflichtete sich, der Firma die Studienbeiträge sowie 50 % der Vergütung zu erstatten, wenn er ein ihm angebotenes Anstellungsverhältnis nicht antritt. Für den Fall einer Beendigung seines Anstellungsverhältnisses vor Ablauf von drei Jahren verpflichtet sich der Studierende zur Erstattung der Studienbeiträge sowie 50 % der Vergütung. Die maximalen Rückzahlungsverpflichtungen wurden auf 26.280 € beschränkt.

Der Beklagte schloss sein Studium im Juni 2014 als Bachelor of Engineering ab. Die Klägerin bot dem Beklagten bereits im April 2014 einen Arbeitsvertrag an. Danach sollte der Beklagte ab Juli 2014 als Bachelor of Engineering im Bereich Qualitätsmanagement seine Arbeit bei der Klägerin aufnehmen. Sein monatliches Brutto Gehalt sollte 3.000 € betragen. Der Beklagte lehnte das Vertragsangebot jedoch ab.

Die Klägerin verlangte daraufhin vom Beklagten die Rückzahlung von 26.280 € gemäß der vertraglichen Rückzahlungsklausel. Der Beklagte weigerte sich. Er war der Ansicht, die Rückzahlungsklausel sei nach §§ 305 ff BGB unwirksam. Sie benachteilige ihn unangemessen, da die Durchführung der Ausbildung nicht in seinem Interesse gestanden habe. Bei dem Geschäftsgebiet der Beklagten - der Schlachttechnik - handele es sich um eine sehr kleine Branche mit marginalem Einsatzgebiet.

Das ArbG gab der Zahlungsklage statt.

Die Gründe:
Die Klägerin hat gegen den Beklagten einen Anspruch auf Zahlung von 26.280 € aufgrund der vertraglichen Vereinbarung der Parteien aus Juni 2011.

Die Rückzahlungsklausel war Vertragsbestandteil geworden. Dem stand § 305e Abs. 1 BGB nicht entgegen. Die Vereinbarung fand sich unter der hervorgehobenen Überschrift "Rückzahlungsklausel" in einer eigenständigen Vertragsklausel und war nach dem äußeren Erscheinungsbild des Vertrags nicht ungewöhnlich. Auch ist der Umstand, dass nicht nur die Studiengebühren, sondern auch die anteilige Vergütung zurückgezahlt werden sollte, war nicht unüblich und damit überraschend. Vielmehr ist es üblich im Rahmen von Vereinbarungen zur Rückzahlung von Ausbildungskosten auch die Verpflichtung zur Rückzahlung von gezahlter Vergütung für Zeiten der Freistellung zur Fortbildung aufzunehmen. Die Rückzahlungsklausel war auch nicht überraschend oder widersprüchlich.

Letztlich war die Regelung nicht nach § 307 Abs. 1 BGB wegen einer unangemessenen Benachteiligung des Beklagten unwirksam. Zwar können Zahlungsverpflichtungen, die an eine vom Arbeitnehmer zu verantwortende Beendigung des Arbeitsverhältnisses anknüpfen, den Arbeitnehmer unangemessen benachteiligen. Das ist anhand einer Güterabwägung nach Maßgabe des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes unter Heranziehung aller Umstände des Einzelfalls zu ermitteln. Dabei ist das Interesse des Arbeitgebers, die vom Arbeitnehmer erworbene Qualifikation möglichst langfristig zu nutzen, einerseits, mit dem Interesse des Arbeitnehmers, durch die Ausbildung die eigenen Arbeitsmarktchancen zu verbessern und sich gegenüber dem Arbeitgeber nur in einem solchen Umfange zu binden, wie das im Verhältnis zu dessen Aufwendungen angemessen ist, andererseits ins Verhältnis zu setzen.

Im vorliegenden Fall war zu berücksichtigen, dass die Ausbildung für den Beklagten von geldwertem Vorteil war. Ihm war die Möglichkeit eröffnet worden, eine Qualifikation als Bachelor of Engineering zu erlangen. Hierbei handelt es sich um einen Hochschulabschluss einer staatlich anerkannten Technischen Hochschule. Dieser eröffnete dem Beklagten gute berufliche Möglichkeiten. Die erworbenen Kenntnisse und Fähigkeiten kann er entgegen seinem Vorbringen nicht nur bei der Klägerin nutzen. Auch wenn die Klägerin ausschließlich auf dem Gebiet der Schlachttechnik tätig ist, so hatte der Beklagte sich während des Studiums im theoretischen Teil, der nicht auf den Bereich der Schlachttechnik ausgerichtet war, allgemeine Kenntnisse der Ingenieurswissenschaften angeeignet, die ihm auch bei Arbeitgebern in anderen Branchen von Vorteil sind.

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