17.01.2014

Bereits erbrachte Leistungen als Notar haben eine besondere Bedeutung

Gibt ein Anwaltsnotar aufgrund einer Veränderung seiner Lebensumstände das Amt des Notars auf und bewirbt er sich zu einem späteren Zeitpunkt erneut, muss er sich zwar dem Auswahlverfahren stellen. Im neuen Auswahlverfahren ist allerdings besonders zu berücksichtigen, dass der Bewerber bereits einmal erfolgreich das Bewerbungsverfahren durchlaufen und seine fachliche und persönliche Eignung für dieses Amt dadurch und durch die Ausübung des Amts bewiesen hat.

BGH 23.7.2013, NotZ (Brfg) 12/11
Der Sachverhalt:
Der im Jahr 1956 geborene Kläger legte im Jahr 1980 die erste juristische Staatsprüfung und im Jahr 1982 die zweite juristische Staatsprüfung jeweils mit der Gesamtnote "gut" ab. Im Jahre 1983 wurde er in Essen als Rechtsanwalt zugelassen und im Juni 1995 zum Notar für den Bezirk des AG Essen) bestellt. Auf eigenen Antrag schied der Kläger im Jahr 2000 wegen eines umzugsbedingten Wechsels nach Düsseldorf aus dem Amt des Notars aus, weil dort das System des "Nur-Notariats" besteht.

Seit 2003 gehört der Kläger einer überörtlichen Anwaltssozietät an und wurde im September 2007 in die Berliner Rechtsanwaltskammer aufgenommen. Der Kläger bewarb sich auf eine der von der Beklagten ausgeschriebenen Notarstellen. Im November 2010 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass sie beabsichtige, die Notarstellen anderen Bewerbern zu übertragen. Insgesamt seien 30 Notarstellen für 28 Bewerber mit der zweiten juristischen Staatsprüfung nach dem Deutschen Richtergesetz und für zwei Bewerber mit juristischem Diplomabschluss nach der Prüfungsordnung der DDR ausgeschrieben gewesen. Der Kläger nehme die Rangstelle 31 ein.

Hiergegen wandte sich der Kläger. Er war der Ansicht, die Beklagte habe seine frühere Notartätigkeit bei der Beurteilung der fachlichen Eignung zu wenig berücksichtigt. Im Übrigen seien die Bewerber mit den Rängen 12, 21 und 24 aufgrund der Verletzung der Pflicht zu wahrheitsgemäßen Angaben in ihren Bewerbungen persönlich nicht für das Amt des Notars geeignet. Das KG wies die Klage ab. Auf die Berufung des Klägers hob der BGH das Urteil auf und verpflichtete die Beklagte, den Antrag des Klägers auf Zuweisung einer der ausgeschriebenen zu besetzenden Notarstellen unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung des erkennenden Senats neu zu bescheiden.

Gründe:
Der Kläger erreicht jedenfalls die Rangstelle 28, da das KG und die Beklagte der unvollständigen und mithin nicht wahrheitsgemäßen Auskunft der Bewerber auf den Rangstellen 12 und 21 ein zu geringes Gewicht für die Gesamtbeurteilung der charakterlichen Eignung für das Amt des Notars beigemessen hatte.

Die persönliche Eignung für das Notariat stellt einen unbestimmten Rechtsbegriff dar, dessen Interpretation durch die Landesjustizverwaltung gerichtlich voll überprüfbar ist. Die persönliche Eignung ist zu bejahen, wenn die Eigenschaften des Bewerbers, wie sie sich insbesondere in seinem äußeren Verhalten offenbaren, keine begründeten Zweifel daran aufkommen lassen, dass er die Aufgaben und Pflichten eines Notars gewissenhaft erfüllen werde. Im Interesse einer möglichst umfassenden vollständigen Tatsachengrundlage für die Beurteilung der Eignung eines Bewerbers für das Amt des Notars muss die Auskunftspflicht peinlich genau erfüllt werden. Die Relevanz der auskunftspflichtigen Tatsachen für die Beurteilung der persönlichen Eignung bestimmt ausschließlich die Besetzungsbehörde.

Unverzichtbare Grundlage für die Prüfung der charakterlichen Eignung für das Amt des Notars ist die vollständige und sorgfältige Beantwortung der Fragen an den Bewerber. Sie verlangt die Angabe von anhängigen und anhängig gewesenen straf-, disziplinar- oder standesrechtlichen Ermittlungsverfahren, sonstigen berufsrechtlichen Verfahren, auch bei der Rechtanwaltskammer in den letzten fünf Jahren geführte Beschwerde- bzw. Gebührenbeschwerdeverfahren. Wahrheitswidrig unvollständige Angaben im Bewerbungsverfahren begründen im Allgemeinen Zweifel an der persönlichen Eignung des Bewerbers zum Notar. Bei Berücksichtigung dieser Grundsätze bestanden begründete Zweifel an der persönlichen Eignung der weiteren Beteiligten mit den Rangstellen 12 und 21.

Der Kläger wandte sich außerdem mit Erfolg gegen die Beurteilung seiner fachlichen Eignung, weil seine frühere Tätigkeit als Notar in NRW aufgrund der Kappungsgrenze gem. Nr. 2 f aa) der Ausschreibung für die Tätigkeit als Notar, Notarvertreter und Notariatsverwalter mit 20 Sonderpunkten von der Beklagten nicht hinreichend berücksichtigt worden sei. Gibt ein Anwaltsnotar aufgrund einer Veränderung seiner Lebensumstände das Amt des Notars auf und bewirbt er sich zu einem späteren Zeitpunkt erneut, muss er sich zwar dem Auswahlverfahren stellen. Im neuen Auswahlverfahren ist allerdings besonders zu berücksichtigen, dass der Bewerber bereits einmal erfolgreich das Bewerbungsverfahren durchlaufen und seine fachliche und persönliche Eignung für dieses Amt dadurch und durch die Ausübung des Amts bewiesen hat.

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