31.07.2012

§ 5 Abs. 4b S. 1 EStG gilt auch für nachträgliche Anschaffungs- oder Herstellungskosten

§ 5 Abs. 4b S. 1 EStG bezieht sich nicht nur auf in künftigen Wirtschaftsjahren zu aktivierende Wirtschaftsgüter, sondern auf Aufwendungen, die in künftigen Wirtschaftsjahren als Anschaffungskosten eines Wirtschaftsguts zu aktivieren sind. Die Vorschrift gilt deshalb auch für Aufwendungen auf bereits vorhandene Wirtschaftsgüter, die in künftigen Jahren als nachträgliche Anschaffungskosten zu aktivieren sind.

FG Köln 30.5.2012, 10 K 2477/11
Der Sachverhalt:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob eine Rückstellung für Nachschussverpflichtungen verlustmindernd aufzulösen war. Die Klägerin ist ein regionaler Verkehrsdienstleister des öffentlichen Personennahverkehrs. Seit 1994/95 ist sie zu 12,5 Prozent an der D-GmbH beteiligt. Laut Gesellschaftsvertrag der D-GmbH war ein Jahresverlust der Gesellschaft durch Einlagen der Gesellschafter auszugleichen. Diese Verpflichtung war für die einzelnen Gesellschafter auf einen bestimmten Betrag beschränkt.

Im Geschäftsjahr 2001 erwirtschaftete die D-GmbH einen erheblichen Jahresfehlbetrag, so dass die realisierten Verluste erstmals über der statuierten Obergrenze zur Verlustübernahme durch die Gesellschafter lagen. Um eine drohende Insolvenz der D-GmbH zu vermeiden, erklärten sich die Gesellschafter bereit, für die Steuernachzahlungen der früheren Jahre auch die den Höchstbetrag übersteigenden Verlustbeträge des Jahres 2001 anteilig auszugleichen.

Die Klägerin wies in ihrem Jahresabschluss 2002 den auf sie entfallenden Verlustanteil als Rückstellung aus. Die Rückstellung wurde in der Handels- und Steuerbilanz aufwandswirksam verbucht. Eine außerbilanzielle Korrektur bei der Ermittlung des zu versteuernden Einkommens erfolgte nicht. Im Jahre 2008 leistete die Klägerin als Verlustausgleich für den dargestellten Sachverhalt eine Zahlung von rd. 840.000 €. Nach einer Betriebsprüfung erkannte das Finanzamt die Rückstellung steuerlich nicht an, da es sich bei den von der Klägerin zu leistenden Beträgen um nachträgliche Anschaffungskosten auf die Beteiligung an der D-GmbH handele.

Das FG wies die hiergegen gerichtete Klage ganz überwiegend ab. Die Revision zum BFH wurde wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen.

Die Gründe:
Das Finanzamt hat zu Recht die Rückstellung für Nachschussverpflichtungen erfolgswirksam aufgelöst.

Nach § 5 Abs. 4b S. 1 EStG dürfen Rückstellungen für Aufwendungen, die in künftigen Wirtschaftsjahren als Anschaffungs- oder Herstellungskosten eines Wirtschaftsguts zu aktivieren sind, nicht gebildet werden. Die Vorschrift wird ergänzt von § 52 Abs. 14 EStG. Diese Vorschrift besagt, dass, soweit Rückstellungen für Aufwendungen, die Anschaffungs- oder Herstellungskosten für ein Wirtschaftsgut sind, in der Vergangenheit gebildet worden sind, diese im ersten Veranlagungszeitraum, dessen Veranlagung noch nicht bestandskräftig ist, in vollem Umfang aufzulösen sind.

Aus dem Zusammenspiel beider Vorschriften ergibt sich, dass Rückstellungen für Aufwendungen, die Anschaffungs- oder Herstellungskosten für ein Wirtschaftsgut sind, generell nicht gebildet werden dürfen. Soweit sie in der Vergangenheit gebildet worden waren, sind sie nach § 52 Abs. 14 EStG aufzulösen. Die künftige Bildung schließt sodann § 5 Abs. 4b S. 1 EStG, der durch das Steuerentlastungsgesetz 1999/2000/2002 eingeführt wurde, aus.

Entgegen der Auffassung der Klägerin bezieht sich § 5 Abs. 4b S. 1 nicht nur auf in künftigen Wirtschaftsjahren zu aktivierende Wirtschaftsgüter, sondern nach seinem eindeutigen Wortlaut auf Aufwendungen, die in künftigen Wirtschaftsjahren als Anschaffungskosten eines Wirtschaftsguts zu aktivieren sind. Dabei differenziert die Vorschrift nicht zwischen erstmaligen oder nachträglichen Anschaffungskosten. Sie gilt deshalb auch für Aufwendungen auf bereits vorhandene Wirtschaftsgüter, die in künftigen Jahren als nachträgliche Anschaffungskosten zu aktivieren sind. Das Wort "künftig" bezieht sich nur auf "Wirtschaftsjahre". Die Vorschrift ist nicht zu lesen "künftig zu aktivierende Wirtschaftsgüter".

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