06.11.2025

§ 8c KStG und Wirkung auf ein Verlustausgleichsvolumen des Vorjahres

Negative Einkünfte, die im Wirtschaftsjahr des schädlichen Beteiligungserwerbs vor diesem Zeitpunkt angefallen sind, unterliegen zwar insoweit der Abzugsbeschränkung nach § 8c des Körperschaftsteuergesetzes (KStG), als sie zum Beispiel nicht in die danach folgenden Wirtschaftsjahre vorgetragen werden können. § 8c KStG schließt es aber nicht aus, solche Einkünfte mit einem im Vorjahr erwirtschafteten Verlustausgleichsvolumen (positiver Gesamtbetrag der Einkünfte) steuermindernd zu verrechnen.

Kurzbesprechung
BFH v. 16.7.2025 - I R 1/23

KStG § 8c Abs 1 S 1
UmwStG 2006 § 2 Abs 4 S 1, UmwStG 2006 § 2 Abs 4 S 2, UmwStG 2006 § 4 Abs 2 S 2, UmwStG 2006 § 12 Abs 3 Halbs 2
EStG § 10d Abs 1 S 1, EStG § 10d Abs 1 S 5


Nach § 8 Abs. 1 KStG i.V.m. § 10d Abs. 1 Satz 1 EStG sind negative Einkünfte, die bei der Ermittlung des Gesamtbetrags der Einkünfte nicht ausgeglichen werden, bis zu einem Betrag von 1.000.000 € vom Gesamtbetrag der Einkünfte des unmittelbar vorangegangenen Veranlagungszeitraums vorrangig vor anderen Abzugsbeträgen abzuziehen (Verlustrücktrag). Gemäß § 10d Abs. 1 Satz 5 EStG ist auf Antrag des Steuerpflichtigen ganz oder teilweise von der Anwendung des § 10d Abs. 1 Satz 1 EStG abzusehen.

Im Streitfall wurde von der Antragsmöglichkeit nach § 10d Abs. 1 Satz 5 EStG kein Gebrauch gemacht. Damit verblieb es grundsätzlich bei dem verpflichtenden Regelabzug nach § 10d Abs. 1 Satz 1 EStG in Gestalt des von Amts wegen vorzunehmenden Verlustrücktrags im höchstmöglichen Umfang.

Dem Verlustrücktrag zugänglich sind dabei sämtliche steuerbaren und steuerpflichtigen negativen Einkünfte im Sinne des § 2 Abs. 2 EStG, soweit sie nicht bereits bei der Ermittlung des Gesamtbetrags der Einkünfte, also im Rahmen des Verlustausgleichs im Entstehungsjahr, ausgeglichen wurden. Ausgenommen sind allerdings solche negativen Einkünfte, die nach der im Jahr ihrer Entstehung geltenden Rechtslage einem den Verlustrücktrag ausschließenden Verlustabzugsverbot unterliegen.

Im Streitfall war der Verlustrücktrag weder durch § 12 Abs. 3 Halbsatz 2 i.V.m. § 4 Abs. 2 Satz 2 UmwStG 2006  noch durch § 2 Abs. 4 UmwStG 2006 ausgeschlossen. Denn es ging im Streitfall nicht um die Nutzbarkeit von nach dem steuerlichen Übertragungsstichtag bei der übertragenden GmbH angefallenen Verlusten auf Ebene der übernehmenden Steuerpflichtigen, sondern um den Abzug des bis zu diesem Stichtag von der GmbH erzielten Verlusts von ihrem ("eigenen") Gesamtbetrag der Einkünfte des Vorjahres.

Der BFH stellte ferner klar, dass der von der Steuerpflichtigen begehrte Verlustrücktrag auch nicht durch § 8c Abs. 1 Satz 1 KStG ausgeschlossen war.

Nach dieser Vorschrift sind, wenn innerhalb von fünf Jahren mittelbar oder unmittelbar mehr als 50 % des gezeichneten Kapitals, der Mitgliedschaftsrechte, der Beteiligungsrechte oder der Stimmrechte an einer Körperschaft an einen Erwerber oder diesem nahestehende Personen übertragen werden oder ein vergleichbarer Sachverhalt vorliegt (schädlicher Beteiligungserwerb), die bis zum schädlichen Beteiligungserwerb nicht genutzten Verluste vollständig nicht mehr abziehbar.

Die Finanzverwaltung vertritt im BMF-Schreiben v. 28.11.2017- IV C 2 - S 2745-a/09/10002: 004, BStBl I 2017, 1645, Tz. 2 und 31 Satz 2 und 3 die Auffassung, § 8c KStG sei auf alle nicht ausgeglichenen und nicht abgezogenen negativen Einkünfte (nicht genutzte Verluste) anwendbar und umfasse insbesondere auch die Verluste nach § 10d EStG (Verlustvor- und -rücktrag). Verluste, die bis zum Zeitpunkt des schädlichen Beteiligungserwerbs entstanden seien, dürften weder mit danach entstandenen Gewinnen ausgeglichen beziehungsweise von ihnen abgezogen noch in vorangegangene Veranlagungszeiträume zurückgetragen werden.

Dem steht die in der FG - Rechtsprechung und im Schrifttum vertretene Auffassung entgegen, wonach negative Einkünfte, die im Wirtschaftsjahr des schädlichen Beteiligungserwerbs dem Zeitraum vor dem Zeitpunkt dieses schädlichen Erwerbs zuzuordnen seien, zwar insoweit der Abzugsbeschränkung nach § 8c Abs. 1 Satz 1 KStG unterlägen, als sie nicht in die danach folgenden Wirtschaftsjahre vorgetragen werden könnten, es aber § 8c KStG nicht verbiete, die im Wirtschaftsjahr des schädlichen Anteilserwerbs dem Zeitraum vor dem Zeitpunkt dieses Erwerbs zuzuordnenden Verluste in das Wirtschaftsjahr vor der Anteilsübertragung zurückzutragen. Was für einen unterjährigen Gewinn für den Ausgleich mit einem in den Vorjahren erwirtschafteten Verlust(-Vortrag) gelte, müsse konsequenterweise auch auf einen unterjährigen Verlust übertragen werden, da im Falle seines Rücktrags ebenfalls keine Verlustübertragung in den Zeitraum nach dem schädlichen Beteiligungserwerb erfolge.

Der BFH hat sich der letztgenannten Auffassung angeschlossen und dem Revisionsbegehren auf Berücksichtigung des Verlustrücktrags entsprochen.
Verlag Dr. Otto Schmidt