18.09.2013

Abweichende Angaben in Steuererklärungen können leichtfertige Steuerverkürzung sein

Deklarieren Kläger ihre Einkünfte aus selbständiger Arbeit aus ihrer Arztpraxis in ihrer Gewinnfeststellungserklärung in zutreffender Höhe, geben sie in der zeitgleich abgegebenen Einkommensteuererklärung die Einkünfte der Klägerin aber nur in hälftiger Höhe an, kann darin eine leichtfertige Steuerverkürzung liegen. Infolge dessen verlängert sich die Festsetzungsfrist gem. § 169 Abs. 2 S. 2 AO auf fünf Jahre.

BFH 23.7.2013, VIII R 32/11
Der Sachverhalt:
Die Kläger wurden vom Finanzamt für das Streitjahr zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Sie betreiben eine Arztpraxis in Form einer GbR, an der sie hälftig beteiligt sind. Die einheitliche und gesonderte Feststellung des Gewinns wird ebenfalls durch das Finanzamt durchgeführt.

Den Gewinn der Arztpraxis in der Gewinnfeststellungserklärung für das Jahr 2001 gaben die Kläger richtig an und verteilten diesen hälftig auf die Eheleute. In der Einkommensteuererklärung bezifferten sie die entsprechenden Einkünfte des Ehemannes zutreffend mit der Hälfte des Gewinns, die Einkünfte der Ehefrau indes nur mit einem Viertel. Beide Steuererklärungen waren durch einen Steuerberater angefertigt worden; die Eheleute hatten sie unterschrieben und beim Finanzamt eingereicht.

Das Finanzamt erließ den Einkommensteuerbescheid zunächst auf der Grundlage der Einkommensteuererklärung. Nachdem der Fehler später aufgefallen war, berücksichtigte es in einem Änderungsbescheid den Gewinnanteil der Ehefrau in voller Höhe. Dagegen wandten die Eheleute ein, dass beim Erlass des Änderungsbescheids die vierjährige Festsetzungsfrist (§ 169 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 AO) bereits abgelaufen gewesen sei.

Das FG gab der Klage statt. Auf die Revision des Finanzamts hob der BFH das Urteil auf und wies die Klage ab.

Die Gründe:
Die Entscheidung des FG, die Festsetzungsfrist sei vor Erlass des Änderungsbescheids bereits abgelaufen gewesen, sodass das Finanzamt den Einkommensteuerbescheid 2001 nicht mehr nach § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 AO habe ändern dürfen, hält der revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand.

Gem. § 170 Abs. 1 AO beginnt die Festsetzungsfrist grundsätzlich mit Ablauf des Kalenderjahrs, in dem die Steuer entstanden ist oder eine bedingt entstandene Steuer unbedingt geworden ist. Abweichend von dieser Regelung beginnt die Festsetzungsfrist nach Abs. 2 der Norm, wenn eine Steuererklärung einzureichen ist, mit Ablauf des Kalenderjahrs, in dem die Steuererklärung eingereicht wird, spätestens jedoch mit Ablauf des dritten Kalenderjahrs, das auf das Kalenderjahr folgt, in dem die Steuer entstanden ist, es sei denn, dass die Festsetzungsfrist nach Abs. 1 später beginnt.

Im Streitfall ist die Einkommensteuererklärung der Kläger betreffend den Veranlagungszeitraum 2001 am 8.10.2002 beim Finanzamt eingegangen. Die Festsetzungsfrist beginnt daher mit Ablauf des Kalenderjahrs 2002. Da die Eheleute aber eine leichtfertige Steuerverkürzung i.S.d. § 378 AO begangen haben, verlängert sich die Festsetzungsfrist gem. § 169 Abs. 2 S. 2 AO auf fünf Jahre. Daher konnte das Finanzamt den Einkommensteuerbescheid noch ändern.

Die Eheleute hätten den Fehler bei Unterzeichnung ihrer Einkommensteuererklärung, spätestens aber nach Erhalt des Einkommensteuerbescheids bemerken und korrigieren müssen. Ihnen hätte sich die Frage aufdrängen müssen, weshalb der in der Einkommensteuererklärung ausgewiesene Gewinnanteil der Ehefrau von ihrem Gewinnanteil, der in der Gewinnfeststellungserklärung angegeben war, erheblich abwich.

Da sie diese gravierende Abweichung hingenommen und die Steuererklärung gleichwohl unterzeichnet und in den Verkehr gegeben haben, ohne sich bei ihrem steuerlichen Berater oder beim Finanzamt nach dem Grund der Abweichung zu erkundigen, haben sie die ihnen obliegende Sorgfalt in erheblichem Umfang verletzt und eine leichtfertige Steuerverkürzung begangen.

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BFH PM Nr. 61 vom 18.9.2013
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