AfA nach Wegfall der gewerblichen Prägung einer Personengesellschaft; Änderung wegen eines rückwirkenden Ereignisses
Kurzbesprechung
BFH v. 3.6.2025 - IX R 18/24
AO § 175 Abs 1 S 1 Nr 2, AO § 181 Abs 1 S 1
EStG § 16 Abs 3, EStG § 16 Abs 3, EStG § 9 Abs 1 S 3 Nr 7 S 1, EStG § 9 Abs 1 S 3 Nr 7 S 1, EStG § 7, EStG § 7, EStG
Streitig war, ob bestandskräftige Bescheide nach den Vorschriften der AO geändert werden können.
Die Steuerpflichtige vermietete Immobilien und erzielte hieraus zunächst gewerbliche Einkünfte gemäß § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG. Zu Beginn des Jahres 2007 entfiel die gewerbliche Prägung, was zur Aufgabe des Gewerbebetriebs führte.
Für das (nicht streitbefangene) Jahr 2007 erklärte die Steuerpflichtige neben Einkünften aus Vermietung und Verpachtung einen Verlust aus der Betriebsaufgabe. Dieser Verlust resultierte daraus, dass die erklärten gemeinen Werte der ins Privatvermögen überführten Wirtschaftsgüter (Immobilien) unter den Buchwerten lagen. Das seinerzeit zuständige FA erließ erklärungsgemäß einen Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung der Besteuerungsgrundlagen für 2007.
Nach einer Außenprüfung änderte das neu zuständig gewordene FA den Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung der Besteuerungsgrundlagen für 2007 und stellte einen Betriebsaufgabegewinn fest, da höhere gemeine Werte für die Immobilien erfasst wurden. Gegenläufig setzte das FA die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung herab, da die als Werbungskosten abzuziehende AfA nunmehr von einer entsprechend höheren Bemessungsgrundlage vorzunehmen waren.
Anknüpfend an die Ergebnisse der Außenprüfung erließ das FA zu Gunsten der Steuerpflichtigen geänderte Bescheide über die gesonderte und einheitliche Feststellung der Besteuerungsgrundlagen für die Streitjahre 2008 bis 2011. Es berücksichtigte höhere AfA bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung. Diese Bescheide wurden bestandskräftig.
Der Einspruch der Steuerpflichtigen gegen den nach der Außenprüfung geänderten Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung der Besteuerungsgrundlagen für 2007 hatte insoweit Erfolg, als das FA den Betriebsaufgabegewinn auf 0 € herabsetzte, indem es einerseits die von der Steuerpflichtigen ursprünglich erklärten - niedrigeren ‑‑ gemeinen Werte zugrunde, andererseits aber von entsprechend niedrigeren Buchwerten ausging. Der Ansatz der erklärungsgemäßen gemeinen Werte hatte zur Folge, dass die AfA gemindert und die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung für 2007 entsprechend erhöht wurden.
Die nachfolgend eingelegte Klage hatte Erfolg. Das FG entschied, dass die Außenprüfung fehlerhaft angeordnet und zum Zeitpunkt des Erlasses des nach der Außenprüfung geänderten Bescheids für das Jahr 2007 bereits Feststellungsverjährung eingetreten gewesen sei. Dementsprechend hob es sowohl den geänderten Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung der Einkünfte für 2007 als auch die nachfolgende Einspruchsentscheidung auf.
Bereits vor der Entscheidung des FG hatte das FA mit entsprechenden Bescheiden unter Hinweis auf § 174 AO die Feststellung der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung für die Streitjahre geändert und dabei die AfA nach Maßgabe der in der Einspruchsentscheidung für die die gesonderte und einheitliche Feststellung der Besteuerungsgrundlagen 2007 zugrunde gelegten geringeren gemeinen Werte gemindert.
Das FG wies die eingelegte Klage ab. Die Bescheide über die gesonderte und einheitliche Feststellung der Besteuerungsgrundlagen für die Streitjahre seien rechtswidrig gewesen, da bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung jeweils zu hohe AfA in Abzug gebracht worden seien. Infolge der gerichtlichen Aufhebung des geänderten Feststellungsbescheids für 2007 seien die im Rahmen der Betriebsaufgabe zu berücksichtigenden gemeinen Werte für die Immobilien nachträglich (wieder) gemindert worden. Dies habe für die Streitjahre eine Pflicht zur Änderung der Bescheide über die gesonderte und einheitliche Feststellung der Besteuerungsgrundlagen nach § 174 Abs. 4 AO ausgelöst.
Der BFH bestätigte im Ergebnis die Entscheidung der Vorinstanz. Danach waren die Bescheide über die gesonderte und einheitliche Feststellung der Besteuerungsgrundlagen für die Streitjahre 2008 bis 2011 zu Lasten der Steuerpflichtigen nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO zu ändern. Die von der Änderung betroffenen Bescheide waren rechtswidrig, weil bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung zu hohe Werbungskosten abgezogen wurden. Dies beruhte auf einer unzutreffenden ‑‑ zu hohen ‑‑ AfA-Bemessungsgrundlage für die vermieteten Immobilien.
Wurde bei der Ermittlung eines Gewinns (Verlusts) aus der Entnahme/Betriebsaufgabe ein der Höhe nach unzutreffender Wert für das Wirtschaftsgut erfasst, ist jener Wert und nicht der tatsächliche Wert für die AfA maßgebend. Im Streitfall führte der Wegfall der gewerblichen Prägung der Steuerpflichtigen im Jahr 2007 führte zur Aufgabe ihres Gewerbebetriebs gemäß § 16 Abs. 3 EStG. Die gerichtliche Aufhebung des Bescheids über die gesonderte und einheitliche Feststellung der Besteuerungsgrundlagen für 2007 hatte zur Folge, dass der ursprüngliche Bescheid wieder auflebte. Hierin wurde ein Betriebsaufgabeverlust festgestellt, mit dem die von der Steuerpflichtigen seinerzeit erklärten gemeinen Werte "steuerlich erfasst" wurden. Diese Werte waren im Streitfall niedriger als diejenigen, die den Bescheiden über die gesonderte und einheitliche Feststellung der Besteuerungsgrundlagen für die Streitjahre zugrunde lagen. Hieraus folgt, dass bislang zu hohe AfA als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung abgezogen wurden.
Die rechtskräftig gewordene Entscheidung des FG, den nach der Außenprüfung geänderten Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung der Besteuerungsgrundlagen für 2007 wegen bereits eingetretener Feststellungsverjährung ersatzlos aufzuheben, veränderte rückwirkend den für die Besteuerung der Folgejahre (Streitjahre) maßgeblichen Lebenssachverhalt. Die Aufhebung jenes Bescheids bewirkte, dass der ursprüngliche Feststellungsbescheid für 2007 wieder vollständige steuerrechtliche Geltung entfaltete. Hieraus wiederum folgt, dass die für die AfA maßgeblichen gemeinen Werte im Rahmen des Betriebsaufgabetatbestands in geringerer Höhe als im gerichtlich aufgehobenen Bescheid steuerlich erfasst wurden und damit nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO zu korrigieren waren.
Soweit der XI. Senat des BFH in einer vereinzelt gebliebenen Entscheidung aus dem Jahr 1992 diese Verknüpfung insoweit in Abrede gestellt hat, als einem unzutreffend steuerlich erfassten Entnahme-/Betriebsaufgabewert keine Bindungswirkung für die AfA der Folgejahre zukommt (BFH v. 29.04.1992 - XI R 5/90, BStBl II 1992, 969), teilt der entscheidende IX. Senat diese Ansicht nicht. Vielmehr besteht auch in diesem Fall eine Bindungswirkung an den steuerlich erfassten Wert. Die gegenteilige Ansicht des XI. Senats steht zu den Grundsätzen der AfA im Widerspruch, da ihre Bemessungsgrundlage höher ausfallen könnte als die zu verteilenden (fiktiven) Anschaffungskosten.
Verlag Dr. Otto Schmidt
AO § 175 Abs 1 S 1 Nr 2, AO § 181 Abs 1 S 1
EStG § 16 Abs 3, EStG § 16 Abs 3, EStG § 9 Abs 1 S 3 Nr 7 S 1, EStG § 9 Abs 1 S 3 Nr 7 S 1, EStG § 7, EStG § 7, EStG
Streitig war, ob bestandskräftige Bescheide nach den Vorschriften der AO geändert werden können.
Die Steuerpflichtige vermietete Immobilien und erzielte hieraus zunächst gewerbliche Einkünfte gemäß § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG. Zu Beginn des Jahres 2007 entfiel die gewerbliche Prägung, was zur Aufgabe des Gewerbebetriebs führte.
Für das (nicht streitbefangene) Jahr 2007 erklärte die Steuerpflichtige neben Einkünften aus Vermietung und Verpachtung einen Verlust aus der Betriebsaufgabe. Dieser Verlust resultierte daraus, dass die erklärten gemeinen Werte der ins Privatvermögen überführten Wirtschaftsgüter (Immobilien) unter den Buchwerten lagen. Das seinerzeit zuständige FA erließ erklärungsgemäß einen Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung der Besteuerungsgrundlagen für 2007.
Nach einer Außenprüfung änderte das neu zuständig gewordene FA den Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung der Besteuerungsgrundlagen für 2007 und stellte einen Betriebsaufgabegewinn fest, da höhere gemeine Werte für die Immobilien erfasst wurden. Gegenläufig setzte das FA die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung herab, da die als Werbungskosten abzuziehende AfA nunmehr von einer entsprechend höheren Bemessungsgrundlage vorzunehmen waren.
Anknüpfend an die Ergebnisse der Außenprüfung erließ das FA zu Gunsten der Steuerpflichtigen geänderte Bescheide über die gesonderte und einheitliche Feststellung der Besteuerungsgrundlagen für die Streitjahre 2008 bis 2011. Es berücksichtigte höhere AfA bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung. Diese Bescheide wurden bestandskräftig.
Der Einspruch der Steuerpflichtigen gegen den nach der Außenprüfung geänderten Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung der Besteuerungsgrundlagen für 2007 hatte insoweit Erfolg, als das FA den Betriebsaufgabegewinn auf 0 € herabsetzte, indem es einerseits die von der Steuerpflichtigen ursprünglich erklärten - niedrigeren ‑‑ gemeinen Werte zugrunde, andererseits aber von entsprechend niedrigeren Buchwerten ausging. Der Ansatz der erklärungsgemäßen gemeinen Werte hatte zur Folge, dass die AfA gemindert und die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung für 2007 entsprechend erhöht wurden.
Die nachfolgend eingelegte Klage hatte Erfolg. Das FG entschied, dass die Außenprüfung fehlerhaft angeordnet und zum Zeitpunkt des Erlasses des nach der Außenprüfung geänderten Bescheids für das Jahr 2007 bereits Feststellungsverjährung eingetreten gewesen sei. Dementsprechend hob es sowohl den geänderten Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung der Einkünfte für 2007 als auch die nachfolgende Einspruchsentscheidung auf.
Bereits vor der Entscheidung des FG hatte das FA mit entsprechenden Bescheiden unter Hinweis auf § 174 AO die Feststellung der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung für die Streitjahre geändert und dabei die AfA nach Maßgabe der in der Einspruchsentscheidung für die die gesonderte und einheitliche Feststellung der Besteuerungsgrundlagen 2007 zugrunde gelegten geringeren gemeinen Werte gemindert.
Das FG wies die eingelegte Klage ab. Die Bescheide über die gesonderte und einheitliche Feststellung der Besteuerungsgrundlagen für die Streitjahre seien rechtswidrig gewesen, da bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung jeweils zu hohe AfA in Abzug gebracht worden seien. Infolge der gerichtlichen Aufhebung des geänderten Feststellungsbescheids für 2007 seien die im Rahmen der Betriebsaufgabe zu berücksichtigenden gemeinen Werte für die Immobilien nachträglich (wieder) gemindert worden. Dies habe für die Streitjahre eine Pflicht zur Änderung der Bescheide über die gesonderte und einheitliche Feststellung der Besteuerungsgrundlagen nach § 174 Abs. 4 AO ausgelöst.
Der BFH bestätigte im Ergebnis die Entscheidung der Vorinstanz. Danach waren die Bescheide über die gesonderte und einheitliche Feststellung der Besteuerungsgrundlagen für die Streitjahre 2008 bis 2011 zu Lasten der Steuerpflichtigen nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO zu ändern. Die von der Änderung betroffenen Bescheide waren rechtswidrig, weil bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung zu hohe Werbungskosten abgezogen wurden. Dies beruhte auf einer unzutreffenden ‑‑ zu hohen ‑‑ AfA-Bemessungsgrundlage für die vermieteten Immobilien.
Wurde bei der Ermittlung eines Gewinns (Verlusts) aus der Entnahme/Betriebsaufgabe ein der Höhe nach unzutreffender Wert für das Wirtschaftsgut erfasst, ist jener Wert und nicht der tatsächliche Wert für die AfA maßgebend. Im Streitfall führte der Wegfall der gewerblichen Prägung der Steuerpflichtigen im Jahr 2007 führte zur Aufgabe ihres Gewerbebetriebs gemäß § 16 Abs. 3 EStG. Die gerichtliche Aufhebung des Bescheids über die gesonderte und einheitliche Feststellung der Besteuerungsgrundlagen für 2007 hatte zur Folge, dass der ursprüngliche Bescheid wieder auflebte. Hierin wurde ein Betriebsaufgabeverlust festgestellt, mit dem die von der Steuerpflichtigen seinerzeit erklärten gemeinen Werte "steuerlich erfasst" wurden. Diese Werte waren im Streitfall niedriger als diejenigen, die den Bescheiden über die gesonderte und einheitliche Feststellung der Besteuerungsgrundlagen für die Streitjahre zugrunde lagen. Hieraus folgt, dass bislang zu hohe AfA als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung abgezogen wurden.
Die rechtskräftig gewordene Entscheidung des FG, den nach der Außenprüfung geänderten Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung der Besteuerungsgrundlagen für 2007 wegen bereits eingetretener Feststellungsverjährung ersatzlos aufzuheben, veränderte rückwirkend den für die Besteuerung der Folgejahre (Streitjahre) maßgeblichen Lebenssachverhalt. Die Aufhebung jenes Bescheids bewirkte, dass der ursprüngliche Feststellungsbescheid für 2007 wieder vollständige steuerrechtliche Geltung entfaltete. Hieraus wiederum folgt, dass die für die AfA maßgeblichen gemeinen Werte im Rahmen des Betriebsaufgabetatbestands in geringerer Höhe als im gerichtlich aufgehobenen Bescheid steuerlich erfasst wurden und damit nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO zu korrigieren waren.
Soweit der XI. Senat des BFH in einer vereinzelt gebliebenen Entscheidung aus dem Jahr 1992 diese Verknüpfung insoweit in Abrede gestellt hat, als einem unzutreffend steuerlich erfassten Entnahme-/Betriebsaufgabewert keine Bindungswirkung für die AfA der Folgejahre zukommt (BFH v. 29.04.1992 - XI R 5/90, BStBl II 1992, 969), teilt der entscheidende IX. Senat diese Ansicht nicht. Vielmehr besteht auch in diesem Fall eine Bindungswirkung an den steuerlich erfassten Wert. Die gegenteilige Ansicht des XI. Senats steht zu den Grundsätzen der AfA im Widerspruch, da ihre Bemessungsgrundlage höher ausfallen könnte als die zu verteilenden (fiktiven) Anschaffungskosten.