Akteneinsicht und Auskunft über den Inhalt einer anonymen Anzeige
Kurzbesprechung
3. Der auf Art. 23 Abs. 1 DSGVO beruhende Ausschluss des Auskunftsanspruchs nach § 32c Abs. 1 Nr. 1 der Abgabenordnung (AO) ist mit Unionsrecht vereinbar.
4. Eine Finanzbehörde muss über den Inhalt einer ihr vorliegenden anonymen Anzeige gegenüber dem betroffenen Steuerpflichtigen keine Auskunft nach Art. 15 Abs. 1 DSGVO erteilen, wenn das Geheimhaltungsinteresse der Behörde zum Zwecke der Erfüllung ihrer Aufgaben sowie der aus § 30 AO herrührende Identitätsschutz des Anzeigeerstatters im Einzelfall höher wiegen als das Informationsinteresse des Steuerpflichtigen.
BFH v. 15.7.2025 - IX R 25/24
AO § 6 Abs 2, AO § 30, AO § 32a Abs 1, AO § 32b Abs 1 S 1 Nr. 1 Buchst a, AO § 32b Abs 1 Nr. 2, AO § 32c Abs 1 Nr. 1, AO § 32c Abs 4 S 1
EUV 2016/679 Art 4 Nr. 2, EUV 2016/679 Art 15 Abs 1, EUV 2016/679 Art 15 Abs 3, EUV 2016/679 Art 23 Abs 1 Buchst e, EUV 2016/679 Art 23 Abs 1 Buchst i, EUV 2016/679 Art 23 Abs 2
EUGrdRCh Art 8 Abs 2, EUGrdRCh Art 52 Abs 1 S 1
FGO § 67 Abs 1
Im Streitfall nahm das FA eine anonyme Anzeige zum Anlass, um bei der Steuerpflichtigen, die einen Gastronomiebetrieb führte, eine sogenannte Kassen-Nachschau (§ 146b AO) durchzuführen. Ein steuerstrafrechtliches Fehlverhalten der Steuerpflichtigen wurde hierbei nicht festgestellt.
Im Nachgang beantragte die Steuerpflichtige Einsicht in die für sie geführten Steuerakten. Zudem begehrte sie Auskunft über die Verarbeitung der sie betreffenden personenbezogenen Daten gemäß Art. 15 der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO). Mit beidem wollte sie Kenntnis vom Inhalt der Anzeige erhalten, um auf diese Weise Rückschlüsse auf die Person des Anzeigeerstatters ziehen zu können. Das Finanzamt lehnte die Anträge ab.
Nach erfolgloser Klage wies auch der BFH die eingelegte Revision als unbegründet zurück. Er entschied, dass einem Steuerpflichtigen keine Einsicht in eine in den Steuerakten befindliche anonyme Anzeige zu gewähren ist, wenn das Geheimhaltungsinteresse des Anzeigeerstatters und der Finanzbehörde höher zu gewichten sei als das Offenbarungsinteresse des von der Anzeige Betroffenen. Hiervon ist im Regelfall auszugehen, es sei denn, der Steuerpflichtige würde - was im Streitfall nicht der Fall war - infolge der Anzeige einer unberechtigten strafrechtlichen Verfolgung ausgesetzt.
Dem von der Steuerpflichtigen verfolgten Anspruch auf Auskunft über den Inhalt der anonymen Anzeige nach Art. 15 DSGVO erteilte der BFH ebenfalls eine Absage. Zwar beinhaltet eine solche Anzeige regelmäßig personenbezogene Daten, über die die Behörde grundsätzlich Auskunft erteilen muss. Allerdings werde der Anspruch nach § 32c Abs. 1 Nr. 1 AO beschränkt, da durch die Preisgabe des Inhalts der Anzeige die ordnungsgemäße Erfüllung der Aufgaben der Finanzbehörde (Gleichmäßigkeit der Besteuerung) gefährdet werden könnte. Darüber hinaus verbietet der Identitätsschutz des Anzeigeerstatters eine Auskunftserteilung.
Verlag Dr. Otto Schmidt
4. Eine Finanzbehörde muss über den Inhalt einer ihr vorliegenden anonymen Anzeige gegenüber dem betroffenen Steuerpflichtigen keine Auskunft nach Art. 15 Abs. 1 DSGVO erteilen, wenn das Geheimhaltungsinteresse der Behörde zum Zwecke der Erfüllung ihrer Aufgaben sowie der aus § 30 AO herrührende Identitätsschutz des Anzeigeerstatters im Einzelfall höher wiegen als das Informationsinteresse des Steuerpflichtigen.
BFH v. 15.7.2025 - IX R 25/24
AO § 6 Abs 2, AO § 30, AO § 32a Abs 1, AO § 32b Abs 1 S 1 Nr. 1 Buchst a, AO § 32b Abs 1 Nr. 2, AO § 32c Abs 1 Nr. 1, AO § 32c Abs 4 S 1
EUV 2016/679 Art 4 Nr. 2, EUV 2016/679 Art 15 Abs 1, EUV 2016/679 Art 15 Abs 3, EUV 2016/679 Art 23 Abs 1 Buchst e, EUV 2016/679 Art 23 Abs 1 Buchst i, EUV 2016/679 Art 23 Abs 2
EUGrdRCh Art 8 Abs 2, EUGrdRCh Art 52 Abs 1 S 1
FGO § 67 Abs 1
Im Streitfall nahm das FA eine anonyme Anzeige zum Anlass, um bei der Steuerpflichtigen, die einen Gastronomiebetrieb führte, eine sogenannte Kassen-Nachschau (§ 146b AO) durchzuführen. Ein steuerstrafrechtliches Fehlverhalten der Steuerpflichtigen wurde hierbei nicht festgestellt.
Im Nachgang beantragte die Steuerpflichtige Einsicht in die für sie geführten Steuerakten. Zudem begehrte sie Auskunft über die Verarbeitung der sie betreffenden personenbezogenen Daten gemäß Art. 15 der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO). Mit beidem wollte sie Kenntnis vom Inhalt der Anzeige erhalten, um auf diese Weise Rückschlüsse auf die Person des Anzeigeerstatters ziehen zu können. Das Finanzamt lehnte die Anträge ab.
Nach erfolgloser Klage wies auch der BFH die eingelegte Revision als unbegründet zurück. Er entschied, dass einem Steuerpflichtigen keine Einsicht in eine in den Steuerakten befindliche anonyme Anzeige zu gewähren ist, wenn das Geheimhaltungsinteresse des Anzeigeerstatters und der Finanzbehörde höher zu gewichten sei als das Offenbarungsinteresse des von der Anzeige Betroffenen. Hiervon ist im Regelfall auszugehen, es sei denn, der Steuerpflichtige würde - was im Streitfall nicht der Fall war - infolge der Anzeige einer unberechtigten strafrechtlichen Verfolgung ausgesetzt.
Dem von der Steuerpflichtigen verfolgten Anspruch auf Auskunft über den Inhalt der anonymen Anzeige nach Art. 15 DSGVO erteilte der BFH ebenfalls eine Absage. Zwar beinhaltet eine solche Anzeige regelmäßig personenbezogene Daten, über die die Behörde grundsätzlich Auskunft erteilen muss. Allerdings werde der Anspruch nach § 32c Abs. 1 Nr. 1 AO beschränkt, da durch die Preisgabe des Inhalts der Anzeige die ordnungsgemäße Erfüllung der Aufgaben der Finanzbehörde (Gleichmäßigkeit der Besteuerung) gefährdet werden könnte. Darüber hinaus verbietet der Identitätsschutz des Anzeigeerstatters eine Auskunftserteilung.