11.12.2025

Alle weiteren am 11.12.2025 veröffentlichten Entscheidungen des BFH

Hier finden Sie die Leitsätze der weiteren am Donnerstag veröffentlichten Entscheidungen des BFH. Mit den Auswirkungen und Konsequenzen setzen sich die Autoren unserer steuerrechtlichen Zeitschriften vertiefend auseinander.



BFH v. 27.8.2025 - II R 50/21
Entfallen der Steuervergünstigung nach § 5 Abs. 2 GrEStG infolge eines Insolvenzplans
1. Ist ein Grundstück vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens in eine Gesamthandsgemeinschaft eingebracht und der steuerbare Erwerbsvorgang nach § 5 Abs. 2 des Grunderwerbsteuergesetzes (GrEStG) ganz oder teilweise von der Steuer befreit worden, wirken die Änderung der Beteiligung des Einbringenden an der Gesamthand aufgrund der Erfüllung eines Insolvenzplans und der dadurch bewirkte Wegfall der Begünstigung nach § 5 Abs. 3 GrEStG materiell auf den vor der Insolvenzeröffnung begründeten Erwerbsvorgang zurück.

2. Die Grunderwerbsteuerforderung entsteht in diesem Fall zwar erst mit Wegfall der Voraussetzungen für die Steuerbefreiung. Sie ist aber eine (nachträglich) begründete Insolvenzforderung, weil der Tatbestand, an den das Gesetz die Steuerpflicht knüpft, vor Insolvenzeröffnung verwirklicht worden ist.

3. Die einjährige Verjährungsfrist nach § 259b Abs. 1 der Insolvenzordnung (InsO) gilt auch für Steuerforderungen. Wann eine Forderung nach § 259b InsO fällig wird, bestimmt sich nach den Steuergesetzen.


BFH v. 26.11.2025 - VII B 80/25 (AdV)
Einziehung einer aus Russland stammenden Schiffsladung - Begriff des "Verbringens" nach Art. 3i der Verordnung (EU) Nr. 833/2014 - Bedeutung von Nothafenrecht und SeeRÜbk im Sanktionsrecht
1. Das in Art. 3i Abs. 1 der Verordnung (EU) Nr. 833/2014 in der bis zum 24.02.2025 geltenden Fassung der Verordnung (EU) 2024/3192 (Verordnung (EU) Nr. 833/2014) verwendete Tatbestandsmerkmal des "Verbringens" gelisteter Waren in das Zollgebiet der Union ist auf der Grundlage einer summarischen Prüfung als ein vom menschlichen Willen getragener Realakt des körperlichen Gelangens zu verstehen. In einer durch technische Defekte ausgelösten Seenotsituation, in der ein Schiff manövrierunfähig treibt und lediglich durch äußere Umstände (Wind, Strömung) in Gewässer der Union gelangt, ist das Vorliegen eines willensgetragenen Verbringens im Sinne dieser Vorschrift ernstlich zweifelhaft.

2. Bei der Auslegung des Art. 3i der Verordnung (EU) Nr. 833/2014 sind die Vorgaben des Seerechtsübereinkommens der Vereinten Nationen (SeeRÜbk) ‑‑insbesondere das Recht auf friedliche Durchfahrt (Art. 17, 18 SeeRÜbk) und das völkergewohnheitsrechtlich anerkannte Nothafenrecht‑‑ sowie die in Art. 3s Abs. 3 der Verordnung (EU) Nr. 833/2014 verankerte Nothafen-Ausnahme zu berücksichtigen. Ob und in welchem Umfang hieraus für havariebedingt eingelaufene Schiffe mit sanktionierter Ladung eine sanktionsrechtliche Ausnahmesituation folgt, ist unionsrechtlich klärungsbedürftig und begründet im Verfahren nach Art. 45 Abs. 2 des Zollkodex der Union (UZK) erhebliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit einer auf Art. 198 Abs. 1 Buchst. b Ziff. iv UZK i.V.m. § 13 Abs. 1 Satz 1 des Zollverwaltungsgesetzes gestützten Einziehung der Ladung.


BFH v. 26.11.2025 - VII B 81/25 (AdV)
Einziehung eines nach Art. 3s der Verordnung (EU) Nr. 833/2014 gelisteten Schiffs - Nothafenrecht und Ausfuhrverbot
1. Der unionsrechtliche Ausfuhrbegriff des Art. 3s Abs. 1 Buchst. c der Verordnung (EU) Nr. 833/2014 in der bis zum 24.2.2025 geltenden Fassung der Verordnung (EU) 2024/3192 (Verordnung (EU) Nr. 833/2014) ist weit, funktional und zweckorientiert auszulegen und erfasst grundsätzlich jedes physische Verbringen eines in Anh. XLII der Verordnung gelisteten Schiffs aus dem Gebiet der Union.

2. Gelangt ein Schiff infolge einer Seenotsituation in Gewässer der Union und wird erst später durch die Verordnung (EU) 2025/395 in Anh. XLII zu Art. 3s der Verordnung (EU) Nr. 833/2014 aufgenommen, begründen der Ausnahmetatbestand des Art. 3s Abs. 3 der Verordnung (EU) Nr. 833/2014, das völkergewohnheitsrechtliche Nothafenrecht sowie das Recht auf friedliche Durchfahrt nach Art. 17, 18 des Seerechtsübereinkommens der Vereinten Nationen erhebliche Zweifel im Sinne des Art. 45 Abs. 2 des Zollkodex der Union (UZK) daran, ob das Auslaufen als verbotene Ausfuhr zu qualifizieren und eine Einziehung nach Art. 198 Abs. 1 Buchst. b Ziff. iv UZK i.V.m. § 13 Abs. 1 Satz 1 des Zollverwaltungsgesetzes gerechtfertigt ist.

3. Die Einziehung eines gelisteten Schiffs, das den einzigen wesentlichen Vermögenswert des Betroffenen bildet, führt zu einem irreversiblen Substanzverlust und damit zu einem unersetzbaren Schaden im Sinne des Art. 45 Abs. 2 UZK. Hohe, durch verwaltungsinterne Sicherungsmaßnahmen entstandene Verwahrkosten begründen kein überwiegendes öffentliches Vollzugsinteresse.
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