07.07.2022

Alle weiteren am 7.7.2022 veröffentlichten Entscheidungen des BFH

Hier finden Sie die Leitsätze der weiteren am Donnerstag veröffentlichten Entscheidungen des BFH. Mit den Auswirkungen und Konsequenzen setzen sich die Autoren unserer steuerrechtlichen Zeitschriften vertiefend auseinander.

BFH v. 12.1.2022 - II R 16/20
Keine Zurechnung eines Anteils am Gesamthandsvermögen aufgrund einer Treuhandabrede
1. Ein Anteil am Vermögen der Gesamthand i.S. des § 6 GrEStG kann auch über eine mehrstöckige Beteiligung vermittelt werden.
2. Bei Treuhandverhältnissen ist der Anteil am Vermögen der Gesamthand dem Treuhänder zuzurechnen.


BFH v. 8.3.2022 - VI R 33/19
Erlass eines Haftungs- und Nachforderungsbescheids nach Abschluss eines Insolvenzplanverfahrens
1. Wird das Insolvenzverfahren nach rechtskräftiger Bestätigung eines Insolvenzplans aufgehoben, kann das FA Lohnsteuer, die es nicht zur Insolvenztabelle angemeldet hat, als Nachzügler im Wege eines Haftungs- und Nachforderungsbescheids innerhalb der Frist des § 259b InsO festsetzen.

2. Dem FA ist kein Verschulden an der Nichtanmeldung von Steuer- und Haftungsansprüchen zur Insolvenztabelle anzulasten, wenn es die Kenntnis vom Bestehen der Ansprüche erst nach rechtskräftiger Bestätigung des Insolvenzplans infolge einer Lohnsteuer-Außenprüfung erlangt.

3. Die (teilweise) Befreiung des Insolvenzschuldners von seinen Verbindlichkeiten durch den Insolvenzplan berührt nur die Durchsetzbarkeit von Ansprüchen aus dem Steuerschuldverhältnis, weshalb das FA bei deren Festsetzung nicht auf die Insolvenzquote beschränkt ist.


BFH v. 5.4.2022 - IX R 19/20
Veräußerung von Kapitalgesellschaftsanteilen des Privatvermögens: Kein Veräußerungsverlust wegen Ansatzes des gemeinen Werts der Anteile bei Absenkung der Wesentlichkeitsschwelle
1. Eigene Anteile der Kapitalgesellschaft sind bei der Bestimmung der relevanten Beteiligungsquote i.S. des § 17 EStG nicht zu berücksichtigen (Bestätigung von BFH-Urteil vom 25.11.1997 - VIII R 36/96, BFH/NV 1998, 691).

2. Bei der Ermittlung des Veräußerungsgewinns i.S. des § 17 Abs. 2 Satz 1 EStG ist von den tatsächlichen Anschaffungskosten auszugehen; der Ansatz des gemeinen Werts der Beteiligung im Zeitpunkt des Erreichens der Relevanzschwelle kommt nicht in Betracht (vgl. ständige Rechtsprechung). Dies gilt auch für § 17 EStG in der seit 1999 geltenden Fassung.

3. Verfassungsrechtlich gebotener Vertrauensschutz nach Maßgabe des BVerfG-Beschlusses vom 07.07.2010 - 2 BvR 748/05, 2 BvR 753/05, 2 BvR 1738/05 (BVerfGE 127, 61, BStBl II 2011, 86) setzt u.a. voraus, dass die bis zum 31.03.1999 entstandenen Wertsteigerungen im Falle einer Veräußerung nach dem 31.03.1999 auch im Zeitpunkt der Veräußerung nach der bis zum 31.03.1999 geltenden Rechtslage steuerfrei hätten realisiert werden können. Ist das nicht der Fall, beruht die rückwirkende Verstrickung der Wertsteigerungen nicht auf der (dem Gesetzgeber zurechenbaren) Absenkung der Wesentlichkeitsschwelle, sondern ‑‑wie hier‑‑ auf dem (der Sphäre des Steuerpflichtigen zurechenbaren) Hineinwachsen in die Wesentlichkeit; Vertrauensschutz ist insoweit nicht geboten.

4. Ist verfassungsrechtlicher Vertrauensschutz geboten, werden die bis zum 31.03.1999 entstandenen Wertsteigerungen vom steuerpflichtigen Veräußerungsgewinn abgezogen und insoweit von der Besteuerung ausgenommen. Gegebenenfalls wird der Veräußerungsgewinn bis auf Null gemindert.

5. Verluste, die sich ergeben, wenn der gemeine Wert der Anteile am 31.03.1999 dem Veräußerungserlös gegenübergestellt wird, sind nicht steuerbar.
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