06.05.2021

Änderung des Gesellschafterbestands einer grundbesitzenden Personengesellschaft; Bemessungsgrundlage bei geplanter Bebauung

§ 8 Abs. 2 Satz 2 Alt. 2 GrEStG verlangt eine kausale Verknüpfung der Änderung des Gesellschafterbestands mit einem Plan zur Bebauung. Zum einen muss es einen vorgefassten Plan geben, mit dem sich die Gesellschaft über einen Gesellschafterwechsel hinaus in wesentlichen Punkten so auf die Bebauung eines Grundstücks festgelegt hat, dass sie sich im Regelfall nur noch unter wirtschaftlichen Schwierigkeiten oder Einbußen davon lösen könnte. Zum anderen müssen die Neugesellschafter die Gesellschaftsanteile wegen des Plans erworben haben.

Kurzbesprechung
BFH v. 16.9.2020 - II R 12/18

GrEStG § 1 Abs 1 Nr. 1, § 1 Abs. 2a, § 8 Abs. 2 S. 2, § 13 Nr. 6

Nach § 1 Abs. 2a Satz 1 GrEStG a.F. gilt es als ein auf die Übereignung eines Grundstücks auf eine neue Personengesellschaft gerichtetes Rechtsgeschäft, wenn zum Vermögen einer Personengesellschaft ein inländisches Grundstück gehört und sich innerhalb von fünf Jahren der Gesellschafterbestand unmittelbar oder mittelbar dergestalt ändert, dass mindestens 95 % der Anteile am Gesellschaftsvermögen auf neue Gesellschafter übergehen. Die Vorschrift fingiert ein auf Übereignung des Grundstücks auf eine "neue" Personengesellschaft gerichtetes Rechtsgeschäft. Zivilrechtlich ändert sich an der Rechtsträgerschaft nichts.

Der als Bemessungsgrundlage der Grunderwerbsteuer dienende Grundbesitzwert wird verfahrensrechtlich gesondert festgestellt. Über die Frage, welcher Zeitpunkt für die Ermittlung der Bemessungsgrundlage maßgebend ist, wird mit bindender Wirkung nicht im Feststellungsverfahren, sondern im Verfahren betreffend die Festsetzung der Grunderwerbsteuer entschieden. Eine Frage des zutreffenden Zeitpunkts ist es auch, ob der Zustand des Grundstücks im Zeitpunkt des Besteuerungsstichtags oder im Falle von Bauprojekten im späteren Zeitpunkt der Fertigstellung des Gebäudes maßgebend ist. Das bedeutet, dass das Festsetzungsfinanzamt über die Einbeziehung der Bebauung in die Bemessungsgrundlage befindet, während das Feststellungsfinanzamt die Feststellung nach den entsprechenden Vorgaben des Festsetzungsfinanzamts vornimmt. Liegen zwei Grundlagenbescheide vor, deren einer die Bebauung einbezieht, deren anderer nicht, obliegt es dem Festsetzungsfinanzamt, diejenige Feststellung zugrunde zu legen, die nach seiner Rechtsauffassung die zutreffenden Ermittlungsmaßstäbe enthält.

Nach § 8 Abs. 2 Satz 2 GrEStG a.F. ist der Wert des Grundstücks abweichend von § 138 Abs. 1 Satz 2 BewG a.F. nach den tatsächlichen Verhältnissen im Zeitpunkt der Fertigstellung des Gebäudes maßgebend, wenn sich der Erwerbsvorgang auf ein noch zu errichtendes Gebäude erstreckt (Alt. 1) oder die Änderung des Gesellschafterbestands i.S. des § 1 Abs. 2a GrEStG a.F. auf einem vorgefassten Plan zur Bebauung eines Grundstücks beruht (Alt. 2).

Im Streitfall kam allein § 8 Abs. 2 Satz 2 Alt. 2 GrEStG a.F. in Betracht. Die Vorschrift verlangt eine kausale Verknüpfung der Änderung des Gesellschafterbestands mit einem Plan zur Bebauung. Zum einen muss es einen vorgefassten Plan zur Bebauung eines Grundstücks geben, mit dem sich die Gesellschaft über einen Gesellschafterwechsel hinaus in wesentlichen Punkten festgelegt hat. Zum anderen muss die Änderung des Gesellschafterbestands in der Weise auf diesem Plan beruhen, dass die Neugesellschafter die Gesellschaftsanteile wegen des Plans erworben haben.

Der vorgefasste Plan zur Bebauung eines Grundstücks bildet innerhalb des durch die Formulierung "beruht" zum Ausdruck gebrachten Kausalzusammenhangs den Grund, nicht die Folge. In zeitlicher Hinsicht muss der Plan vor der Änderung des Gesellschafterbestands und damit unter der Ägide der Altgesellschafter gefasst worden sein. Andernfalls wäre er nicht "vorgefasst" und könnte die Änderung des Gesellschafterbestands auch nicht veranlassen.

In sachlicher Hinsicht muss sich der Plan auf eine im Wesentlichen feststehende Bebauung beziehen. Der Plan muss nur die Bebauung, nicht auch die Änderung des Gesellschafterbestands zum Gegenstand haben. Es ist erforderlich, aber auch ausreichend, dass aus Sicht der Gesellschaft die geplante Bebauung im Wesentlichen feststeht. Der Plan zur Bebauung muss sich bei der Gesellschaft in einer solchen Weise verdichtet haben, dass sie sich im Regelfall nur noch unter wirtschaftlichen Schwierigkeiten oder Einbußen davon lösen könnte.

Die Änderung des Gesellschafterbestands i.S. des § 1 Abs. 2a GrEStG a.F. muss auf dem vorgefassten Plan "beruhen". Der Plan muss Grund des Gesellschafterwechsels gewesen sein. Dafür reicht es aus, wenn der Gesellschafterwechsel wegen des Plans stattfindet. Es ist nicht erforderlich, dass der Gesellschafterwechsel wegen des Plans notwendig ist.

Grund des Anteilserwerbs muss der Plan aus Sicht der Neugesellschafter sein. Es ist erforderlich, aber regelmäßig auch ausreichend, wenn die Neugesellschafter bei Erwerb der Anteile Kenntnis von dem vorgefassten Plan zur Bebauung hatten. In diesem Falle ist er integraler Bestandteil des Vorstellungsbildes der Neugesellschafter geworden.

Im Streitfall hatte das FA zu Recht nach § 8 Abs. 2 Satz 2 Alt. 2 GrEStG a.F. die Grunderwerbsteuer nach dem durch gesondert festgestellten Grundstückswert von 8.705.000 € für das Grundstück im Zeitpunkt der Fertigstellung des Gebäudes bemessen. Die Steuerpflichtige hatte einen vorgefassten Plan zur Bebauung eines Grundstücks, von dem sie sich nur unter Schwierigkeiten hätte lösen können. Sie hatte sich schon vor dem Stichtag 13.05.2005 auf die Bebauung mit einem Lebensmittelgroßmarkt festgelegt. Bereits der Vertrag, mit dem sie selbst das Grundstück erworben hatte, enthielt eine Bauverpflichtung. Sie war vertragliche Bindungen eingegangen und stand unter entsprechendem rechtlichem und wirtschaftlichem Druck, das Bauvorhaben auch zu realisieren. Soweit die --bereits erteilte-- Baugenehmigung lediglich unter Auflagen erteilt worden war, mögen diese Auflagen die Durchführung des Projekts erschwert haben, was jedoch an den wirtschaftlichen Zwängen nichts ändert. Das gilt nicht zuletzt auch für die Frage der Stellplätze.

Die Neugesellschafter hatten die Gesellschaftsanteile auch wegen dieses Plans erworben. Die Bauverpflichtung bestand nicht nur nach außen fort. Die Parteien des Anteilskaufvertrages hatten das Bauvorhaben überdies über die im Vertrag vom 13.05.2005 enthaltenen Bezugnahmen zum integralen Bestandteil des Vertrages gemacht und so in ihren rechtsgeschäftlichen Willen aufgenommen.
Verlag Dr. Otto Schmidt
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