26.10.2023

Anforderungen an die Schätzung des Gewinns eines Supermarktes bei Ermittlung der Einkünfte durch Einnahmen-Überschuss-Rechnung

Selbst wenn - was umstritten ist - die Neufassung des § 146 Abs. 1 Satz 1 AO Einzelaufzeichnungspflichten auch für Einnahmen-Überschuss-Rechner erzeugen sollte, wären diese ebenfalls aus Zumutbarkeitsgründen suspendiert. Eine andere Beurteilung ergab sich auch nicht aus dem Umstand ergeben, dass der Antragsteller in seinem Betrieb eine PC-Kasse eingesetzt hatte.

FG Düsseldorf v. 13.9.2023, 5 V 1048/23 A (E,G,U,F)
Der Sachverhalt:
Der Antragsteller war Betreiber eines Lebensmitteleinzelhandels und hatte seinen Gewinn in den Streitjahren 2016 bis 2019 durch Einnahmen-Überschuss-Rechnung ermittelt. Die Tageseinnahmen wurden in Form von manuellen Berichten aufgezeichnet, in die u.a. auch die Erlöse aus den Tagesabschlussberichten einer Geschäftskasse einflossen. Im Rahmen einer im Jahr 2021 kombinierten Betriebs- und Steuerfahndungsprüfung wurden vereinzelte Tagesabschlussberichte einer weiteren PC-Kasse aus den Streitjahren aufgefunden. Daneben beschlagnahmte die Steuerfahndung u.a. zwei Kassen, die offenbar in den Streitjahren zum Einsatz gekommen waren, in denen sich aber keine SD-Karten befanden.

Das Finanzamt war der Ansicht, dass der Antragsteller gegen die Aufbewahrungspflicht verstoßen habe, indem er die mit den beiden eingesetzten PC-Kassen gefertigten digitalen Einzelaufzeichnungen nicht auf den zugehörigen SD-Karten gespeichert habe. Aus den aufgefundenen Tagesabschlussberichten sei zudem klar erkennbar, dass der Antragsteller zwei Kassen genutzt habe, aber nur die Tagesabschlussberichte einer Kasse Eingang in die steuerlichen Aufzeichnungen gefunden hätten. Daraufhin ermittelte die Behörde unter Zugrundelegung der beschlagnahmten Tagesabschlussberichte einen durchschnittlichen Tageserlös für beide Kassen und rechnete diesen auf einen Jahresgesamterlös hoch.

Im Rahmen des gerichtlichen Aussetzungsverfahrens gegen die durch das Finanzamt vorgenommenen Hinzuschätzungen erläuterte der Antragsteller insbesondere, dass keine Pflicht zur elektronischen Buchführung bestünde und darüber hinaus formelle Buchführungsmängel keine Schätzungsbefugnis begründen würden. Das FG setzte daraufhin die Vollziehung der betroffenen Bescheide teilweise aus.

Die Gründe:
Bei summarischer Prüfung war eine Schätzungsbefugnis des Finanzamtes dem Grunde nach zu bejahen. Auch die von der Behörde gewählte Schätzungsmethode war nicht zu beanstanden. Lediglich hinsichtlich der Höhe des vom Finanzamt angesetzten durchschnittlichen Tageserlöses hielt der Senat für Zwecke des Aussetzungsverfahrens geringfügige Korrekturen der Zahlen und die Berechnung eines Sicherheitsabschlags für erforderlich. Für eine darüber hinausgehende AdV wegen der vom Antragsteller behaupteten unterbliebenen Mitteilung der Besteuerungsgrundlagen (§ 364 AO) bestand aus Sicht des Senats kein Anlass.

Eine Schätzungsbefugnis ergab sich nicht schon aus formellen Mängeln, weil der Antragsteller seine Verpflichtung zur Aufbewahrung von mit der Geschäftskasse erstellten digitalen Einzelaufzeichnungen verletzt hatte. Die den Antragsteller treffenden, grundsätzlich steuergesetzübergreifenden umsatzsteuerlichen Aufzeichnungspflichten standen unter dem Vorbehalt des Zumutbaren und griffen nicht für Einzelhandelsunternehmer, die im Allgemeinen Waren an ihnen der Person nach nicht bekannte Kunden über den Ladentisch gegen Barzahlung verkaufen. Selbst wenn - was umstritten ist - die Neufassung des § 146 Abs. 1 Satz 1 AO Einzelaufzeichnungspflichten auch für Einnahmen-Überschuss-Rechner erzeugen sollte, wären diese ebenfalls aus Zumutbarkeitsgründen suspendiert. Eine andere Beurteilung ergab sich auch nicht aus dem Umstand ergeben, dass der Antragsteller in seinem Betrieb eine PC-Kasse eingesetzt hatte.

Die Schätzungsbefugnis ergab sich hier allerdings daraus, dass aufgrund materieller Fehler - hier dem Verschweigen der Erlöse einer zweiten Kasse - mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit feststand, dass die vom Antragsteller eingereichten Aufzeichnungen und die darauf basierenden Einnahmen-Überschuss-Rechnungen sachlich falsch waren. Gewichtiges Indiz dafür war, dass die anhand der Einnahmen-Überschuss-Rechnung ermittelten Rohgewinnaufschlagsätze auffällig niedrig waren. Hinsichtlich der Höhe der vom Finanzamt angesetzten durchschnittlichen Tageserlöse nahm der Senat jedoch nur eine geringfügige Korrektur unter Berücksichtigung eines Sicherheitsabschlages vor.

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FG Düsseldorf - NL Oktober 2023
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