29.10.2015

Anforderungen an einen Antrag auf Terminverlegung

Ein erheblicher Grund i.S.v. § 227 ZPO kann u.a. darin liegen, dass der Prozessbevollmächtigte eines Beteiligten unerwartet erkrankt ist. Nicht ausreichend ist jedoch bei einer geltend gemachten Krankheit die Vorlage eines Attests eines Arztes, mit dem lediglich pauschal "Arbeitsunfähigkeit" bescheinigt wird.

BFH 8.9.2015, XI B 33/15
Der Sachverhalt:
Nachdem der Kläger im Klageverfahren wegen Einkommensteuer, Umsatzsteuer und Gewerbesteuermessbetrag für die Jahre 2005 bis 2007 vom FG ordnungsgemäß zur mündlichen Verhandlung am 29.1.2015 um 12:00 Uhr geladen worden war, beantragte er erstmals am 27.1.2015, den Termin zu verlegen. Trotz mehrfacher telefonischer sowie schriftlicher Versuche sei es dem Prozessbevollmächtigten des Klägers nicht gelungen, den Kläger zu erreichen. Ohne Mitwirkung des Klägers sei eine mündliche Verhandlung aus Sicht der Prozessbevollmächtigten nicht durchführbar. Diesen Antrag lehnte das FG am selben Tag per Telefax an den Prozessbevollmächtigten ab. Die mitgeteilten Gründe reichten für eine Verlegung nicht aus. Das persönliche Erscheinen des Klägers sei nicht angeordnet. Ein Grund für die Verlegung bestehe daher nicht.

Daraufhin beantragte der Kläger mit Telefax vom 28.1.2015, das aus der Kanzlei der S-GmbH abgesandt wurde, erneut eine Verlegung des Termins. Eine unerwartete Erkrankung zwinge den Prozessbevollmächtigten zur Bettruhe. Beigefügt war die Vorderseite einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vom 28.1.2015. Angaben zu Art und Schwere der Erkrankung enthielt die beigefügte Vorderseite des Attests nicht. Für den Kläger war daraufhin in der mündlichen Verhandlung am 29.1.2015 niemand erschienen. Das FG wies die Klage als unbegründet ab und ließ die Revision nicht zu. Die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers blieb vor dem BFH erfolglos.

Gründe:
Das FG hat den Verlegungsantrag zu Recht abgelehnt. Schließlich waren keine erheblichen Gründe dargelegt worden.

Nach ständiger BFH-Rechtsprechung wird eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör angenommen, wenn einem Antrag auf Verlegung der mündlichen Verhandlung nicht stattgegeben wird, obwohl erhebliche Gründe vorliegen. Nach § 155 FGO i.V.m. § 227 ZPO kann ein gerichtlicher Termin nur aus erheblichen Gründen aufgehoben oder verlegt werden. Liegen erhebliche Gründe i.S.v. § 227 ZPO vor, verdichtet sich die nach dieser Vorschrift eingeräumte Ermessensfreiheit zu einer Rechtspflicht.

Ein solcher Grund kann u.a. darin liegen, dass der Prozessbevollmächtigte eines Beteiligten unerwartet erkrankt ist. Jedoch ist nicht jegliche Erkrankung des Bevollmächtigten ein ausreichender Grund für eine Terminsverlegung; eine solche ist vielmehr nur dann geboten, wenn die Erkrankung so schwer ist, dass von dem Bevollmächtigten die Wahrnehmung des Termins nicht erwartet werden kann. Der Antragsteller muss die Gründe i.S.d. § 227 Abs. 1 S. 1 ZPO so genau angeben, dass sich das Gericht aufgrund ihrer Schilderung ein Urteil über deren Erheblichkeit bilden kann. Nicht ausreichend ist jedoch - entgegen der Auffassung des Klägers - bei einer geltend gemachten Krankheit die Vorlage eines Attests eines Arztes, mit dem lediglich pauschal "Arbeitsunfähigkeit" bescheinigt wird.

Auch eine Zulassung der Revision wegen mangelnder Sachaufklärung durch das FG kam nicht in Betracht. Denn wer zur mündlichen Verhandlung trotz ordnungsgemäßer Ladung unentschuldigt nicht erscheint, kann regelmäßig anschließend nicht die Verletzung von § 76 Abs. 1 FGO rügen. Von einem Rügeverzicht ist auch dann auszugehen, wenn - wie hier - ein Prozessbevollmächtigter kurzfristig zwar sein krankheitsbedingtes Nichterscheinen in der mündlichen Verhandlung ankündigt, aber dem FG keine konkreten Anhaltspunkte für dessen eigene Prüfung der behaupteten Erkrankung übermittelt werden.

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