17.09.2014

Anschaffungskosten für ein Grundstück sind keine außergewöhnlichen Belastungen

Mehrkosten für die Anschaffung eines größeren Grundstücks zum Bau eines behindertengerechten Bungalows sind nicht als außergewöhnliche Belastung i.S.d. § 33 EStG zu berücksichtigen. Derartige Mehraufwendungen entstehen nicht zwangsläufig, da sie nicht vornehmlich der Krankheit oder Behinderung geschuldet, sondern in erster Linie Folge des frei gewählten Wohnflächenbedarfs des Steuerpflichtigen sind.

BFH 17.7.2014, VI R 42/13
Der Sachverhalt:
Die Kläger sind Eheleute, die zusammen zur Einkommensteuer veranlagt werden. Die Klägerin leidet unter Multipler Sklerose und ist schwerbehindert (Grad der Behinderung 80). In den Jahren 2009 und 2010 errichteten die Kläger zu eigenen Wohnzwecken einen Bungalow. Aufgrund der behinderungsbedingten Anforderungen an die Wohnfläche entschieden sie sich u.a. nach fachkundiger Beratung für einen eingeschossigen Bungalow.

Die gegenüber einem mehrgeschossigen Bungalow erforderliche Grundfläche des Gebäudes erforderte aufgrund der im Bebauungsplan vorgeschriebenen Grundflächenzahl von 0,3 den Erwerb einer um 151,67 qm größeren Grundstücksfläche. Die Mehrkosten für den Erwerb des entsprechenden größeren Grundstücks i.H.v. rd. 13.000 € machten die Kläger in ihrer Einkommensteuererklärung vergeblich als außergewöhnliche Belastungen gem. § 33 Abs. 1 EStG geltend. Das Finanzamt lehnte dies ab

Das FG gab der hiergegen gerichteten Klage statt. Auf die Revision des Finanzamts hob der BFH das Urteil auf und wies die Klage ab.

Die Gründe:
Das FG hat die Mehrkosten für die Anschaffung eines größeren Grundstücks zum Bau eines behindertengerechten Bungalows zu Unrecht als außergewöhnliche Belastung i.S.d. § 33 EStG berücksichtigt.

Mehraufwendungen für einen behindertengerechten Um- oder Neubau eines Hauses oder einer Wohnung können als außergewöhnliche Belastungen i.S.d. § 33 Abs. 1 EStG abziehbar sein, denn es sind größere Aufwendungen, als sie der überwiegenden Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommens- und Vermögensverhältnisse sowie gleichen Familienstandes erwachsen. Mehraufwendungen für die behindertengerechte Gestaltung des Wohnumfelds erwachsen in der Regel auch zwangsläufig (§ 33 Abs. 2 S. 1 EStG). Dies gilt insbes. auch für behinderungsbedingte Mehrkosten eines Um- oder Neubaus. Denn eine schwerwiegende Behinderung des Steuerpflichtigen oder eines Angehörigen begründet eine tatsächliche Zwangslage, die eine behindertengerechte Gestaltung des Wohnumfelds unausweichlich macht.

Anschaffungskosten für ein Grundstück zählen hierzu jedoch nicht. Ihnen fehlt es an der für den Abzug als außergewöhnliche Belastung gem. § 33 Abs. 2 EStG erforderlichen Zwangsläufigkeit. Entschließt sich der Steuerpflichtige ein Grundstück zu erwerben, um hierauf einen Neubau zu errichten, hängen sowohl die Größe des Grundstücks als auch die konkrete Gestaltung des neuen Hauses, insbes. dessen Wohnfläche, zunächst von seinem Geschmack, seinen Lebensgewohnheiten, den ihm für den Bau zur Verfügung stehenden Mitteln und anderen selbstbestimmten Vorentscheidungen ab.

Auch die Mehrkosten für ein größeres Grundstück, das - wie vorliegend - erforderlich ist, um die persönlichen Wohnvorstellungen behinderten- oder krankheitsgerecht zu verwirklichen, sind nicht nach § 33 EStG abzugsfähig. Denn diese Mehrkosten sind, anders als bauliche Maßnahmen, die - wie z.B. der Einbau einer barrierefreien Dusche oder eines Treppenlifts - den krankheits- und behinderungsbedingten Lebenserschwernissen des Steuerpflichtigen oder eines Angehörigen Rechnung tragen, nicht vornehmlich der Krankheit oder Behinderung geschuldet, sondern in erster Linie Folge der frei gewählten Wohnungsgröße (Wohnflächenbedarf) des Steuerpflichtigen. Sie werden daher von der Abgeltungswirkung des Grundfreibetrags erfasst und können nicht nochmals nach § 33 EStG steuerliche Berücksichtigung finden.

Linkhinweis:

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BFH PM Nr. 64 vom 17.9.2014
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