11.06.2014

Auch Dienstleistungen auf fremdem oder öffentlichem Grund können nach § 35a EStG begünstigt sein

Auch die Inanspruchnahme von Dienstleistungen, die jenseits der Grundstücksgrenze auf fremdem, etwa öffentlichem Grund erbracht werden, kann als haushaltsnahe Dienstleistung nach § 35a EStG begünstigt sein. Die Grenzen des Haushalts i.S.d. § 35a EStG werden nicht ausnahmslos - unabhängig von den Eigentumsverhältnissen - durch die Grundstücksgrenzen abgesteckt, sondern es genügt, wenn die Dienstleistung für den Haushalt (zum Nutzen des Haushalts) erbracht wird.

BFH 20.3.2014, VI R 55/12 u.a.
Der Sachverhalt:

+++ VI R 55/12 +++
In diesem Verfahren hatten die Kläger ein Unternehmen mit der Schneeräumung der in öffentlichem Eigentum stehenden Straßenfront entlang des von ihnen bewohnten Grundstücks beauftragt. Ausweislich der Rechnung aus Juni 2008 entstanden ihnen hierfür Kosten i.H.v. rund 142 €. In ihrer Einkommensteuererklärung machten sie diesen Betrag als Aufwendungen für die Inanspruchnahme haushaltsnaher Dienstleistungen geltend.

Das Finanzamt gewährte ihnen allerdings die beantragte Steuerermäßigung nicht. Schließlich sei die Dienstleistung außerhalb der Grundstücksgrenzen und damit nicht innerhalb des Haushalts durchgeführt worden. Soweit Dienstleistungen (wie etwa Straßen- und Gehwegreinigung, Winterdienst) auf öffentlichem Gelände durchgeführt würden, seien sie nicht als haushaltsnahe Dienstleistungen nach § 35a EStG begünstigt. Das FG gab der hiergegen gerichteten Klage statt.

+++ VI R 56/12 +++
In einem weiteren Verfahren hatten die Kläger im Dezember 2001 ein Grundstück erworben und ein Jahr später darauf ein Einfamilienhaus errichtet, das sie seit der Fertigstellung für eigene Wohnzwecke nutzten. Zunächst wurde das Objekt durch einen Brunnen mit Trinkwasser versorgt. Das Abwasser wurde über eine Grube entsorgt. Der Haushalt wurde nachträglich an das öffentliche Versorgungsnetz angeschlossen. Der Zweckverband machte diesbezüglich Kostenersatzbeträge i.H.v. 910 € und 651 € geltend, die die Kläger durch Überweisung von ihrem Bankkonto beglichen. Diese Aufwendungen machten die Kläger in ihrer Einkommensteuererklärung für das Streitjahr 2007 erfolglos als Handwerkerleistungen i.S.d. § 35a EStG geltend. Auch hier war die Klage vor dem FG erfolgreich.

Die Revisionen der jeweiligen Finanzämter blieben in beiden Fällen erfolglos.

Die Gründe:
Den Klägern waren in beiden Fällen die Steuerermäßigungen nach § 35a Abs. 2 S. 1 bzw. S. 2 EStG zu gewähren.

Die Inanspruchnahme von Diensten, die jenseits der Grundstücksgrenze auf fremdem, etwa öffentlichem Grund geleistet werden, kann entgegen dem BMF-Schreiben vom 10.1.2014 (IV C 4-S 2296-b/07/0003:004, 2014/0023765) als haushaltsnahe Dienstleistung nach § 35a Abs. 2 S. 1 EStG begünstigt sein. Schließlich muss der Begriff "im Haushalt" nicht räumlich, sondern funktionsbezogen ausgelegt werden. Die Grenzen des Haushalts i.S.d. § 35a EStG werden nicht ausnahmslos - unabhängig von den Eigentumsverhältnissen - durch die Grundstücksgrenzen abgesteckt. Es genügt vielmehr, wenn die Dienstleistung für den Haushalt (zum Nutzen des Haushalts) erbracht wird.

Allerdings muss es sich dabei um Tätigkeiten handeln, die ansonsten üblicherweise von Familienmitgliedern erbracht und in unmittelbaren räumlichen Zusammenhang zum Haushalt durchgeführt werden und dem Haushalt dienen. Hiervon kann insbesondere ausgegangen werden, wenn der Steuerpflichtige - wie hier - als Eigentümer oder Mieter zur Reinigung und Schneeräumung von öffentlichen Straßen und (Geh)Wegen verpflichtet ist. In einem solchen Fall sind Aufwendungen für die Inanspruchnahme haushaltsnaher Dienstleistungen auch in vollem Umfang und nicht nur anteilig, soweit sie auf Privatgelände entfallen, nach § 35a EStG begünstigt.

Entsprechendes gilt auch bei der Inanspruchnahme von Handwerkerleistungen für Renovierungs-, Erhaltungs- und Modernisierungsmaßnahmen (nicht aber bei einem Neubau), die in unmittelbarem räumlichem Zusammenhang zum Haushalt durchgeführt werden und dem Haushalt dienen. Bei Hausanschlüssen handelt es sich zwar auch insoweit als die Anschlussleitung innerhalb des Privatgrundstücks des Anschlussnehmers verläuft um Betriebsanlagen des Wasserversorgungsunternehmens. Andererseits muss der Hausanschluss insgesamt und damit auch, soweit er im öffentlichen Straßenraum verläuft, zum Haushalt gezählt und damit als Handwerkerleistung nach § 35a EStG begünstigt werden.

Linkhinweis:

  • Der Volltext der Entscheidung ist auf der Homepage des BFH veröffentlicht.
  • Um direkt zum Volltext von VI R 55/12 zu gelangen, klicken Sie bitte hier.
  • Um direkt zum Volltext von VI R 56/12 zu gelangen, klicken Sie bitte hier.
BFH PM Nr. 41 vom 11.6.2014
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