26.10.2023

Berechnung des Grundlohns bei steuerfreien Zuschlägen für Sonntags-, Feiertags- oder Nachtarbeit

1. Der für die Bemessung der Steuerfreiheit von Zuschlägen zur Sonntags-, Feiertags- oder Nachtarbeit maßgebende Grundlohn ist der laufende Arbeitslohn, der dem Arbeitnehmer bei der für ihn maßgebenden regelmäßigen Arbeitszeit für den jeweiligen Lohnzahlungszeitraum arbeitsvertraglich zusteht.
2. Ob und in welchem Umfang der Grundlohn dem Arbeitnehmer tatsächlich zufließt, ist für die Bemessung der Steuerfreiheit der Zuschläge daher ohne Belang.

Kurzbesprechung
BFH v. 10.8.2023 - VI R 11/21

EStG § 3b, § 8, § 19 Abs 1 Nr. 1, § 39b

Streitig war, ob Zahlungen des Arbeitgebers an eine Unterstützungskasse Teil des Grundlohns im Sinne von § 3b Abs. 2 Satz 1 EStG sind.

Die Steuerpflichtige gewährte ihren Arbeitnehmern im Streitzeitraum (2012 bis 2015) steuerfreie Zuschläge für Sonntags-, Feiertags- und Nachtarbeit. Bei der Berechnung des für die Bemessung der steuerfreien Zuschläge maßgeblichen Grundlohns bezog sie von ihr ‑ aufgrund einer Gehaltsumwandlung ‑ entrichtete Beiträge an eine zugunsten der Arbeitnehmer eingerichtete Unterstützungskasse ein. Weder die erteilte Leistungszusage der Steuerpflichtigen auf Alters- und Hinterbliebenenversorgung noch der Leistungsplan der Unterstützungskasse vermittelten den versorgungsberechtigten Arbeitnehmern einen eigenen Leistungsanspruch gegenüber der Unterstützungskasse.

Das FA vertrat im Anschluss an eine bei der Steuerpflichtigen durchgeführte Lohnsteuer-Außenprüfung die Auffassung, dass die Beiträge der Steuerpflichtigen an die Unterstützungskasse nicht zum Grundlohn nach § 3b Abs. 2 EStG gehörten. Grundlohn sei danach der laufende Arbeitslohn. Hierunter sei nicht das arbeitsvertraglich geschuldete, sondern das tatsächlich zugeflossene Arbeitsentgelt zu verstehen. Beiträge des Arbeitgebers an eine Unterstützungskasse, die den Arbeitnehmern keinen eigenen Rechtsanspruch auf Versorgung gegen die Versorgungseinrichtung begründeten, stellten mangels Zufluss keinen laufenden Arbeitslohn dar und gehörten folglich nicht zum Grundlohn.

Nach erfolglosem Einspruchs - und Klageverfahren hob der BFH die Entscheidung der Vorinstanz auf und gab der Klage statt.

Grundlohn (laufender Arbeitslohn) steht dem Arbeitnehmer zu, wenn er diesem bei der für ihn maßgebenden regelmäßigen Arbeitszeit für den jeweiligen Lohnzahlungszeitraum aufgrund arbeitsvertraglicher Vereinbarung geschuldet wird. Ob und in welchem Umfang der Grundlohn dem Arbeitnehmer tatsächlich zufließt, ist für die Bemessung der Steuerfreiheit der Zuschläge aufgrund des eindeutigen Wortlauts der Vorschrift (zusteht) ohne Belang.

In seiner bisherigen Rechtsprechung hat der BFH bei der Bestimmung des Grundlohns im Sinne von § 3b Abs. 2 Satz 1 EStG die dort verwandte Maßgröße "laufender Arbeitslohn" von den sonstigen Bezügen abgegrenzt und diesbezüglich ausgeführt, dass laufender Arbeitslohn das dem Arbeitnehmer regelmäßig zufließende Arbeitsentgelt (Monatsgehalt, Wochen- oder Tageslohn, Überstundenvergütung, laufend gezahlte Zulagen oder Zuschläge und geldwerte Vorteile aus regelmäßigen Sachbezügen) sei. Diese Ausführungen rechtfertigen den Schluss des FA, dass der Grundlohn gemäß § 3b Abs. 2 Satz 1 EStG nach dem tatsächlich zugeflossenen Entgelt, nicht aber nach dem arbeitsvertraglich geschuldeten Arbeitsentgelt zu bemessen ist, jedoch nicht. Denn der BFH hat sich hierbei lediglich insoweit auf § 39b EStG bezogen, als sich auch bei dieser Vorschrift die Notwendigkeit ergibt, zwischen laufendem und nicht laufendem Arbeitslohn (sonstige Bezüge) zu unterscheiden. Bei dem Verweis auf § 39b EStG handelt es sich damit lediglich um eine (materielle) inhaltsbestimmende Konkretisierung des Gesetzestextes dahingehend, dass auch bei der Bemessung der Steuerfreiheit von Zuschlägen für Sonntags-, Feiertags- oder Nachtarbeit nach § 3b EStG entsprechend zwischen laufendem und nicht laufendem Arbeitslohn zu unterscheiden ist.

Auch wenn im Kontext des § 39b EStG von "zufließen" oder "gezahlt werden" die Rede ist, ergibt sich für die Steuerbefreiungsvorschrift des § 3b EStG das Erfordernis "zufließender Arbeitslohn" nicht. Denn § 39b EStG betrifft den Lohnsteuerabzug und damit das Erhebungsverfahren. Der Lohnsteuerabzug knüpft allerdings an die Entstehung der Lohnsteuer an, dies ist nach § 38 Abs. 2 Satz 2 EStG der Zeitpunkt, in dem der laufende Arbeitslohn oder sonstige Bezug dem Arbeitnehmer zufließt. Für die inhaltliche Einordnung einer Arbeitgeberleistung als laufender Arbeitslohn oder sonstiger Bezug kommt es indes auf die Entstehung der Lohnsteuer und damit auf den Zeitpunkt des Zuflusses des Arbeitslohns nicht an, maßgeblich ist allein die Regelmäßig- oder Einmaligkeit der Geld- oder Sachleistungen.

Im Übrigen sind auch die Regelungen in R 3b der Lohnsteuer-Richtlinien (LStR) erkennbar davon getragen, dass bei der Ermittlung des Grundlohns nicht auf den zugeflossenen, sondern den arbeitsvertraglich geschuldeten Arbeitslohn abzustellen ist (R 3b Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 Buchst. a LStR).

Die Höhe der Steuerfreiheit von Zuschlägen für Sonntags-, Feiertags- oder Nachtarbeit ist somit nicht nach dem laufenden Arbeitslohn, der dem Arbeitnehmer bei der für ihn maßgebenden regelmäßigen Arbeitszeit für den jeweiligen Lohnzahlungszeitraum zufließt, sondern nach dem vereinbarten, das heißt dem arbeitsvertraglich geschuldeten Grundlohn zu bemessen. Demzufolge waren im Streitfall die von der Steuerpflichtigen gewährten Zuschläge für Sonntags-, Feiertags- oder Nachtarbeit in der geltend gemachten Höhe steuerfrei.
Verlag Dr. Otto Schmidt
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