14.06.2012

Berechnung des Zehnjahreszeitraums des § 14 Abs. 1 S. 1 ErbStG

Der für die Berücksichtigung von Vorerwerben maßgebliche Zehnjahreszeitraum des § 14 Abs. 1 Satz 1 ErbStG ist nach § 108 Abs. 1 AO i.V.m. § 187 Abs. 2, § 188 Abs. 2 Alt. 2 BGB zu bestimmen. Der Zeitraum ist rückwärts zu berechnen, der Tag des letzten Erwerbs ist mitzuzählen.

BFH 28.3.2012, II R 43/11
Der Sachverhalt:
Der Kläger hatte seinem Sohn am 31.12.1998 ein bebautes Grundstück im Wert von 97.401 € unentgeltlich im Wege der vorweggenommenen Erbfolge übertragen. Es folgte im Dezember 1999 ein weiteres Grundstück im Wert von 92.032 €, ebenfalls unentgeltlich. Am 31.12.2008 übertrug der Kläger ein weiteres bebautes Grundstück unter Nießbrauchsvorbehalt mit einem gesondert festgestellten Wert von 194.000 €. In den Verträgen wurde jeweils die Auflassung beurkundet und die Eintragung der Rechtsänderung in das Grundbuch durch den Kläger bewilligt.

Das Finanzamt setzte daraufhin für die Zuwendung vom 31.12.2008 Schenkungsteuer i.H.v. 20.889 € fest, wobei Vorerwerbe i.S.d. § 14 Abs. 1 S. 1 ErbStG mit einem Wert von insgesamt 189.433 € berücksichtigt wurden. Die Behörde ging davon aus, die Zuwendung vom 31.12.1998 sei innerhalb des Zehnjahreszeitraums des § 14 Abs. 1 S. 1 ErbStG erfolgt und damit bei der Berechnung der Steuer für den Letzterwerb einzubeziehen.

Das FG gab der hiergegen gerichteten Klage statt. Die Revision vor dem BFH blieb erfolglos.

Die Gründe:
Das FG hatte im Ergebnis zu Recht entschieden, dass die Zuwendung vom 31.12.1998 nicht als Vorerwerb bei der Berechnung der Schenkungsteuer für die Zuwendung vom 31.12.2008 zu berücksichtigen war.

Der für die Berücksichtigung von Vorerwerben maßgebliche Zehnjahreszeitraum des § 14 Abs. 1 Satz 1 ErbStG ist nach § 108 Abs. 1 AO i.V.m. § 187 Abs. 2, § 188 Abs. 2 Alt. 2 BGB zu bestimmen. Der Zeitraum ist rückwärts zu berechnen. Dabei ist der Tag des letzten Erwerbs mitzuzählen.

Eine Anwendung des § 108 Abs. 3 AO scheidet hingegen nach Sinn und Zweck des § 14 ErbStG aus. Danach sollen alle Vermögensvorteile innerhalb von zehn Jahren für Zwecke der Berechnung der Schenkungsteuer für den Letzterwerb zusammengerechnet werden. Dem widerspräche es, einen früheren Erwerb außerhalb des Zehnjahreszeitraums nur deshalb zu berücksichtigen, weil die Frist des § 14 Abs. 1 S. 1 ErbStG an einem Sonntag, einem gesetzlichen Feiertag oder einem Sonnabend endet und daher bei entsprechender Anwendung der Regelung des § 108 Abs. 3 AO - wegen der Rückwärtsberechnung - auf den Beginn des vorangegangenen Werktages zu verlängern wäre.

Im vorliegenden Fall war der Wert des Erwerbs vom 31.12.1998 bei der Berechnung der Schenkungsteuer für den Erwerb vom 31.12.2008 nicht zu berücksichtigen. Der erste Erwerb war am 31.12.1998 und der letzte Erwerb am 31.12.2008 erfolgt. Eine Grundstücksschenkung ist bereits dann ausgeführt, wenn - wie hier jeweils am 31.12.1998 bzw. 2008 geschehen - die Auflassung beurkundet wurde und der Schenker die Eintragung der Rechtsänderung in das Grundbuch bewilligte. Die Frist des § 14 Abs. 1 S. 1 ErbStG begann damit am 31.12.2008 um 24:00 Uhr zu laufen. Sie endete am 1.1.1999 um 00:00 Uhr und damit vor dem Ersterwerb.

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