09.11.2012

Bergwerkseigentümer als wirtschaftlicher Eigentümer der Bodenschätze

Wird einem Abbauunternehmen Bergwerkseigentum unbefristet und frei von Förderabgaben übertragen, so vermittelt dieses Eigentum regelmäßig dann das wirtschaftliche Eigentum an den betroffenen bergfreien Bodenschätzen, wenn das Unternehmen beabsichtigt, die Vorkommen vollständig zu heben. Der Erwerb der Bodenschätze und damit die Anschaffung unbeweglicher Wirtschaftsgüter berechtigt wiederum zu Sonderabschreibungen nach Maßgabe von § 3 i.V.m. § 4 FöGbG 1991.

BFH 25.7.2012, I R 101/10
Der Sachverhalt:
Die Klägerin ist eine GmbH, deren Zweck es ist, Kiese, Sande, Schotter und Splitt zu gewinnen, aufzubereiten und zu vertreiben. Sie hatte im Mai 1992 von der Treuhandanstalt das Bergwerkseigentum für insgesamt 13 Bergwerksfelder erworben. Gegenstand der Rechte waren Gesteine (im Folgenden auch Bodenschätze) zur Herstellung von Schotter und Split sowie Kiese und Kiessande zur Herstellung von Betonzuschlagstoffen. Der Kaufpreis belief sich auf 38,22 Mio. DM.

Im Jahresabschluss für 1992 berücksichtigte die Klägerin Sonderabschreibungen auf das Bergwerkseigentum nach § 4 i.V.m. § 3 FöGbG 1991 i.H.v. 18,7 Mio. DM. Das Finanzamt erkannte die Sonderabschreibungen unter Hinweis auf den Erlass des Ministeriums der Finanzen Sachsen-Anhalt vom 23.9.1996 nicht an. Es hat die Frage, ob die Klägerin i.S.v. § 3 S. 1 FöGbG 1991 ein abnutzbares und unbewegliches Wirtschaftsgut angeschafft hat, mit Rücksicht auf den Erwerb des Bergwerkseigentums geprüft und diese Frage mit der Begründung verneint, dass es sich beim Bergwerkseigentum um ein immaterielles, d.h. um ein nichtkörperliches Wirtschaftsgut handele und Gegenstände dieser Art nach ständiger Rechtsprechung weder beweglich noch unbeweglich sein können.

Das FG wies die hiergegen gerichtete Klage ab. Auf die Revision der Klägerin hob der BFH das Urteil auf und wies die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das FG zurück.

Die Gründe:
Das FG hat verkannt, dass die Klägerin nicht nur das Bergwerkseigentum als immaterielles Wirtschaftsgut erworben hatte, sondern dass sie zugleich wirtschaftliche Eigentümerin der Bodenschätze als unbewegliche Wirtschaftsgüter geworden war und hierfür die Sonderabschreibungen nach § 3 i.V.m. § 4 FöGbG 1991 in Anspruch nehmen konnte.

Nach Auffassung des erkennenden Senats hatte die Klägerin aufgrund des mit der Treuhandanstalt geschlossenen Kaufvertrags nicht nur das Gewinnungsrecht (Bergwerkseigentum), sondern zugleich auch das wirtschaftliche Eigentum an den Bodenschätzen erworben. Infolgedessen musste sie die Bodenschätze als materielle Wirtschaftsgüter (Vermögensgegenstände) nach § 39 Abs. 2 Nr. 1 S. 1 AO sowie § 242 Abs. 1 HGB i.V.m. § 5 Abs. 1 S. 1 EStG 1990 und § 8 Abs. 1 KStG 1991 in ihren Steuer- und Handelsbilanzen aktivieren. Hieran anknüpfend war auch das Vorliegen der Tatbestandsmerkmale des § 3 FöGbG 1991 im Hinblick auf den Erwerb der Bodenschätze zu prüfen. Somit erübrigten sich hier auch Ausführungen dazu, ob das Bergwerkseigentum zu den materiellen oder immateriellen Wirtschaftsgütern zu rechnen war. Letzterem stand nicht entgegen, dass nicht nur Sachen, sondern auch Rechte und immaterielle Wirtschaftsgüter zu den in der Handels- und Steuerbilanz zu aktivierenden Vermögensgegenständen und Wirtschaftsgütern gehören können.

Die der Klägerin zustehenden Rechte wiesen sie zudem als wirtschaftliche Eigentümerin der Bodenschätze aus, da ihr als Inhaberin des i.S.v. § 151 BBergG übergeleiteten Bergwerkseigentums das unwiderrufliche und unbefristete Recht zustand, die betroffenen bergfreien Vorkommen auszubeuten und das Eigentum an den gehobenen Bodenschätzen zu erwerben. Dieser Einschätzung stand weder entgegen, dass die Treuhandanstalt die Rückübertragung des Bergwerkseigentums hätte verlangen können, wenn der regelmäßige Abbau für einen Zeitraum von mehr als drei Jahren unterbrochen worden wäre, noch ließ sich ihr entgegenhalten, dass für den Fall der Weiterveräußerung der Gewinnungsrechte innerhalb von fünf Jahren nach Kaufvertragsschluss die Klägerin etwaige ihre eigenen Kaufpreisverpflichtungen übersteigenden Mehrerlöse an die Treuhandanstalt ganz oder teilweise hätte abführen müssen.

Gegen die Aktivierung der Bodenschätze in den Bilanzen der Klägerin ließ sich nicht einwenden, dass nach ständiger Rechtsprechung die für grundeigene und für nicht dem Bundesberggesetz unterfallende Bodenschätze (Grundeigentümerbodenschätze) geschlossenen Ausbeuteverträge als Pachtverträge zu qualifizieren und deshalb nach den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung als schwebende Geschäfte zu behandeln sind, die jedenfalls bis zur vollständigen Erbringung der Sach- oder Dienstleistung nicht bilanziert werden dürfen. Hiervon ausgehend waren mit Rücksicht auf den Erwerb der Bodenschätze durch die Klägerin auch die Voraussetzungen für die Inanspruchnahme von Sonderabschreibungen nach § 3 i.V.m. § 4 FöGbG zu bejahen. Das FG muss im weiteren Verfahren noch die für den Erwerb der Bodenschätze insgesamt angefallenen Anschaffungskosten (einschl. der Anschaffungsnebenkosten) feststellen.

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