05.07.2012

Besserungsoption kein rückwirkendes Ereignis

Vereinbaren die Vertragsparteien beim Verkauf eines Anteils an einer Kapitalgesellschaft eine Besserungsoption, welche dem Verkäufer ein Optionsrecht auf Abschluss eines Änderungsvertrages zum Kaufvertrag mit dem Ziel einer nachträglichen Beteiligung an der Wertentwicklung des Kaufgegenstands einräumt, stellt die spätere Ausübung des Optionsrechts kein rückwirkendes Ereignis dar. Entsprechende Einmalzahlungen sind vielmehr als nachträgliche Einkünfte im Zeitpunkt des Zuflusses einkommensteuerrechtlich zu erfassen.

BFH 23.5.2012, IX R 32/11
Der Sachverhalt:
Der Kläger hielt im Streitjahr (2000) einen Geschäftsanteil i.H.v. 25.000 DM am Stammkapital der A-GmbH. Im Februar des Streitjahres teilte der Kläger seinen Geschäftsanteil in zwei Teilgeschäftsanteile i.H.v. 13.000 und 12.000 DM und veräußerte den größeren Anteil zum Kaufpreis von 1,95 Mio. DM an die M-GmbH. Die vertragliche Vereinbarung enthielt neben dem Kaufpreis auch eine Zielvereinbarung, die insbes. die künftige Umsatz-, Gewinn- und Marktentwicklung der Gesellschaft bis Dezember 2007 zum Gegenstand hatte.

Hierzu hieß es im Vertrag u.a.: "Die Vertragsparteien vereinbaren einen Besserungsschein, Call- und Put-Optionen, die an das Erreichen wirtschaftlicher Ziele geknüpft sind." Danach sollte der Kläger einen zusätzlichen Einmalbetrag erhalten, wenn die Zielvereinbarung erfüllt wird. Im April 2002 setzte das Finanzamt Einkommensteuer für 2000 erklärungsgemäß fest. Dabei legte es den vereinbarten Kaufpreis für den veräußerten Geschäftsanteil der Besteuerung nach § 17 EStG zugrunde.

Im Jahr 2004 erhielt der Kläger aufgrund der - zwischenzeitlich insbes. hinsichtlich der Laufzeit geänderten - Vereinbarung einen "Einmalbetrag" i.H.v. rd. 670.000 € ausbezahlt, da die Gesellschaft entsprechenden Überschuss erreicht hatte. Das Finanzamt vertrat in dem geänderten Einkommensteuerbescheid für das Streitjahr von März 2006 die Auffassung, dass der Einmalbetrag einkommensteuerrechtlich bereits im Streitjahr zu berücksichtigen sei; er erhöhe den bisher erklärten Veräußerungsgewinn nach § 17 Abs. 2 S. 1 EStG, da aufgrund des geänderten Kauf- und Übertragungsvertrages der ursprüngliche Veräußerungspreis im Wege eines Besserungsscheines erhöht worden sei. Hierin liege ein Ereignis mit steuerlicher Rückwirkung.

Das FG wies die hiergegen gerichtete Klage ab. Auf die Revision des Klägers hob der BFH das Urteil auf und gab der Klage statt.

Die Gründe:
Das FG ist zu Unrecht davon ausgegangen, dass der dem Kläger im Jahr 2004 zugeflossene "Einmalbetrag" den im Streitjahr zu erfassenden Veräußerungsgewinn des Klägers erhöht. Vielmehr ist dieser als nachträgliche Einkünfte i.S.d. § 24 Nr. 2 i.V.m. § 17 Abs. 2 EStG aus der Veräußerung im Jahr 2004, dem Zeitpunkt des Zuflusses, einkommensteuerrechtlich zu erfassen.

Nach den Grundsätzen des Beschlusses des Großen Senats des BFH vom 19.7.1993 GrS 2/92 (BFHE 172, 66, BStBl II 1993, 897) sind später eintretende Veränderungen beim ursprünglich vereinbarten Veräußerungspreis solange und soweit materiell-rechtlich auf den Zeitpunkt der Veräußerung zurückzubeziehen, als der Erwerber seine Verpflichtung zur Zahlung des Kaufpreises noch nicht erfüllt hat. Eine nachträgliche Änderung des Veräußerungspreises i.S.d. § 17 Abs. 2 EStG kann grundsätzlich auch dann auf den Zeitpunkt der Veräußerung zurückwirken, wenn das Ereignis erst nach dem Zeitpunkt der Veräußerung eingetreten ist.

Bei nachträglichen vertraglichen Änderungen des Veräußerungspreises kommt es entscheidend darauf an, ob über den Veräußerungspreis im Zeitpunkt der Betriebsübertragung keine abschließende Einigung erzielt wurde. In diesem Fall erhöht ein später festgesetzter Mehrbetrag rückwirkend, d.h. für das Jahr der Veräußerung, den Veräußerungsgewinn. Wird jedoch ein zunächst feststehender Veräußerungspreis nachträglich geändert, so ist ein Mehrbetrag erst in dem Veranlagungszeitraum zu erfassen, in dem die Erhöhung vereinbart wurde. Ein rückwirkendes Ereignis i.S.v. § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 AO liegt bei nachträglichen vertraglichen Änderungen mithin nur dann vor, wenn der Rechtsgrund für die später geleisteten Zahlungen bereits im ursprünglichen Rechtsgeschäft angelegt ist.

Nach diesen Grundsätzen wirkt die Erfüllung der in der geänderten Vereinbarung von März 2004 getroffenen Besserungsabrede, wonach der Kläger einen "zusätzlichen Einmalbetrag" i.H.v. 670.000 € erhalten sollte, nicht auf den Zeitpunkt der Veräußerung des Teilgeschäftsanteils zurück; sie erhöht den im Streitjahr vereinbarten Veräußerungspreis nicht und beeinflusst mithin auch nicht den im Streitjahr zu erfassenden Veräußerungsgewinn i.S.d. § 17 Abs. 2 EStG. Rechtsgrund für die dem Kläger im Jahr 2004 zugeflossene Zahlung war die zwischen den Beteiligten im März 2004 geschlossene Vereinbarung.

Zwar greift diese Vereinbarung mittelbar auch auf die im Streitjahr vereinbarte Besserungsabrede zurück; letztere stellt indes lediglich eine sog. Besserungsoption in Gestalt eines zugunsten des Klägers unter aufschiebender Bedingung stehenden Optionsrechts auf Abschluss eines Änderungsvertrages (§ 311 BGB) zum ursprünglichen Kauf- und Übertragungsvertrag dar. Gegenstand der geänderten Vereinbarung von März 2004 war auch nicht, wie das Finanzamt angenommen hat, eine dem Veräußerungsvorgang nachfolgende Wertveränderung der Gegenleistung - welche als im ursprünglichen Vertrag angelegt grundsätzlich auf den Veräußerungszeitpunkt zurückwirken würde -, sondern eine dem Veräußerungsvorgang nachfolgende Wertveränderung der Leistung, nachdem diese erbracht worden ist.

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