15.02.2016

Beteiligungsverlust als Werbungskosten des Arbeitnehmers absetzbar

Wer vergeblich versucht, sich durch die Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft einen Vorstandsposten zu sichern, kann die entstandenen Kosten als vorweggenommene Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit abziehen. Voraussetzung ist allerdings, dass diese künftige Erwerbstätigkeit schon hinreichend konkret feststeht.

FG Köln 21.10.2015, 14 K 2767/12
Der Sachverhalt:
Der Kläger ist angestellter Jurist. Er zahlte der A-GmbH 75.000 € für eine 10-Prozent-Beteiligung an einer noch zu gründenden Aktiengesellschaft (AG). Im Gegenzug sollte er bei dieser AG eine Vorstandsposition mit einem jährlichen Bruttogehalt i.H.v. 90.000 € erhalten.

In der Folge verwendete die GmbH das Geld abredewidrig zur Begleichung ihrer Schulden. Daraufhin kam es weder zu einer Beteiligung des Klägers an der AG, noch zu seiner Anstellung als Vorstand. Da die GmbH den Betrag nicht mehr zurückzahlen konnte, machte der Kläger den Verlust i.H.v. 75.000 € in seiner Einkommensteuererklärung 2002 geltend. Das Finanzamt ordnete den Verlust der privaten Vermögensebene zu und lehnte die Berücksichtigung ab.

Das FG gab der hiergegen gerichteten Klage statt und erkannte die vergeblichen Aufwendungen des Klägers als vorweggenommene Werbungskosten an. Das Urteil ist nicht rechtskräftig. Die Revision des Finanzamts wird beim BFH unter dem Az. VI R 1/16 geführt.

Die Gründe:
Die von den Klägern geltend gemachten Aufwendungen sind als vergebliche vorweggenommene Werbungskosten bei den Einkünften des Klägers aus nichtselbständiger Arbeit zu berücksichtigen (§ 9 Abs. 1 S. 1 und 2, § 19 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG).

Nach § 9 Abs. 1 S. 2 EStG sind Werbungskosten bei der Einkunftsart abzuziehen bei der sie erwachsen sind. Stehen die Aufwendungen zu mehreren Einkunftsarten in einem wirtschaftlichen Zusammenhang, entscheidet nach ständiger Rechtsprechung der engere und wirtschaftlich vorrangige Veranlassungszusammenhang. Diese Rechtsgrundsätze hat der BFH in ständiger Rechtsprechung in Bezug auf die Frage, ob Bürgschaftsverluste durch das Arbeitsverhältnis veranlasst sind, konkretisiert. Danach spricht umso mehr für eine innere wirtschaftliche Verbindung zu den Einkünften aus Kapitalvermögen und damit für nachträgliche Anschaffungskosten einer Beteiligung, je höher die Beteiligung des Gesellschafters ist.

Bei einem an der Gesellschaft in nur sehr geringem Umfang beteiligten Arbeitnehmer, der eine Bürgschaft für seinen Arbeitgeber übernimmt, gilt dies als Indiz dafür, dass die Bürgschaftsübernahme durch das Arbeitsverhältnis veranlasst ist. Dies gilt erst recht, wenn der Arbeitnehmer an der Gesellschaft überhaupt nicht beteiligt ist und durch die Bürgschaftsübernahme keine weiteren Einkünfte erzielt und dementsprechend damit ausschließlich seine Lohneinkünfte zu sichern und zu erhalten sucht. Nichts anderes gilt im Grundsatz auch dann, wenn der Arbeitnehmer an seinem Arbeitgeber noch nicht gesellschaftsrechtlich beteiligt ist, aber eine solche Beteiligung anstrebt. Denn es ist grundsätzlich nicht ausgeschlossen, dass ein Erwerbsaufwand nicht durch eine schon tatsächlich gegebene und gegenwärtig ausgeübte Tätigkeit, sondern durch eine zunächst nur angestrebte andere Erwerbstätigkeit überwiegend veranlasst ist.

Derartige Aufwendungen können als vorab entstandene (vorweggenommene) Werbungskosten abziehbar sein. Das setzt allerdings stets voraus, dass diese künftige Erwerbstätigkeit schon hinreichend konkret feststeht. Vorliegend bestehet ein hinreichend enger Veranlassungszusammenhang zwischen den Aufwendungen für den fehlgeschlagenen Beteiligungserwerb und den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit. Dem Kläger ging es im Wesentlichen darum, eine adäquate nichtselbständige Arbeit zu finden und ein regelmäßiges Gehalt zu generieren. Die geplante Kapitalbeteiligung an der AG tritt dahinter zurück.

Linkhinweis:

FG Köln PM vom 15.2.2016
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