01.04.2011

Betrieb einer Rinderzucht und Weidewirtschaft durch eine Kapitalgesellschaft als Liebhaberei

Betreibt eine Kapitalgesellschaft neben ihrem Kerngeschäft eine Rinderzucht und eine Weidewirtschaft und erzielt sie hieraus über einen Zeitraum von elf Jahren Verluste, so kann das ein Indiz dafür sein, dass die Gesellschaft diese nicht im eigenen Interesse, sondern im Interesse der Gesellschafter unterhält. Bei der Abgrenzung sind die Regeln heranzuziehen, die bei natürlichen Personen und Personengesellschaften für die Abgrenzung der auf Einkunftserzielung gerichteten Tätigkeit von der steuerlich unbeachtlichen "Liebhaberei" gelten.

FG Hamburg 11.2.2011, 5 V 2/11
Der Sachverhalt:
Die Antragstellerin, eine GmbH mit Sitz in Hamburg, betreibt ein Dienstleistungsunternehmen im Bereich des Beförderungsverkehrs. In dem streitrelevanten Zeitraum waren die beiden Gesellschafter als Geschäftsführer bestellt. Seit 1996/97 betreibt die Antragstellerin zudem die Zucht und den Vertrieb von Fleischrindern der Rasse X. Die Weideflächen, die sie zunächst gepachtet und später gekauft hatte, liegen in Hamburg.

Im Zusammenhang mit der Rinderzucht erwarb die Antragstellerin eine Marke, die für Rindfleisch aus natürlicher und artgerechter Haltung steht. Außerdem erweiterte sie 1999 ihren Satzungszweck um folgenden Zusatz: "Die Zucht und der Vertrieb von Fleischrindern der Rasse Y. Die Haltung soll in Gemeinschaft mit Pensionspferden erfolgen. Ziel ist ein Beistellrind zur Weidepflege in naturnaher Haltung." Vor Aufnahme der Rinderzucht durch die Antragstellerin hatten die beiden Gesellschafter bereits eine private Pferdehaltung betrieben.

Die vom Finanzamt durchgeführten Betriebsprüfungen betreffend die Jahre 1997 bis 2003 ergaben für die Rinderzucht und den Weidebetrieb jeweils Verluste im fünfstelligen Bereich. Das Finanzamt erkannte die von der Antragstellerin im Zusammenhang mit dem Betrieb der Rinderzucht und Weidewirtschaft erzielten Verluste steuerlich nicht an. Die Rinderzucht und der Weidebetrieb stellten einen steuerlichen "Liebhabereibetrieb" dar; die von der Antragstellerin getragenen Verluste seien als verdeckte Gewinnausschüttungen zu qualifizieren. Die Antragstellerin hat Klage erhoben und den vorliegenden Antrag auf Aussetzung der Vollziehung gestellt.

Das FG wies den Antrag ab. Die Revision zum BFH wurde nicht zugelassen.

Die Gründe:
Betreibt eine Kapitalgesellschaft neben ihrem Kerngeschäft eine Rinderzucht und eine Weidewirtschaft und erzielt sie hieraus über einen geschlossenen Verlustzeitraum von elf Jahren Verluste, so kann dies ein Indiz dafür sein, dass die Gesellschaft die Rinderzucht und die Weidewirtschaft nicht im eigenen Interesse, sondern im Interesse der Gesellschafter unterhält. Ob die Gesellschaft im Eigen- oder im Gesellschafterinteresse handelt, ist grundsätzlich nach denjenigen Regeln zu beurteilen, die bei natürlichen Personen und Personengesellschaften für die Abgrenzung der auf Einkunftserzielung gerichteten Tätigkeit von der steuerlich unbeachtlichen "Liebhaberei" gelten.

Die von dem Betrieb der Rinderzucht und der Weidewirtschaft zwischen 1997 und 2008 erwirtschafteten Verluste sind ein Anzeichen dafür, dass der Betrieb nach seiner Wesensart und der Art seiner Bewirtschaftung auf die Dauer gesehen nicht nachhaltig mit Gewinnen arbeiten kann. Der geschlossene Verlustzeitraum von elf Jahren erlaubt die Prognose, dass der Betrieb nicht geeignet ist, aus der Verlustzone herauszukommen und nennenswerte nachhaltige Gewinne zu erzielen. Es besteht der Anschein, dass die Antragstellerin die Rinderzucht und die Weidewirtschaft nicht aus eigenem Gewinnstreben, sondern zur Befriedigung privater Interessen ihrer Gesellschafter, die vor Aufnahme der Rinderzucht bereits eine private Pferdehaltung unterhalten haben, betreibt.

Besteht demnach in diesem Sinne die Vermutung der "Liebhaberei", so können die Verluste als verdeckte Gewinnausschüttungen dem Einkommen der Gesellschaft außerbilanziell hinzuzurechnen sein. Die vorliegend dargelegte Vermutung für einen Liebhabereibetrieb reicht im summarischen Aussetzungsverfahren aus, ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Bescheide, deren Festsetzungen dem Grunde, aber nicht der Höhe nach angegriffen werden, zu verneinen.

Linkhinweis:

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FG Hamburg Newsletter vom 31.3.2011
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