28.05.2020

Das Sortenschutzrecht ist ein Recht i.S. des § 8 Nr. 1 Buchst. f Satz 1 GewStG

§ 10 Abs. 1 SortSchG vermittelt dem Sortenschutzinhaber (§ 8 SortSchG) eine geschützte Rechtsposition, Vermehrungsmaterial der geschützten Sorte zu erzeugen, für Vermehrungszwecke aufzubereiten, in den Verkehr zu bringen, ein- oder auszuführen oder hierfür aufzubewahren. Überlässt ein Züchter dieses Recht zeitlich befristet einem Saatguthersteller gegen Lizenzzahlung, liegt eine Rechteüberlassung i.S. des § 8 Nr. 1 Buchst. f Satz 1 GewStG vor. Bei der Rechteüberlassung eines Züchters an einen Saatguthersteller handelt es sich nicht um eine sog. Vertriebslizenz i.S. des § 8 Nr. 1 Buchst. f., Klammerzusatz Alt. 3 GewStG. Denn der Saatguthersteller nutzt die Lizenz zur Herstellung von Vermehrungsmaterial für den Verkauf. Dieses Recht wird nicht unverändert an die Landwirte weitergegeben, da diese im Gegensatz zum Saatguthersteller nicht befugt sind, Vermehrungsmaterial zu erzeugen.

Kurzbesprechung
BFH v. 19.12.2019 ‑ III R 39/17

GewStG § 8 Nr. 1 Buchst. f
SortSchG § 10 Abs. 1


Streitig war, ob Lizenzzahlungen für die Überlassung von Sortenschutzrechten in den Streitjahren 2009 bis 2013 dem Gewerbeertrag hinzuzurechnen sind.

Dem Gewinn aus Gewerbebetrieb wird gemäß § 8 Nr. 1 GewStG ein Viertel der Summe aus den dort unter den Buchst. a bis f benannten Aufwendungen hinzugerechnet, soweit sie bei der Ermittlung des Gewinns abgesetzt worden sind und soweit die Summe den Betrag von 100.000 € übersteigt. Hinzugerechnet wird dabei auch ein Viertel eines Viertels der Aufwendungen für die zeitlich befristete Überlassung von Rechten, insbesondere Konzessionen und Lizenzen, mit Ausnahme von Lizenzen, die ausschließlich dazu berechtigen, daraus abgeleitete Rechte Dritten zu überlassen (§ 8 Nr. 1 Buchst. f Satz 1 GewStG). Denn eine Sachkapitalüberlassung kann nicht nur durch die Vermietung und Verpachtung von Wirtschaftsgütern, sondern auch durch die zeitlich befristete Überlassung von Rechten erfolgen; der einheitlich mit 25 % des zu zahlenden Entgelts pauschalierte Nettoertrag der befristeten Überlassung wird dabei als im nutzenden Gewerbebetrieb erwirtschaftet behandelt und mit Gewerbesteuer belastet.

Im Streitfall erfüllten die Zahlungen der Steuerpflichtigen den Hinzurechnungstatbestand i.S. des § 8 Nr. 1 Buchst. f Satz 1 GewStG. Es lag eine zeitlich befristete Überlassung von Rechten vor.

Rechte i.S. des § 8 Nr. 1 Buchst. f Satz 1 GewStG sind Immaterialgüterrechte, d.h. subjektive Rechte an unkörperlichen Gütern mit selbständigem Vermögenswert, die eine Nutzungsbefugnis enthalten und an denen eine geschützte Rechtsposition - ein Abwehrrecht - besteht. Als Rechte, die gegen Lizenzzahlung überlassen werden können, kommen - wie im Streitfall - auch die geschützten Rechte nach dem SortSchG in Betracht. Denn durch § 10 Abs. 1 SortSchG wird eine geschützte Rechtsposition vermittelt. Hiernach ist allein der Sortenschutzinhaber (§ 8 SortSchG) berechtigt, Vermehrungsmaterial der geschützten Sorte zu erzeugen, für Vermehrungszwecke aufzubereiten, in den Verkehr zu bringen, ein- oder auszuführen oder hierfür aufzubewahren.

Im Streitfall stand fest, dass nach der Produktions-, Vertriebs- und Lizenzvereinbarung der Steuerpflichtigen von der X - GmbH das exklusive Recht zur Produktion und zum Vertrieb überlassen wird, wenn diese erklärt, die jeweilige Sorte in die Vermarktung aufzunehmen.

Das Recht, nach § 10 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a SortSchG Vermehrungsmaterial der geschützten Sorte zu erzeugen und in den Verkehr zu bringen, wurde der Steuerpflichtigen auch zeitlich befristet gegen Lizenzzahlungen überlassen.

Im Streitfall kam auch die Rückausnahme des § 8 Nr. 1 Buchst. f GewStG für Lizenzen, die ausschließlich dazu berechtigen, daraus abgeleitete Rechte Dritten zu überlassen, nicht zum Tragen. Lizenzen, die ausschließlich dazu berechtigen, daraus abgeleitete Rechte Dritten zu überlassen, liegen bei sog. Vertriebslizenzen oder Durchleitungsrechten vor, bei denen nur das Recht zum Absatz und Vertrieb bestimmter Produkte oder Dienstleistungen an den Lizenznehmer übertragen wird. Eine solche Vertriebslizenz ist nur dann gegeben, wenn der Lizenznehmer die eingeräumten Rechte nicht selbst nutzt (z.B. in Form der Herstellung oder Produktion) oder verändert oder und er stattdessen die Rechte unverändert weitergibt. Denn nur in diesen Fällen ist der Lizenznehmer einem Handelsvertreter gleichzustellen.

Im Streitfall wurde der Steuerpflichtigen das Recht zur Produktion des Vermehrungsmaterials übertragen. Dieses hatte sie ausgeübt, indem sie durch Einschaltung von Dienstleistern und Vermehrern das Vermehrungsmaterial für sich zum Verkauf produzierte. Durch diese Nutzung der Produktionslizenz zur Erzeugung des Vermehrungsmaterials war die Steuerpflichtige nicht als Handelsvertreterin, sondern selbst als Produzentin des Vermehrungsmaterials anzusehen. Schon dies schloss die Rückausnahme für Vertriebslizenzen in § 8 Nr. 1 Buchst. f GewStG aus.
Verlag Dr. Otto Schmidt
Zurück