25.04.2013

Differenz der Einlagenrückzahlung gegenüber Anschaffungskosten als nachträglich bekannt gewordene Tatsache

Vereinnahmt ein i.S.v. § 17 Abs. 1 EStG beteiligter Steuerpflichtiger Zurückzahlungen aus einem steuerlichen Einlagekonto i.S.d. § 27 KStG und erklärt er im Rahmen seiner Veranlagung keinen Veräußerungsgewinn, sondern legt dem Finanzamt nur eine Steuerbescheinigung über die zurückgezahlten Beträge vor, kann die Behörde einen ohne Berücksichtigung eines Veräußerungsgewinns ergangenen Einkommensteuerbescheid nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO ändern. Voraussetzung ist, dass ihr nachträglich bekannt wird, dass die zurückgezahlten Einlagen die Anschaffungskosten übersteigen.

BFH 19.2.2013, IX R 24/12
Der Sachverhalt:
Der Kläger hatte im Jahr 2003 Anteile (70 %) an einer GmbH von deren Muttergesellschaft im Rahmen eines Insolvenzplanverfahrens der GmbH erworben. Der Nominalwert betrug 179.000 €. Im Anschluss daran wurde eine Kapitalerhöhung vorgenommen, an der der Kläger mit 31.000 e beteiligt war. Im Streitjahr 2006 erhielt der Kläger Ausschüttungen aus dem steuerlichen Einlagekonto i.H.v. 1,4 Mio. €.

In seiner unter Mitwirkung einer Steuerberatungsgesellschaft angefertigten Steuererklärung für das Streitjahr machte der Kläger keine Angaben zu der Ausschüttung oder über seine Anschaffungskosten der Beteiligung und legte auch keine Gewinnermittlung vor. Beigefügt war allerdings eine Steuerbescheinigung der GmbH. Darin bescheinigte diese den ausgezahlten Betrag.

Das Finanzamt berücksichtigte zunächst keine Einkünfte aus § 17 EStG. Infolge einer Außenprüfung gelangte es allerdings zu der Auffassung, dass der Kläger durch die Ausschüttung einen Veräußerungsgewinn nach § 17 Abs. 4 EStG von 1,36 Mio. € erzielt habe, der nach dem Halbeinkünfteverfahren gem. § 3 Nr. 40 S. 1c EStG zur Hälfte zu versteuern sei. Dementsprechend änderte die Steuerbehörde den Einkommensteuerbescheid unter Berufung auf § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO.

Die hiergegen gerichtete Klage blieb in allen Instanzen erfolglos.

Die Gründe:
Die Voraussetzungen des § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO lagen vor. Danach sind Steuerbescheide zu ändern, soweit Tatsachen oder Beweismittel nachträglich bekannt werden, die zu einer höheren Steuer führen. Tatsachen i.S.d. Vorschrift sind Lebensvorgänge, die insgesamt oder teilweise einen gesetzlichen Steuertatbestand oder das einzelne Merkmal eines solchen Tatbestands erfüllen.

Sind die zurückgezahlten Beträge aus dem steuerlichen Einlagekonto i.S.d. § 27 KStG niedriger als die Anschaffungskosten, mindern sie die Anschaffungskosten der Beteiligung erfolgsneutral, führen also per se nicht zu steuerbaren Einnahmen. Erst dann, wenn der Steuerpflichtige   später  einen Steuertatbestand i.S.d. § 17 EStG erfüllt, erfasst das Gesetz die zurückgezahlte Einlage mit dem wegen geminderter Anschaffungskosten höheren Veräußerungsgewinn. Liegen die Voraussetzungen eines Steuertatbestands i.S.d. § 17 Abs. 1 oder Abs. 4 EStG aber nicht vor, werden die zurückgezahlten Beträge aus dem steuerlichen Einlagekonto steuerneutral mit den (höheren) Anschaffungskosten verrechnet. Deshalb handelt es sich bei der Zurückzahlung von Beträgen aus dem steuerlichen Einlagekonto i.S. des § 27 KStG nicht um eine steuerbare Einnahme, sondern um eine Position, welche die Anschaffungskosten der Beteiligung mindert.

Im vorliegenden Fall wusste das Finanzamt mit seiner bloßen Erkenntnis des Rückzahlungsbetrags ohne Kenntnis der Anschaffungskosten nichts von einer steuerbaren Einnahme gem. § 17 Abs. 4 S. 1 u. 2 EStG. Dieses Wissen hätte ihm erst der entsprechende Eintrag in der Anlage GSE oder eine Gewinnermittlung durch den Kläger vermittelt. Auch aus den weiteren Akten ergaben sich keinerlei Anhaltspunkte über die Höhe der Anschaffungskosten. In der Tat wurde der notarielle Vertrag über die Übertragung erst nach Abschluss der Veranlagung, Anfang März 2008, Bestandteil der Akten.

Infolgedessen konnte das Finanzamt davon ausgehen, dass sich die Rückzahlung lediglich steuerneutral auswirke. Ihm wurde die steuererhöhende Tatsache steuerbarer Einnahmen als der positiven Differenz der Rückgewähr von Einlagen gegenüber den Anschaffungskosten nachträglich durch die Außenprüfung bekannt. Es war auch nicht nach Treu und Glauben daran gehindert, die Berichtigung durchzuführen. Der Kläger konnte sich nicht auf Treu und Glauben berufen, weil er seiner Mitwirkungspflicht nicht in vollem Umfang nachgekommen war.

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