22.08.2025

Einbringungsgeborene Anteile und verrechenbare Verluste

1. Bei der Ermittlung des Gewinns aus der Veräußerung einbringungsgeborener Anteile nach § 21 Abs. 1 Satz 1 des Umwandlungssteuergesetzes vom 01.01.1995 (UmwStG 1995) gilt als Anschaffungskosten der Wert, mit dem die Kapitalgesellschaft das bei der Umwandlung eingebrachte Betriebsvermögen ansetzt.
2. Das gilt auch dann, wenn der Wert zu niedrig angesetzt wurde, weil bei der Umwandlung die Zwangsaufstockung nach § 20 Abs. 2 Satz 4 UmwStG 1995 versäumt wurde.
3. Der auf den Umwandlungsstichtag festgestellte verrechenbare Verlust eines Kommanditisten der einbringenden KG im Sinne von § 15a des Einkommensteuergesetzes mindert den Gewinn aus der Veräußerung einbringungsgeborener Anteile nicht.

Kurzbesprechung
BFH v. 19.3.2025 - X R 5/22

EStG § 15a Abs 2, EStG § 15a Abs 4 S 1
UmwStG 1995 § 21 Abs 1 S 1, UmwStG 1995 § 20 Abs 2 S 4,
UmwStG 2006 § 27 Abs 3 Nr. 2
GG Art 3 Abs 1
UmwG § 190 Abs 1, UmwG § 191 Abs 1 Nr. 1, UmwG § 191 Abs 1 Nr. 2, UmwG § 202 Abs 1 Nr. 2 S 1, UmwG § 202 Abs 2


1. Veräußerung einbringungsgeborener Anteile

Werden Anteile an einer Kapitalgesellschaft veräußert, die der Veräußerer oder bei unentgeltlichem Erwerb der Anteile der Rechtsvorgänger durch eine Sacheinlage (§ 20 Abs. 1 und § 23 Abs. 1 bis 4 UmwStG 1995) unter dem Teilwert erworben hat (einbringungsgeborene Anteile), so gilt gemäß § 21 Abs. 1 Satz 1 UmwStG 1995 der Betrag, um den der Veräußerungspreis nach Abzug der Veräußerungskosten die Anschaffungskosten (§ 20 Abs. 4 UmwStG 1995) übersteigt, als Veräußerungsgewinn im Sinne des § 16 EStG.

Sacheinlage im Sinne von § 20 Abs. 1 Satz 1 UmwStG 1995 ist die Einbringung eines Betriebs oder Teilbetriebs oder eines Mitunternehmeranteils in eine unbeschränkt körperschaftsteuerpflichtige Kapitalgesellschaft gegen den Erhalt neuer Anteile an Letzterer.

§ 21 Abs. 1 Satz 1 UmwStG 1995 stellt somit den Gewinn aus der Veräußerung einbringungsgeborener Anteile einem Veräußerungsgewinn im Sinne des § 16 EStG gleich. Diese Regelung führt folglich dazu, dass die stillen Reserven bei Anteilen, bei denen die zugrundeliegende Sacheinlage unter dem Teilwert angesetzt wurde, der Besteuerung unterliegen, und zwar ‑‑ anders als nach § 17 EStG ‑‑ ohne Rücksicht auf die Höhe der Beteiligung des Gesellschafters. In den Fällen des Formwechsels einer Personengesellschaft in eine Kapitalgesellschaft im Sinne des § 190 UmwG gelten §§ 20 bis 23 UmwStG 1995 entsprechend (§ 25 Satz 1 UmwStG 1995).

Nach § 27 Abs. 3 Nr. 2 i.V.m. Abs. 2 UmwStG 2006 ist auf den Veräußerungsvorgang § 21 UmwStG 1995 auch im Streitjahr 2017 weiterhin anwendbar.

Nach § 27 Abs. 3 Nr. 2 Satz 1 UmwStG 2006 i.d.F. des Jahressteuergesetzes 2024 vom 02.12.2024 (BGBl I 2024, Nr. 387) ist § 21 UmwStG in der am 21.05.2003 geltenden Fassung für einbringungsgeborene Anteile im Sinne von § 21 Abs. 1 UmwStG, die auf einem Einbringungsvorgang beruhen, auf den § 27 Abs. 2 UmwStG 2006 anwendbar war, letztmals anzuwenden, wenn das die Besteuerung auslösende Ereignis vor dem 01.01.2025 eintritt.

Nach § 27 Abs. 2 Satz 1 UmwStG 2006 ist das UmwStG 1995 in der zuletzt durch das Steuervergünstigungsabbaugesetz vom 16.05.2003 (BGBl I 2003, 660) geänderten Fassung letztmals auf Umwandlungen und Einbringungen anzuwenden, bei denen die Anmeldung zur Eintragung in das für die Wirksamkeit des jeweiligen Vorgangs maßgebende öffentliche Register bis zum 12.12.2006 erfolgt ist.

Im Streitfall war der Formwechsel der KG in die GmbH bereits im Jahr 2001 erfolgt, so dass durch die Veräußerung der Anteile an der GmbH durch den Steuerpflichtigen im Streitjahr 2017 ein Veräußerungsgewinn nach § 21 Abs. 1 Satz 1 UmwStG 1995 i.V.m. § 27 Abs. 3 Nr. 2 UmwStG 2006 realisiert worden war. Somit ist das die Besteuerung auslösende Ereignis vor dem 1.1.2025 eingetreten.

2. Berücksichtigung von verrechenbaren Verlusten 8 § 15a EStG

Im Streitfall hatte das FA zutreffend den Veräußerungsgewinn nicht um die festgestellten verrechenbaren Verluste reduziert. Denn das Berechnungsschema in § 21 Abs. 1 Satz 1 UmwStG 1995 sieht die Berücksichtigung des Verlustes nicht vor. Auch eröffnet § 15a EStG den Abzug des Verlustes nicht, da Gegenstand der Veräußerung kein Kommanditanteil war (. Eine Gleichstellung des GmbH-Anteils mit der früheren Kommanditbeteiligung ist weder nach der Gesetzessystematik noch nach dem Sinn und Zweck der beiden Vorschriften geboten. Ob die verrechenbaren Verluste des Steuerpflichtigen mit dem Formwechsel auf die GmbH übergegangen waren, konnte der BFH offen lassen.
Verlag Dr. Otto Schmidt