30.03.2012

Eingetragene Lebenspartner haben vorläufig Anspruch auf Eintragung der Lohnsteuerklasse III

Für eingetragene Lebenspartner ist die nach dem Gesetzeswortlaut nur für Ehegatten geltende Lohnsteuerklasse III - bei Vorliegen der sonstigen Voraussetzungen - auf der Lohnsteuerkarte vorläufig einzutragen. Das gilt zumindest bis zu einer Klärung der Verfassungsmäßigkeit des Ausschlusses eingetragener Lebenspartner von Ehegatten begünstigenden Regelungen im Lohn- und Einkommensteuerrecht (sog. Ehegattensplitting) durch das BVerfG in dort bereits anhängigen Verfahren.

FG Schleswig-Holsteinischen 9.12.2011, 5 V 213/11 u.a.
Der Sachverhalt:
In den zwei vorliegenden Fällen wollte jeweils eine Partnerin einer eingetragenen Lebenspartnerschaft auf ihrer Lohnsteuerkarte für das Jahr 2011 die nach dem Gesetzeswortlaut Ehegatten vorbehaltene günstigere Lohnsteuerklasse III eintragen lassen. Dies lehnten die jeweiligen Finanzämter allerdings ab.

Das FG gab den Anträgen auf vorläufigen Rechtsschutz statt und ordnete die vorläufige Eintragung der begehrten Lohnsteuerklasse auf der Lohnsteuerkarte an.

Bereits mit Entscheidung vom 28.6.2011 (Az. 3 K 217/08) hatte das FG - vor dem Hintergrund des Grunderwerbsteuerrechts - erkannt, dass eingetragene Lebenspartner grundsätzlich Ehegatten gleichzustellen seien. Aus diesem Grund ist nach Auffassung des FG § 3 Nr. 4 GrEStG in der bis zum 13.12.2010 geltenden Fassung verfassungswidrig. Diese Vorschrift sah vor, dass Grundstücksübertragungen zwischen Ehegatten grunderwerbsteuerfrei bleiben, solche zwischen eingetragenen Lebenspartnern aber nicht. Mit der genannten Entscheidung hatte das FG das Verfahren dem BVerfG zur Entscheidung vorgelegt. Es ist dort noch unter dem Az.: 1 BvL 19/11 anhängig.

Die Gründe:
Es bestanden ernstliche Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit des Ausschlusses  eingetragener Lebenspartner von den Regelungen im EStG zur Lohnsteuerklasseneinteilung, die Ehegatten begünstigen. Das gilt zumindest bis zu einer Klärung der Verfassungsmäßigkeit des Ausschlusses eingetragener Lebenspartner von Ehegatten begünstigenden Regelungen im Lohn- und Einkommensteuerrecht (sog. Ehegattensplitting) durch das BVerfG in dort bereits anhängigen Verfahren.

Die Zweifel ergaben sich insbesondere aus einer BVerfG-Entscheidung vom 21.7.2010 zur Erbschaftsteuer (Az.:1 BvR 611/07 u.a.). Darin war eine verfassungswidrige Ungleichbehandlung von Ehe und eingetragenen Lebenspartnerschaften angenommen worden. Darüber hinaus begründeten aber auch eine Entscheidung des EuGH vom 10.5.2011 (C -147/08) sowie diverse in jüngerer Zeit ergangene finanzgerichtliche Entscheidungen Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der bestehenden gesetzlichen Regelung. Angesichts der relativ geringen Anzahl betroffener Fälle stand schließlich das öffentliche Interesse an einer geordneten Haushaltsführung einer vorläufigen Gewährung der günstigeren Lohnsteuerklasse für eingetragene Lebenspartner bis zur abschließenden Klärung durch das Bundesverfassungsgericht nicht entgegen.

FG Schleswig-Holsteinischen Newsletter v. 29.3.2012
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