10.02.2014

Einheitlicher Erwerbsgegenstand im Grunderwerbsteuerrecht

Eine umfangreiche Vorplanung seitens der Veräußererseite reicht für sich allein nicht aus um anzunehmen, dass der Erwerber das - im Zeitpunkt des Erwerbs noch unbebaute oder unsanierte - Grundstück im bebauten oder sanierten Zustand erwirbt. Hinzukommen muss, dass die auf der Veräußererseite handelnden Personen auch zur Veränderung des körperlichen Zustands des Grundstücks verpflichtet sind.

BFH 27.11.2013, II R 56/12
Der Sachverhalt:
Mit notariell beurkundetem Kaufangebot von März 2004 bot eine aus zwei Personen bestehende Erbengemeinschaft B an, ein Grundstück zu einem feststehenden Kaufpreis zu erwerben oder Dritte als Käufer zu benennen. Gemäß einer Baubeschreibung der Architekten von Oktober 2004 sollte auf dem Grundstück ein Wohngebäude neu errichtet werden. Die Architekten berechneten die Gesamtbaukosten und erstellten einen Teilungsplan für die spätere Aufteilung des Gebäudes in Wohnungseigentum.

Mit Gesellschaftsvertrag von April 2005 errichteten der Kläger, seine Ehefrau und weitere Personen eine GbR. Nach dem Gesellschaftsvertrag sollten die Gesellschafter das Grundstück zu Miteigentum erwerben, gemeinsam bebauen und in Eigentumswohnungen aufteilen. Die Bebauung sollte sich an der Objektbeschreibung, der Baubeschreibung, dem Teilungsvertrag und der Kostenberechnung der Architekten orientieren. Die Baukosten waren im Vertrag ausdrücklich als Schätzung bezeichnet und sollten anteilig den Gesellschaftern zugerechnet werden. Die GbR sollte ohne weiteren Beschluss mit Abschluss aller Bauarbeiten beendet sein.

Zur Führung der Geschäfte bestellten die Gesellschafter B, zum Baubetreuer P. Mit notarieller Urkunde von April 2005 benannte B die Gesellschafter der GbR als Käufer des Grundstücks und nahm für diese Personen das Kaufangebot an. Im Mai 2005 schloss die GbR, vertreten durch B und P, mit den Architekten einen Architektenvertrag. Im selben Monat beantragte die GbR bei der zuständigen Aufsichtsbehörde die Erteilung einer Baugenehmigung zur Errichtung des Wohngebäudes. Von September 2005 (Rohbau) bis November 2006 (Dach, Sanitär, Wärmedämmung) schloss P im Namen und im Auftrag der GbR Einzelverträge mit unterschiedlichen Bauhandwerkern über die Ausführung der Gewerke zur Errichtung des Gebäudes ab.

Das Finanzamt gelangte auf der Grundlage der eingereichten Unterlagen zu der Auffassung, die Verträge zur Errichtung des Wohnhauses stünden im Zusammenhang mit dem Grundstückskaufvertrag und seien daher als sog. einheitliches Vertragswerk zu beurteilen. Dementsprechend setzte das Finanzamt die Grunderwerbsteuer für den Kläger unter Einbeziehung seines Anteils an den Baukosten auf 3.790 € fest. Davon entfielen 286 € auf den anteiligen Kaufpreis für das unbebaute Grundstück.

Das FG wies die hiergegen gerichtete Klage ab. Auf die Revision des KLägers job der BFH das Urteil auf und gab der Klage statt.

Die Gründe:
Finanzamt und FG sind zu Unrecht davon ausgegangen, dass die anteiligen Bauerrichtungskosten in die Bemessungsgrundlage für die Grunderwerbsteuer einzubeziehen sind. Es fehlt die dafür erforderliche Verpflichtung der Veräußererseite, das Grundstück körperlich zu verändern.

Nach § 8 Abs. 1 i.V.m. § 9 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG richtet sich die als Bemessungsgrundlage der Grunderwerbsteuer anzusetzende Gegenleistung nach dem Gegenstand des Erwerbsvorgangs. Der Gegenstand des Erwerbsvorgangs wird zunächst durch das den Steuertatbestand des § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG erfüllende zivilrechtliche Verpflichtungsgeschäft bestimmt. Ergibt sich jedoch aus weiteren Vereinbarungen, die mit diesem Rechtsgeschäft in einem rechtlichen oder zumindest objektiv sachlichen Zusammenhang stehen, dass der Erwerber das beim Abschluss des Kaufvertrags unbebaute Grundstück in bebautem Zustand erhält, bezieht sich der grunderwerbsteuerrechtliche Erwerbsvorgang auf diesen einheitlichen Erwerbsgegenstand.

Ein solcher einheitlicher Erwerbstatbestand liegt auch vor, wenn auf der Veräußererseite mehrere Personen aufgrund eines abgestimmten Verhaltens auf den Abschluss sowohl des Grundstückskaufvertrags als auch der Verträge, die der Bebauung des Grundstücks dienen, hinwirken und diese zur Veränderung des körperlichen Zustands des Grundstücks verpflichtet sind. Fehlt es jedoch an einer solchen Verpflichtung, betrifft die vom Erwerber geschuldete Vergütung aus den geschlossenen Verträgen nicht den Erwerb des bebauten Grundstücks, sondern lediglich Dienstleistungen im Zusammenhang mit dem vom Erwerber selbst herzustellenden Gebäude, die Lieferung beweglicher Gegenstände (z.B. Baumaterialien) oder die Bereitstellung von Planungsunterlagen. Solche Leistungen unterliegen nicht der Grunderwerbsteuer.

Auf die Frage, ob das Grundstück sowie die sonstigen Dienst- und Sachleistungen von der Veräußererseite einheitlich angeboten wurden, kommt es beim Fehlen einer Herstellungs- oder Sanierungsverpflichtung der Veräußererseite ebenso wenig an wie darauf, ob die Verträge in einem objektiv engen sachlichen Zusammenhang stehen und der Erwerber bei Abschluss des Grundstückskaufvertrags hinsichtlich der konkreten Bebauung des Grundstücks rechtlich oder auch nur wirtschaftlich gebunden war. Ausgehend von diesen Grundsätzen ist das FG im Streitfall zu Unrecht davon ausgegangen, dass der Kläger das Grundstück im bebauten Zustand erworben hat und die Bauerrichtungskosten in die Bemessungsgrundlage für die Grunderwerbsteuer einzubeziehen sind.

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