04.02.2021

Einstweiliger Rechtsschutz bei Versagung der formellen Satzungsmäßigkeit

Beantragt eine steuerbegünstigte Körperschaft gemäß § 60a Abs. 2 Nr. 1 AO die Feststellung der Satzungsmäßigkeit, um Zuwendungsbestätigungen nach § 63 Abs. 5 AO i.V.m. § 50 Abs. 1 EStDV ausstellen zu können, ist einstweiliger Rechtsschutz nicht durch AdV (§ 69 FGO), sondern durch einstweilige Anordnung (§ 114 FGO) zu gewähren.

Kurzbesprechung
BFH v. 27.10.2020 - VIII R 18/17

AO § 60a Abs. 1 u. 2, § 63 Abs. 5
FGO § 69, § 114
EStDV § 50 Abs. 1
FGO § 40 Abs. 1


Beantragt eine steuerbegünstigte Körperschaft gemäß § 60a Abs. 2 Nr. 1 AO die Feststellung der Satzungsmäßigkeit, um Zuwendungsbestätigungen nach § 63 Abs. 5 AO i.V.m. § 50 Abs. 1 EStDV ausstellen zu können, ist einstweiliger Rechtsschutz nicht durch AdV (§ 69 FGO), sondern durch einstweilige Anordnung (§ 114 FGO) zu gewähren.

Die Abgrenzung der beiden Rechtsschutzarten nach §§ 69, 114 FGO richtet sich danach, welche Klage in einem Hauptsacheverfahren zu erheben wäre. Handelt es sich um eine Anfechtungsklage, ist vorläufiger Rechtsschutz durch die Aussetzung oder Aufhebung der Vollziehung zu gewähren, bei einer Verpflichtungsklage ist demgegenüber eine einstweilige Anordnung (§ 114 FGO) zu erlassen.

Die beiden Klagearten unterscheiden sich durch ihr Rechtsschutzziel. Nach § 40 Abs. 1 FGO ist die Anfechtungsklage auf eine Änderung eines Verwaltungsakts und die Verpflichtungsklage auf den Erlass eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts gerichtet. Dabei dient die Anfechtungsklage der Abwehr hoheitlicher Eingriffe, während die Verpflichtungsklage als Sonderfall der Leistungsklage im Gegensatz hierzu darauf gerichtet ist, den eigenen Rechtskreis zu erweitern.

Nach allgemeiner Auffassung ist bei der erstmaligen Ablehnung einer gesonderten Feststellung nach § 60a AO in einem Hauptsacheverfahren Verpflichtungsklage zu erheben. Auf dieser Grundlage soll vorläufiger Rechtsschutz durch einstweilige Anordnung gemäß § 114 FGO erfolgen. Dies entspricht der bisherigen BFH-Rechtsprechung vor Inkrafttreten von § 60a AO. Dem schließt sich der BFH nun für den Fall einer Antragstellung nach § 60a Abs. 2 Nr. 1 AO an.

Die Feststellung auf Antrag gemäß § 60a Abs. 2 Nr. 1 AO --vor der Veranlagung-- bildet die Grundlage für die Berechtigung zur Ausstellung von Zuwendungsbestätigungen nach § 63 Abs. 5 AO i.V.m. § 50 Abs. 1 EStDV. Begehrt eine steuerbegünstigte Körperschaft die Feststellung der Satzungsmäßigkeit zur Ausstellung von Zuwendungsbestätigungen, wehrt sie --anders als im Anfechtungsfall-- keinen Eingriff in ihre Rechte ab, sondern erstrebt wie in der Verpflichtungssituation eine ihr bislang nicht zustehende Begünstigung. Einstweiliger Rechtsschutz hierfür ist nur im Wege der einstweiligen Anordnung (§ 114 FGO) zu gewähren.

Dem steht das sich aus § 60a Abs. 1 Satz 2 AO ergebende zweistufige Besteuerungsverfahren nicht entgegen. Danach ist die Feststellung der Satzungsmäßigkeit für die Besteuerung der Körperschaft und der Steuerpflichtigen, die Zuwendungen in Form von Spenden und Mitgliedsbeiträgen an die Körperschaft erbringen, bindend. Wenn aber mit dem konkreten Antrag des fachkundig vertretenen Antragstellers ausdrücklich das Ziel verfolgt wird, einstweiligen Rechtsschutz zur Ausstellung von Zuwendungsbestätigungen aufgrund eines nach § 60a Abs. 2 Nr. 1 AO gestellten Antrags zu erlangen, begehrt der Antragsteller eine Erweiterung seines bisherigen Rechtskreises und macht damit ein Verpflichtungsbegehren  geltend, so dass vorläufiger Rechtsschutz nur durch einstweilige Anordnung (§ 114 FGO) zu gewähren ist. Insoweit kommt es aber auf die aus § 60a Abs. 1 Satz 2 AO folgende Bindungswirkung nicht an. Denn für das Begehren, Zuwendungsbestätigungen ausstellen zu dürfen, fehlt es an einem zweistufigen Besteuerungsverfahren.

Da im Streitfall der Antrag auf AdV unzulässig war, ist nunmehr über den Hilfsantrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zu entscheiden. Dies erfordert tatsächliche Feststellungen zu den Voraussetzungen des § 114 FGO. Diese Feststellungen muss das FG nun nachholen und nachfolgend über den Antrag entscheiden.
Verlag Dr. Otto Schmidt
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