06.02.2025

Entgelt für die drittnützige Verpfändung eines Bankguthabens und die Einräumung eines Abrufdarlehens

1. Bei einer entgeltlichen drittnützigen Verpfändung eines Bankguthabens erzielt der Sicherungsgeber als Vertragspartner des Sicherungsbestellers Einkünfte aus Leistungen (§ 22 Nr. 3 des Einkommensteuergesetzes ‑‑EStG‑‑) und keine Kapitaleinkünfte gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG.
2. Einkünfte aus Leistungen gemäß § 22 Nr. 3 EStG erzielt auch, wer einem anderen ein (nicht in Anspruch genommenes) Abrufdarlehen für einen bestimmten Zeitraum einräumt und hierfür eine Pauschalvergütung erhält.

Kurzbesprechung
BFH v. 22.10.2024 - VIII R 7/23

EStG § 20 Abs. 1 Nr. 7, EStG § 20 Abs 2 S. 1 Nr. 7, EStG § 22 Nr. 3
BGB § 1279, BGB §§ 1279 ff.


Streitig war, ob die entgeltliche Gestellung von Sicherheiten zu Einnahmen aus Kapitalvermögen oder zu sonstigen Einkünften führt. Der BFH entschied, dass derartige Entgelte nach § 22 Nr. 3 EStG zu besteuern sind.

Kapitalforderung im Sinne des § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG ist jede auf eine Geldleistung gerichtete Forderung, und zwar ohne Rücksicht auf die Dauer der Kapitalüberlassung oder den Rechtsgrund des Anspruchs. Der Tatbestand setzt die Überlassung von privatem Geldvermögen an Dritte voraus. Im Streitfall wurde jedoch kein Kapital im Sinne des gesetzlichen Tatbestands zur Nutzung überlasse, da eine drittnützige Verpfändung eines Bankguthabens an die sicherungsnehmende Bank (Pfandgläubigerin) erfolgte.

Die Verpfändung eines Rechts oder Anspruchs führt zivilrechtlich dazu, dass das verpfändete Recht (hier: die Forderung) mit einem beschränkt-dinglichen Recht belastet wird, auf das der Pfandgläubiger im Sicherungsfall zugreifen darf, um sich Befriedigung zu verschaffen. Bis zum Eintritt des Sicherungsfalls bleibt das verpfändete Recht, vorbehaltlich gesetzlicher Beschränkungen zugunsten des Pfandgläubigers, beim Verpfänder. Selbst mit dem Eintritt des Sicherungsfalls erlangt der Pfandgläubiger nicht das Vollrecht, sondern nur das Verwertungsrecht. Er darf sich durch Verwertung des Pfands dessen Wert aneignen, aber nicht das Pfand selbst. Nichts anderes gilt im Verhältnis zum Sicherungsbesteller. Dieser erlangt an dem verpfändeten Bankguthaben noch nicht einmal das potentielle Verwertungsrecht des Pfandgläubigers. Auch ihm gegenüber verbleibt das Kapitalvermögen beim Verpfänder. Den Ertrag aus der Verwertung des Absicherungspotentials des Geldkapitals erzielt der Sicherungsgeber, nicht der Sicherungsbesteller.

Auch in wirtschaftlicher Hinsicht liegt in der drittnützigen Verpfändung einer Geldforderung weder im Verhältnis zum Pfandgläubiger noch im Verhältnis zum Sicherungsbesteller eine Überlassung von Kapitalvermögen zur Nutzung vor. Das Absicherungspotential der Forderung bildet lediglich einen Ausschnitt aus den vielfältigen Nutzungsmöglichkeiten des Kapitals. Die Belastung eines Bankguthabens mit einem Pfandrecht stellt jedenfalls bis zum Eintritt des Sicherungsfalls lediglich eine mögliche künftige Beschränkung des Sicherungsgebers in dessen eigener Vermögenssphäre dar. Dieser Beschränkung steht aber weder auf Seiten des Pfandgläubigers noch auf Seiten des Sicherungsbestellers der Zugang eines aktiven Vermögenswerts gegenüber.

Das in Rede stehende Entgelt gehört auch nicht zu den Einkünften des Steuerpflichtigen aus Kapitalvermögen nach § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7 EStG. Nach dieser Vorschrift führen auch der Gewinn aus der Veräußerung von sonstigen Kapitalforderungen jeder Art im Sinne des § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG zu steuerpflichtigen Kapitalerträgen. Als Veräußerung gilt unter anderem die Abtretung der Kapitalforderung (§ 20 Abs. 2 Satz 2 EStG). Im Streitfall war weder durch die Verpfändung des Bankguthabens an die sicherungsnehmende Bank noch durch die Bereitstellung eines Geldbetrags als Abrufdarlehen eine sonstige Kapitalforderung veräußert oder abgetreten worden.

Der streitige Entgeltsbetrag gehört zu den Einkünften des Steuerpflichtigen aus Leistungen im Sinne von § 22 Nr. 3 EStG. Die Verpfändung eines Kontoguthabens (§§ 1279 ff. BGB) sowie die Bereitstellung eines Girokredits zum Abruf betreffen weder rechtlich noch wirtschaftlich eine Veräußerung und mangels endgültiger Aufgabe der Vermögenswerte auch keinen veräußerungsähnlichen Vorgang.
Verlag Dr. Otto Schmidt