Erlass von Säumniszuschlägen bei Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung
FG Hamburg v. 31.3.2025 - 3 K 161/23
Der Sachverhalt:
Über das Vermögen des Herrn A. war durch Beschluss des AG Hamburg aus dem Jahr 2018 das Insolvenzverfahren eröffnet worden. Der Kläger wurde zum Insolvenzverwalter bestellt. Dieser beantragte den Erlass sämtlicher Säumniszuschläge, die der Beklagte angemeldet hatte. Der Beklagte erließ allerdings (nur) 50% der Säumniszuschläge.
Das FG hat die hiergegen gerichtete Klage abgewiesen. Gegen das Urteil ist Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt worden. Das Verfahren ist beim BFH unter dem Az. XI B 30/25 anhängig.
Die Gründe:
Dass der Beklagte lediglich die Hälfte der verwirkten Säumniszuschläge erlassen hatte, war rechtmäßig und verletzte den Kläger nicht in seinen Rechten
Die Entscheidung über den Erlass war eine Ermessensentscheidung und unterlag gem. § 102 Satz 1 FGO lediglich einer eingeschränkten gerichtlichen Kontrolle. Zu prüfen ist bei einer Erlassablehnung nur, ob die Finanzbehörde bei ihrer Entscheidung die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten oder von ihrem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht hat. Im Einzelfall kann der Ermessensspielraum so eingeengt sein, dass nur eine Entscheidung ermessensgerecht ist (sog. Ermessensreduktion auf Null). Ist nur der Erlass eines Anspruchs aus dem Steuerschuldverhältnis ermessensgerecht, kann das Gericht gem. § 101 Satz 1 FGO die Verpflichtung zum Erlass aussprechen (st. Rspr.).
Säumniszuschläge sind nicht nur ein Druckmittel, das den Steuerpflichtigen zur rechtzeitigen Zahlung anhalten soll, sondern auch ein Instrument, um eine Gegenleistung für das Hinausschieben der Zahlung fälliger Steuern zu erhalten ("Zinsersatz") sowie um Verwaltungsaufwendungen abzugelten, die durch die nicht fristgemäße Zahlung entstehen. Verlieren Säumniszuschläge ihren Sinn als Druckmittel, weil der Steuerpflichtige zahlungsunfähig und überschuldet ist und deshalb nicht zahlen kann, kommt regelmäßig nur ein hälftiger Erlass der Säumniszuschläge in Betracht (st. Rspr.).
Weder aus der Gesetzeshistorie, noch aus aktuellen Entscheidungen des BVerfG oder des BFH ergeben sich Gründe, von dieser langjährigen und gefestigten Rechtsprechung abzuweichen. Dass bei Wegfall der Druckfunktion regelhaft die Hälfte der Säumniszuschläge erlassen wird, beruh auf einer zulässigen typisierenden Betrachtung, ohne dass es darauf ankommt, welchen Verwaltungsaufwand die Säumnis in dem konkreten Einzelfall verursacht hat. Zwar ist auch bei Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung ein weitergehender Erlass der Säumniszuschläge grundsätzlich möglich, hierfür bedarf es aber zusätzlicher besonderer Gründe persönlicher oder sachlicher Billigkeit, die das Gericht hier nicht erkennen konnte.
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Landesrecht Hamburg
Über das Vermögen des Herrn A. war durch Beschluss des AG Hamburg aus dem Jahr 2018 das Insolvenzverfahren eröffnet worden. Der Kläger wurde zum Insolvenzverwalter bestellt. Dieser beantragte den Erlass sämtlicher Säumniszuschläge, die der Beklagte angemeldet hatte. Der Beklagte erließ allerdings (nur) 50% der Säumniszuschläge.
Das FG hat die hiergegen gerichtete Klage abgewiesen. Gegen das Urteil ist Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt worden. Das Verfahren ist beim BFH unter dem Az. XI B 30/25 anhängig.
Die Gründe:
Dass der Beklagte lediglich die Hälfte der verwirkten Säumniszuschläge erlassen hatte, war rechtmäßig und verletzte den Kläger nicht in seinen Rechten
Die Entscheidung über den Erlass war eine Ermessensentscheidung und unterlag gem. § 102 Satz 1 FGO lediglich einer eingeschränkten gerichtlichen Kontrolle. Zu prüfen ist bei einer Erlassablehnung nur, ob die Finanzbehörde bei ihrer Entscheidung die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten oder von ihrem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht hat. Im Einzelfall kann der Ermessensspielraum so eingeengt sein, dass nur eine Entscheidung ermessensgerecht ist (sog. Ermessensreduktion auf Null). Ist nur der Erlass eines Anspruchs aus dem Steuerschuldverhältnis ermessensgerecht, kann das Gericht gem. § 101 Satz 1 FGO die Verpflichtung zum Erlass aussprechen (st. Rspr.).
Säumniszuschläge sind nicht nur ein Druckmittel, das den Steuerpflichtigen zur rechtzeitigen Zahlung anhalten soll, sondern auch ein Instrument, um eine Gegenleistung für das Hinausschieben der Zahlung fälliger Steuern zu erhalten ("Zinsersatz") sowie um Verwaltungsaufwendungen abzugelten, die durch die nicht fristgemäße Zahlung entstehen. Verlieren Säumniszuschläge ihren Sinn als Druckmittel, weil der Steuerpflichtige zahlungsunfähig und überschuldet ist und deshalb nicht zahlen kann, kommt regelmäßig nur ein hälftiger Erlass der Säumniszuschläge in Betracht (st. Rspr.).
Weder aus der Gesetzeshistorie, noch aus aktuellen Entscheidungen des BVerfG oder des BFH ergeben sich Gründe, von dieser langjährigen und gefestigten Rechtsprechung abzuweichen. Dass bei Wegfall der Druckfunktion regelhaft die Hälfte der Säumniszuschläge erlassen wird, beruh auf einer zulässigen typisierenden Betrachtung, ohne dass es darauf ankommt, welchen Verwaltungsaufwand die Säumnis in dem konkreten Einzelfall verursacht hat. Zwar ist auch bei Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung ein weitergehender Erlass der Säumniszuschläge grundsätzlich möglich, hierfür bedarf es aber zusätzlicher besonderer Gründe persönlicher oder sachlicher Billigkeit, die das Gericht hier nicht erkennen konnte.
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