29.05.2012

Ersatz eines Maschendrahtzauns durch einen Holzlattenzaun führt nicht zu außergewöhnlichen Belastungen

Die Aufwendungen für den Ersatz eines Maschendrahtzauns durch einen blickdichten Holzlattenzaun, der als Weglaufschutz für ein autismuserkranktes Kind dienen soll, können nicht als außergewöhnliche Belastungen berücksichtigt werden. Anders als bei einem Treppenlift oder einer Rollstuhlrampe handelt es sich nicht um einen behinderungsbedingten Einsatz eines Hilfsmittels.

FG Rheinland-Pfalz 30.4.2012, 5 K 1934/11
Der Sachverhalt:
Der Sohn der Kläger leidet an einer Autismuserkrankung, die eine starke Weglauftendenz beinhaltet. Bereits im Jahr 2009 hatten die Kläger deshalb um einen Teil ihres Grundstücks als Weglaufschutz einen Maschendrahtzaun mit einem abschließbaren Tor für 350 € errichtet, was vom Finanzamt im Rahmen der Veranlagung 2009 als außergewöhnliche Belastung anerkannt wurde.

Im Streitjahr 2010 ersetzten die Kläger den auf der Grundstücksseite zu den Nachbarn gelegenen Maschendrahtzaun durch einen höheren blickdichten Holzlattenzaun. Später beantragten sie die Anerkennung der Aufwendungen für den Holzzaun i.H.v. rd. 750 € als außergewöhnliche Belastungen. Unter Vorlage einer ärztlichen Bescheinigung wurde dies damit begründet, dass die Umzäunung wegen der Autismuserkrankung des Sohnes notwendig gewesen sei, um eine Selbstgefährdung des Kindes
zu verhindern.

Da Finanzamt lehnte diesmal die begehrte Berücksichtigung der Aufwendungen bei den außergewöhnlichen Belastungen ab. Es war der Ansicht, es handele sich weder um mittelbare noch um unmittelbare Krankheitskosten. Die Kläger hielten dagegen, der geschlossene Weglaufzaun sei - ähnlich einem Rollstuhl oder einer Rollstuhlrampe - ein Hilfsmittel, um die Krankheit des Sohnes erträglicher zu machen. Infolgedessen seien die Kosten zwangsläufig entstanden.

Das FG wies die Klage ab. Die Revision zum BFH wurde nicht zugelassen. Das Urteil ist allerdings noch nicht rechtskräftig.

Die Gründe:
Das Finanzamt hatte zu Recht, die Aufwendungen für den Holzzaun i.H.v. rd. 750 € nicht als außergewöhnliche Belastungen anerkannt.

Ziel der außergewöhnlichen Belastungen ist es, zwangsläufige Mehraufwendungen für den existenznotwendigen Grundbedarf zu berücksichtigen, die sich wegen ihrer Außergewöhnlichkeit einer pauschalen Erfassung in allgemeinen Freibeträgen entziehen würden. Ausgeschlossen sind dabei die üblichen Aufwendungen der Lebensführung, die in Höhe des Existenzminimums durch den Grundfreibetrag abgegolten werden.

Aufwendungen zur Errichtung eines Gartenzauns können hingegen nicht in diesem Sinne als außergewöhnlich angesehen werden, da ein Gartenzaun zu den üblichen baulichen Anlagen eines Eigenheims gehört. Die Kosten dafür gehören somit zu den üblichen Kosten der Lebensführung. Außerdem hatte das Beweisverfahren ergeben, dass es sich um einen dekorativ gestalteten, traditionellen Holzlattenzaun handelt. Die Weglauftendenz des Sohnes mag zwar generell für die Beurteilung der Zwangsläufigkeit einer außergewöhnlichen Belastung von Bedeutung sein, das ändert aber nichts daran, dass den Klägern durch die Errichtung des Zaunes keine höheren Aufwendungen entstanden waren, als der überwiegenden Anzahl der Steuerpflichtigen.

Letztlich war im vorliegenden Fall nicht ersichtlich, dass mit dem errichteten Holzzaun - der sich nur auf einem kleinen Teil des Grundstücks erstreckt - der Weglauftendenz des Kindes tatsächlich wirksam begegnet werden kann. Soweit der Zaun Schutz vor dem Hund des Nachbarn bieten soll, konnte nicht ausschließlich die Behinderung des Kindes als maßgeblichen Beweggrund für seine Errichtung angesehen werden. Schließlich schützt der Zaun in dieser Funktion vor einer von außen kommenden von der Behinderung unabhängigen Gefahr. Infolgedessen handelt es sich - anders als bei einem Treppenlift oder einer Rollstuhlrampe - nicht um einen behinderungsbedingten Einsatz eines Hilfsmittels.

FG Rheinland-Pfalz PM vom 29.5.2012
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