22.08.2013

Fahrergestellung führt dem Grunde nach zu einem lohnsteuerrechtlich erheblichen Vorteil

In Fällen, in denen der Arbeitgeber seinem Arbeitnehmer für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte einen Fahrer stellt, ist dem Grunde nach von einem lohnsteuerrechtlich erheblichen Vorteil auszugehen. Der Vorteil bemisst sich grundsätzlich nach dem üblichen Endpreis am Abgabeort einer vergleichbaren von fremden Dritten erbrachten Leistung.

BFH 15.5.2013, VI R 44/11
Der Sachverhalt:
Im Rahmen einer bei seinem Arbeitgeber durchgeführten Lohnsteuer-Außenprüfung wurde festgestellt, dass der Kläger in den Streitjahren 2001 bis 2003 ein Dienstfahrzeug mit Fahrer zur Verfügung hatte, das er auch für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte nutzen konnte. Auf der Grundlage eines als mangelhaft beurteilten Fahrtenbuches gelangte der Prüfer zu der Überzeugung, dass der Kläger an vielen Tagen direkte Fahrten zwischen seinem Wohnort und seiner Tätigkeitsstätte durchgeführt habe. Die Behörde war der Auffassung, dass der Nutzungsvorteil nach der sog. 0,03 %-Zuschlagsregelung anzusetzen sowie für die Vorteile aus der Fahrergestellung um 50 % zu erhöhen sei. Sie ermittelte einen bisher vom Arbeitgeber nicht versteuerten Arbeitslohn i.H.v. 1.220 DM (2001) und jeweils 3.736 € (2002, 2003).

Das Finanzamt schloss sich dem an, änderte aber im Klageverfahren die Einkommensteuerfestsetzungen, indem es mit der Entfernungspauschale Werbungskosten i.H.v. jeweils 1.802 € berücksichtigte und die Einkommensteuern dementsprechend herabsetzte. Der Kläger war aber weiterhin der Ansicht, dass für die Fahrten kein geldwerter Vorteil anzusetzen sei, weil sie zur Erfüllung der Dienstpflichten durchgeführt worden seien. Dem Kläger habe auch kein personengebundenes Fahrzeug zur Verfügung gestanden, sondern ein Fahrzeug des Fuhrparks, mit dem auch andere Dienstgeschäfte erfüllt worden seien.

Das FG wies die Klage ab. Auf die Revision des Klägers hob der BFH das Urteil auf und wies die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das FG zurück.

Die Gründe:
Die bisherigen Feststellungen tragen nicht die Entscheidung, dass der Kläger mit dem ihm überlassenen Dienstwagen arbeitstäglich Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte durchgeführt hat.

Regelmäßige Arbeitsstätte i.S.d. § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 4 EStG ist nur der ortsgebundene Mittelpunkt der dauerhaft angelegten beruflichen Tätigkeit des Arbeitnehmers und damit der Ort, an dem der Arbeitnehmer seine aufgrund des Dienstverhältnisses geschuldete Leistung zu erbringen hat. Nach früherer BFH-Rechtsprechung konnte ein Arbeitnehmer auch mehrere regelmäßige Arbeitsstätten nebeneinander innehaben. Diese Rechtsprechung hat der Senat jedoch zwischenzeitlich aufgegeben (u.a. Urt. v. 19.1.2012, VI R 23/11). Infolgedessen kann der ortsgebundene Mittelpunkt der beruflichen Tätigkeit des Arbeitnehmers nur an einem Ort liegen.

Ist der Arbeitnehmer in mehreren betrieblichen Einrichtungen des Arbeitgebers tätig, sind die Umstände des Einzelfalles zu würdigen und der ortsgebundene Mittelpunkt der beruflichen Tätigkeit zu bestimmen. Hierbei ist insbesondere zu berücksichtigen, welcher Tätigkeitsstätte der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber zugeordnet wurde, welche Tätigkeit er an den verschiedenen Arbeitsstätten im Einzelnen wahrnimmt oder wahrzunehmen hat und welches konkrete Gewicht dieser Tätigkeit zukommt. Allein der Umstand, dass der Arbeitnehmer eine Tätigkeitsstätte im zeitlichen Abstand immer wieder aufsucht, reicht für die Annahme einer regelmäßigen Arbeitsstätte jedenfalls dann nicht aus, wenn der Steuerpflichtige fortdauernd und immer wieder verschiedene Betriebsstätten seines Arbeitgebers aufsucht.

Das FG hatte nicht beachtet, dass ein Arbeitnehmer nicht mehr als eine regelmäßige Arbeitsstätte innehaben kann, auch wenn er fortdauernd und immer wieder verschiedene Betriebsstätten seines Arbeitgebers aufsucht. Die Vorentscheidung war deshalb aufzuheben. Allerdings ließen die bisher getroffenen Feststellungen keine Beurteilung zu, ob und gegebenenfalls wo der Kläger eine regelmäßige Arbeitsstätte innehatte und wie oft er diese mit dem Dienstwagen aufgesucht hatte. Das FG muss im weiteren Verfahren aufklären, ob der Kläger überhaupt eine regelmäßige Arbeitsstätte innehatte. Soweit der Kläger für die Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte nicht nur einen Dienstwagen, sondern auch einen Fahrer zur Verfügung hatte, führte das dem Grunde nach zu einem lohnsteuerrechtlich erheblichen Vorteil. Der Vorteil bemisst sich grundsätzlich nach dem üblichen Endpreis am Abgabeort einer vergleichbaren von fremden Dritten erbrachten Leistung.

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