29.08.2011

Fahrtkosten: Zum Anspruch auf Kindergeld für ein in Anstellung befindliches Kind mit berufsbegleitendem Studium

Nach gefestigter BFH-Rechtsprechung kann ein Arbeitnehmer, der mehrere regelmäßige Arbeitsstätten hat, die damit im Zusammenhang stehenden Fahrtkosten lediglich im Rahmen der Entfernungspauschale ansetzen. Soweit aus der BFH-Entscheidung vom 10.4.2008 (VI R 66/05) folgt, dass derjenige, der neben seiner beruflichen Tätigkeit einer Ausbildung nachgeht, anders zu behandeln ist, auch wenn er die Ausbildungsstätte regelmäßig und nicht nur vorübergehend aufsucht, begründet dies eine ungerechtfertigte Ungleichbehandlung.

FG Köln 14.7.2011, 10 K 1009/10
Der Sachverhalt:
Die Beteiligten streiten über einen Anspruch auf Kindergeld für die Monate Februar bis Dezember 2009. Der Sohn der Klägerin, geb. 26.6.1987, beendete seine Ausbildung im Juni 2008 und arbeitete anschließend bei dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin in einem Anstellungsverhältnis. Ab September 2008 nahm er ein berufsbegleitendes Studium an einer Fachhochschule aus dem Fachbereich Steuerrecht auf. Seitdem arbeitet er 28 Wochenstunden als Steuerfachangestellter und besucht an zwei bis drei Terminen je Woche (auch samstags) die Fachhochschule.

Die Familienkasse hob die in der Vergangenheit gewährte Festsetzung von Kindergeld ab Januar 2009 mit der Begründung auf, dass der Sohn voraussichtlich den maßgeblichen Grenzbetrag der Einkünfte nach § 32 Abs. 4 EStG i.H.v. 7.680 € überschreiten werde. Die Familienkasse ging insoweit von einem Gesamtbetrag der Einkünfte i.H.v. 9.756 € aus. Dabei berücksichtigte sie Werbungskosten i.H.v. 5.243 €. Gegen diesen Bescheid wurde kein fristgerechtes Einspruchsverfahren geführt.

Im Dezember 2009 beantragte die Klägerin erneut Kindergeld für ihren Sohn. Ausweislich der beigefügten Erklärung zu den Einkünften und Bezügen habe der Sohn im Jahr 2009 ein Bruttogehalt von 17.817 € abzgl. 3.630 € Sozialversicherungsbeiträge bezogen. Hiervon waren laut der Beklagten Werbungskosten i.H.v. 990 € und besondere Ausbildungskosten i.H.v. 5.240 € abzuziehen. Die Familienkasse lehnte den Antrag auf Kindergeld ab, da der maßgebliche Grenzbetrag der Einkünfte überschritten sei. Die Einnahmen betrügen 7.957 €.

Das FG wies die hiergegen gerichtete Klage ab. Die Revision zum BFH wurde wegen grundsätzlicher Bedeutung der Sache zugelassen.

Die Gründe:
Die Klägerin hat für den Streitzeitraum keinen Anspruch auf Kindergeld für ihren Sohn, da dieser die maßgebliche Grenze für Einkünfte und Bezüge gem. § 32 Abs. 4 S. 2 EStG überschritten hat.

Gem. § 32 Abs. 4 S. 2 EStG in der für den Streitzeitraum maßgeblichen Fassung wird ein Kind bzgl. der kindergeldrechtlichen Ansprüche nur dann berücksichtigt, wenn es Einkünfte und Bezüge, die zur Bestreitung des Unterhalts oder der Berufsausbildung bestimmt oder geeignet sind, von nicht mehr als 7.680 € im Kalenderjahr hat. Der Begriff der Einkünfte i.S.v. § 32 Abs. 4 S. 2 EStG entspricht dem in § 2 Abs. 2 EStG gesetzlich definierten Begriff und ist je nach Einkunftsart als Gewinn oder als Überschuss der Einnahmen über die Werbungskosten zu verstehen. Erzielt das Kind Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit, sind daher von den Bruttoeinnahmen die Werbungskosten abzuziehen.

Nach der Rechtsprechung des BFH sind Kosten für ein Studium grundsätzlich als Werbungskosten anzusehen. Das Abzugsverbot des § 12 Nr. 5 EStG greift danach nicht in dem Fall, in dem einem Hochschulstudium bereits eine abgeschlossene Ausbildung vorangegangen ist. Im vorliegenden Fall geht der Senat davon aus, dass im Hinblick auf den Sohn der Klägerin für die Fahrten zwischen Wohnung und Fachhochschule lediglich Fahrtkosten i.S.d. Entfernungspauschale des § 9 Abs. 1. S. 3 Nr. 4 EStG in Ansatz zu bringen sind. Nach den insoweit hinsichtlich der Berechnungsgrundlagen unstreitigen Berechnungen der Beklagten überschreiten die Einkünfte des Sohnes damit für Streitzeitraum den maßgeblichen Grenzbetrag des § 32 Abs. 4 S. 2 EStG, so dass kein Anspruch auf Kindergeld besteht.

Entscheidend ist dabei die Erwägung, dass der BFH in gefestigter Rechtsprechung davon ausgeht, dass ein Arbeitnehmer, der mehrere regelmäßige Arbeitsstätten hat, die damit im Zusammenhang stehenden Fahrtkosten lediglich im Rahmen der Entfernungspauschale ansetzen kann. Soweit aus der Entscheidung des VI. Senats des BFH vom 10.4.2008 (VI R 66/05) folgt, dass derjenige, der neben seiner beruflichen Tätigkeit einer Ausbildung nachgeht, anders zu behandeln ist, auch wenn er die Ausbildungsstätte regelmäßig und nicht nur vorübergehend aufsucht, begründet dies eine Ungleichbehandlung, für die der Senat keine Rechtfertigung erkennen kann.

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