18.08.2022

Fehlende Gemeinnützigkeit bei Förderung abgeschlossener Personenkreise und Satzungserfordernisse

Eine Körperschaft, die Kinderbetreuungseinrichtungen betreibt, fördert nicht die Allgemeinheit, wenn sie bei der Belegung der Plätze die Belegungspräferenz ihrer Vertragspartner, bestimmter Unternehmen, in der Weise berücksichtigt, dass sich der geförderte Personenkreis nicht mehr als Ausschnitt der Allgemeinheit darstellt. In der Satzung sind die jeweils verfolgten steuerbegünstigten Zwecke soweit wie möglich zu konkretisieren.

Kurzbesprechung
BFH v. 1.2.2022 - V R 1/20

AO § 52 Abs 1 S 2 Alt 1, § 53, § 56, § 59, § 60a, § 63 Abs 1
KStG § 5 Abs 1 Nr. 9 S 1


Im Streitfall schloss die Steuerpflichtige mit Unternehmen Verträge über die Errichtung und den Betrieb von Kinderbetreuungseinrichtungen für Kinder der Mitarbeiter der Unternehmen. Dabei sollte sie auf die Belegungspräferenz der Unternehmen Rücksicht nehmen, sofern dies mit den gesetzlichen Bestimmungen, behördlichen Auflagen und dem pädagogischen Konzept vereinbar war. Andere Personen, die nicht bei den Unternehmen beschäftigt waren, konnten einen Betreuungsplatz in Anspruch nehmen, wenn die Unternehmen aus ihrer Belegschaft keinen Bedarf hatten oder wenn Plätze länger unbelegt blieben.

Das FA vertrat die Auffassung, die Steuerpflichtige diene nicht gemeinnützigen Zwecken, da sie nicht die Allgemeinheit fördere, denn ihre Einrichtungen seien den Beschäftigten ihrer Vertragspartner vorbehalten. Die Befreiung von der Körperschaftsteuer wegen der Verfolgung gemeinnütziger Zwecke nach § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG sei daher nicht zu gewähren. Einspruch und auch die nachfolgend eingelegte Klage blieben erfolglos.

Der BFH bestätigte die klageabweisende Entscheidung der Vorinstanz. Die Tätigkeit einer gemeinnützigen Körperschaft muss gemäß § 52 Abs. 1 Satz 1 AO darauf gerichtet sein, die Allgemeinheit zu fördern. Davon ist nur dann auszugehen, wenn im Grundsatz jedermann freien Zutritt zur Körperschaft oder zu ihren Leistungen hat und sich der geförderte Personenkreis dementsprechend zumindest als Ausschnitt der Allgemeinheit darstellt und die Allgemeinheit repräsentiert. Daran fehlte es bei der Steuerpflichtigen, da sie nur einen Kreis von Personen förderte, der aufgrund der Zugehörigkeit zur Belegschaft eines Unternehmens fest abgeschlossen war. Eine verbindliche "Restplatzquote" für andere Personen als die Beschäftigten der Vertragspartner der Steuerpflichtigen gab es nicht.

Der BFH lehnte zudem eine Befreiung von der Körperschaftsteuer wegen der Verfolgung mildtätiger Zwecke (§ 53 AO) ab, weil die Steuerpflichtige nach ihrer Satzung nur gemeinnützige, nicht aber auch mildtätige Zwecke verfolgte.
Verlag Dr. Otto Schmidt
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