06.08.2020

Fehlender Hinweis auf Möglichkeit der Einspruchseinlegung per E-Mail

Weist die Rechtsbehelfsbelehrung entgegen dem Wortlaut des § 357 Abs. 1 Satz 1 AO i.d.F. des Gesetzes zur Förderung der elektronischen Verwaltung sowie zur Änderung weiterer Vorschriften vom 25.7.2013 nicht auf die Möglichkeit der elektronischen Einreichung des Einspruchs hin, ist die Rechtsbehelfsbelehrung unrichtig i.S.d. § 356 Abs. 2 AO. Die Einspruchsfrist beträgt dann ein Jahr.

BFH v. 28.4.2020 - VI R 41/17
Der Sachverhalt:
Das zuständige Prüfungsfinanzamt hatte im Juli/August 2013 bei der Klägerin eine Lohnsteuer-Außenprüfung durchgeführt. Die Behörde forderte daraufhin mit streitgegenständlichen Nachforderungsbescheid vom 29.10.2013 von der Klägerin für die Jahre 2008 bis 2011 Lohnsteuer, Solidaritätszuschlag und Kirchensteuer nach und hob zugleich den Vorbehalt der Nachprüfung auf. Der Bescheid war mit einer Rechtsbehelfsbelehrung versehen. Diese enthielt keinen Hinweis auf die Möglichkeit, den Einspruch elektronisch einzureichen.

Das Finanzamt hielt den hiergegen gerichteten Einspruch für verfristet. Wiedereinsetzung in den vorigen Stand könne wegen der schuldhaften Fehladressierung des Einspruchsschreibens nicht gewährt werden. Das FG gab der daraufhin erhobenen Klage statt. Auf die Revision des Finanzamtes hat der BFH das Urteil aufgehoben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG zurückverwiesen.

Gründe:
Das FG hat zwar im Ergebnis zu Recht entschieden, dass die Klägerin die Einspruchsfrist gewahrt hat und der angefochtene Lohnsteuernachforderungsbescheid betreffend das Mitarbeiterfest 2008 rechtswidrig ist. Ob das FG aber zu Recht davon ausgegangen ist, dass der Lohnsteuernachforderungsbescheid auch hinsichtlich des Mitarbeiterfests 2011 rechtswidrig ist, kann der erkennende Senat infolge fehlender Feststellungen nicht abschließend überprüfen.

Die Klägerin hatte den Einspruch fristgerecht eingelegt. Es galt die Jahresfrist, da die dem streitigen Lohnsteuernachforderungsbescheid beigefügte Rechtsbehelfsbelehrung i.S.v. § 356 Abs. 2 Satz 1 AO unrichtig erteilt worden war. Sie wies nämlich entgegen dem Wortlaut des § 357 Abs. 1 Satz 1 AO nicht auf die Möglichkeit der elektronischen Einreichung des Einspruchs hin.

Eine Rechtsbehelfsbelehrung ist erst dann unrichtig, wenn sie in wesentlichen Aussagen unzutreffend oder derart unvollständig oder missverständlich gefasst ist, dass hierdurch --bei objektiver Betrachtung-- die Möglichkeit zur Fristwahrung gefährdet erscheint. Eine Belehrung, die hinsichtlich der Form der Einlegung des Rechtsbehelfs nur den (unvollständigen) Wortlaut des § 357 Abs. 1 Satz 1 AO (vollständig) wiedergibt, ist aber noch vollständig und richtig. Somit musste eine Rechtsbehelfsbelehrung, wenn sie vor der zum 1.8.2013 in Kraft getretenen Neufassung des § 357 Abs. 1 Satz 1 AO ergangen ist, keinen Hinweis auf die Möglichkeit einer elektronischen Einspruchseinlegung enthalten.

Nach Änderung des § 357 Abs. 1 Satz 1 AO durch das Gesetz zur Förderung der elektronischen Verwaltung sowie zur Änderung weiterer Vorschriften vom 25.7.2013 (BGBl I 2013, 2749) zum 1.8.2013 ist der Hinweis hingegen nicht länger entbehrlich, da die Möglichkeit, den Einspruch elektronisch einzureichen, nun ausdrücklich im Gesetz genannt ist. Da der streitbefangen Bescheid nach dem 1.8.2013 ergangen war, hätte die Rechtsbehelfsbelehrung den Hinweis auf die Möglichkeit der elektronischen Einspruchseinlegung enthalten müssen.
BFH online
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