22.11.2012

Fiktive Säumnis kann Folge einer Scheckeinreichung sein

Löst das Finanzamt einen Scheck so rechtzeitig ein, dass der Zahlbetrag dem Konto des Finanzamts noch innerhalb der Zahlungsfrist gutgeschrieben wird, kann trotzdem eine Säumnis vorliegen. Auch wenn aufgrund programmgesteuerter elektronischer Datenverarbeitung der tatsächliche Zahlungseingang erfasst werden könnte, ist die Regelung verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden.

BFH 28.8.2012, VII R 71/11
Der Sachverhalt:
Die Klägerin hatte für ihr Unternehmen die für den 10.11.2010 fällige Umsatzsteuervoranmeldung abgegeben und dem Finanzamt einen Scheck ausgestellt, der dort am 8.11.2010 einging und am 10.11.2010 dem Konto der Finanzverwaltung gutgeschrieben wurde. Die Finanzbehörde erließ dennoch einen Abrechnungsbescheid, wonach ein Säumniszuschlag von 8,50 € entstanden sei, da gem. § 224 Abs. 2 Nr. 1 AO die Zahlung als erst am 11.11.2010 entrichtet gelte.

Die Klägerin war der Ansicht, § 224 Abs. 2 Nr. 1 Hs. 2 AO, wonach bei Übersendung von Schecks die Zahlung drei Tage nach dem Tag des Eingangs als entrichtet gilt, sei nicht anzuwenden, wenn die durch Scheckeinreichung entrichtete Zahlung rechtzeitig der Finanzverwaltung gutgeschrieben worden, eine Säumnis also tatsächlich nicht eingetreten sei. Das FG gab der Klage statt. Auf die Revision des Finanzamtes hob der BFH das Urteil auf und wies die Klage ab.

Die Gründe:
Das Urteil des FG verletzte Bundesrecht.

Werden Steuern nicht pünktlich bezahlt, erhebt das Finanzamt einen Säumniszuschlag von 1 % für jeden angefangenen Monat, und zwar auch dann, wenn die Zahlung nur um einen oder zwei Tage verspätet eingeht. Wann eine Steuer als "bezahlt" anzusehen ist, regelt die AO. Übergibt der Steuerpflichtige dem Finanzamt einen Bankscheck, gilt die Steuer erst am dritten Tag nach Eingang des Schecks beim Finanzamt als bezahlt. Das gilt auch dann, wenn die Bank dem Finanzamt den Steuerbetrag bereits am nächsten oder übernächsten Tag gutschreibt, der Scheck also schneller als von der Abgabenordnung (typisierend) unterstellt eingelöst wird. Auch in diesem Fall darf ein Säumniszuschlag erhoben werden.

Die Drei-Tage-Regel soll das Verwaltungsverfahren vereinfachen (das Finanzamt muss den Zahlungseingang nicht im Einzelfall ermitteln). Auch wenn aufgrund programmgesteuerter elektronischer Datenverarbeitung der tatsächliche Zahlungseingang erfasst werden könnte, ist die Regelung verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Denn der Steuerpflichtige kann die Gefahr des Entstehens von Säumniszuschlägen ohne Weiteres durch eine rechtzeitige Scheckeinreichung ausschließen. Dass entsprechende Vorkehrungen die Erhebung der Säumniszuschläge in einigen wenigen Einzelfällen gerechter gestalteten, ist ohne Bedeutung, da der Gesetzgeber nicht verpflichtet ist, stets die gerechteste aller möglichen Lösungen eines Regelungsproblems zu finden und zu verwirklichen.

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BFH PM Nr. 79 vom 21.11.2012
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