04.03.2021

Freibetrag bei unterjähriger Begründung einer GmbH & atypisch Still

Nimmt eine GmbH im laufenden Jahr eine natürliche Person als atypisch stillen Gesellschafter auf, so ist der für Einzelunternehmen und Personengesellschaften geltende Freibetrag von 24.500 € in dem an die GmbH als Geschäftsherrn zu adressierenden, die GmbH & atypisch Still betreffenden Gewerbesteuermessbescheid zu berücksichtigen. Der GmbH selbst steht der Freibetrag nicht zu; der aufgrund des von ihr vor der Aufnahme des stillen Gesellschafters erzielten Gewinns ermittelte Gewerbeertrag ist daher nicht zu kürzen.

Kurzbesprechung
BFH v. 15.7.2020 - III R 68/18

GewStG § 2, § 5 Abs. 1, § 11 Abs. 1 S. 3 Nr. 1
EStG § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2
HGB § 230 ff


Die Tätigkeit einer GmbH gilt stets und in vollem Umfang als Gewerbebetrieb (§ 2 Abs. 2 Satz 1 GewStG) und unterliegt daher der Gewerbesteuer (§ 2 Abs. 1 Satz 1 GewStG). Da sie als GmbH eine Kapitalgesellschaft ist, wird ihr Gewerbeertrag nicht um den Freibetrag für natürliche Personen und Personengesellschaften (§ 11 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 GewStG) gekürzt.

Ein stiller Gesellschafter ist Mitunternehmer i.S. des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG, wenn er Mitunternehmerinitiative entfalten kann und Mitunternehmerrisiko trägt. Nimmt - wie im Streitfall - eine GmbH einen stillen Gesellschafter auf, der als Mitunternehmer zu behandeln ist --atypisch stiller Gesellschafter--, so handelt es sich bei der dadurch entstehenden sog. "GmbH & atypisch Still" um eine "andere Gesellschaft" i.S. von § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 1 EStG, bei der die Gesellschafter als Mitunternehmer anzusehen sind.

Objektiv oder sachlich gewerbesteuerpflichtig ist dann nicht die GmbH, sondern es sind die Beteiligten des atypisch stillen Gesellschaftsvertrags (Geschäftsinhaber und stille Gesellschafter) --als Mitunternehmer-- unabhängig von ihrer fehlenden dinglichen Beteiligung am Gesellschaftsvermögen; der von ihnen gemeinschaftlich geführte Betrieb bildet einen selbständigen Steuergegenstand. Dieser Gewerbebetrieb der atypisch stillen Gesellschaft besteht neben dem selbständigen Gewerbebetrieb der GmbH; für beide Gewerbebetriebe sind von der GmbH als der Inhaberin des Unternehmens eigenständige Gewerbesteuererklärungen abzugeben.

Einer GmbH & atypisch Still ist der Freibetrag nach § 11 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 GewStG zu gewähren, obwohl der gesetzgeberische Grund des Freibetrages, die fehlende Abziehbarkeit der an Gesellschafter-Geschäftsführer gezahlten Vergütungen, bei ihr nicht zutrifft. Der Gewerbeertrag ist bei unterjähriger Begründung einer Mitunternehmerschaft um den vollen und nicht bloß um einen zeitanteiligen Freibetrag zu kürzen.

Von der sachlichen Steuerpflicht der atypisch stillen Gesellschaft ist die persönliche Steuerpflicht zu unterscheiden. Bei der stillen Gesellschaft i.S. der §§ 230 ff. HGB handelt es sich um eine Personengesellschaft in Form der Innengesellschaft. Für die atypische stille Gesellschaft gilt insoweit nichts anderes. Eine GmbH & atypisch Still kann als reine Innengesellschaft nicht Beteiligte in einem Verfahren wegen Gewerbesteuer sein, die für sie ermittelten Besteuerungsmerkmale sind deshalb in einem gegen den Geschäftsherrn --die GmbH-- als Steuerschuldner gerichteten Gewerbesteuermessbescheid zu erfassen.

Aufgrund des Fehlens eines gemeinschaftlichen Vermögens ist der Inhaber des Handelsgeschäftes, somit die GmbH, nach § 5 Abs. 1 GewStG Steuerschuldner hinsichtlich der Gewerbesteuer der atypisch stillen Gesellschaft. Die GmbH ist auch Adressat des die GmbH & atypisch Still betreffenden Gewerbesteuermessbescheids.

Im Streitfall hatte das FA zu Recht den streitbefangenen Gewerbesteuermessbescheid für 2015, der den gesamten Gewerbeertrag der Steuerpflichtigen im gesamten Erhebungszeitraum berücksichtigt, an die Steuerpflichtige gerichtet. Der zweite, nicht streitige Gewerbesteuermessbescheid, der den Gewinn der vom 18.12.2015 an bestehenden atypisch stillen Gesellschaft betrifft und auf der sachlichen Steuerpflicht der GmbH und des stillen Gesellschafters als Mitunternehmer beruht, war vom FA ebenfalls zutreffend an die Steuerpflichtige gerichtet worden. Der seit ihrer Begründung, d.h. dem 18.12.2015, erzielte Gewinn der Mitunternehmerschaft wurde zutreffend um den (vollen) Freibetrag nach § 11 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 GewStG gekürzt.
Verlag Dr. Otto Schmidt
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