04.05.2023

Geleistete Anzahlungen als Verwaltungsvermögen i.S. des § 13b ErbStG

Geleistete Anzahlungen sind jedenfalls dann keine "anderen Forderungen" i.S. von § 13b Abs. 2 Satz 2 Nr. 4a ErbStG a.F., wenn sie nicht für den Erwerb von Verwaltungsvermögen geleistet wurden.

Kurzbesprechung
BFH v. 1. 2. 2023 - II R 36/20

ErbStG § 13b Abs 2 S 2 Nr. 4a
HGB § 266 Abs 2, § 266 Abs 3


Zum Verwaltungsvermögen gehört u.a. nach § 13b Abs. 2 Satz 2 Nr. 4a ErbStG a.F. der nach Abzug des gemeinen Werts der Schulden verbleibende Bestand an Zahlungsmitteln, Geschäftsguthaben, Geldforderungen und anderen Forderungen, soweit er 20 % des anzusetzenden Werts des Betriebsvermögens des Betriebs oder der Gesellschaft übersteigt. Die Summen der gemeinen Werte der Wirtschaftsgüter des Verwaltungsvermögens i.S. des § 13b Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 bis 5 ErbStG a.F. werden gesondert festgestellt (§ 13b Abs. 2a Satz 1 und 2 ErbStG a.F. i.V.m. § 152 Nr. 1 bis 3 BewG).

Die Auslegung des Begriffs der "anderen Forderungen" im Sinne dieser Vorschrift ist umstritten. Nach Auffassung des BFH sind mit "anderen Forderungen" i.S. des § 13b Abs. 2 Satz 2 Nr. 4a ErbStG a.F. in erster Linie Forderungen gemeint, die auf Zahlungsmittel gerichtet sind. Die Vorschrift erfasst Sachleistungsansprüche jedenfalls dann nicht, wenn diese Ansprüche auf Wirtschaftsgüter gerichtet sind, die ihrerseits, wären sie bereits zum Stichtag aktiviert, kein Teil des Verwaltungsvermögens nach § 13b Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 bis 4, Nr. 5 ErbStG a.F. wären.

"Geleistete Anzahlungen" i.S. von § 266 Abs. 2 HGB sind danach keine "anderen Forderungen" i.S. von § 13b Abs. 2 Satz 2 Nr. 4a ErbStG a.F. Die als Bilanzposition eigener Art erfassten "geleisteten Anzahlungen" dienen der bilanziell zutreffenden Erfassung schwebender Geschäfte.

Anzahlungen sind Vorleistungen auf eine von dem anderen Vertragspartner noch zu erbringende Lieferung oder Leistung. Leistet der Unternehmer eine Anzahlung, so hat er einen Sach- bzw. Dienstleistungsanspruch (Forderung) gegenüber demjenigen, der die Anzahlung erhalten hat. Infolge des Verbots der Bilanzierung von Ansprüchen aus schwebenden Geschäften wird jedoch nicht der Sach- oder Dienstleistungsanspruch selbst beim Vorleistenden aktiviert, sondern die geleistete Anzahlung. Der Bilanzausweis dient dazu, das gestörte Gleichgewicht der Vertragsbeziehungen bilanziell abzubilden, da Ansprüche aus schwebenden Geschäften grundsätzlich nicht ausgewiesen werden dürfen.

Die als "geleistete Anzahlungen" bilanzierten Aktiva sind keine "anderen Forderungen" i.S. des § 13b Abs. 2 Satz 2 Nr. 4a ErbStG a.F. und können diesen auch nicht gleichgestellt werden.

Im Streitfall hatte das FG im Ergebnis zutreffend entschieden, dass die "geleisteten Anzahlungen" zu Unrecht als Verwaltungsvermögen i.S. des § 13b Abs. 2 Satz 2 Nr. 4a Satz 1 ErbStG a.F. berücksichtigt wurden. Denn es war nicht ersichtlich, dass die geleistete Anzahlung sich bereits in einen Rückgewähr- oder Schadenersatzanspruch verwandelt hätte. Ob im Ergebnis etwas anderes gälte, wenn die Anzahlungen für den Erwerb von Gegenständen des Verwaltungsvermögens erbracht worden wären, konnte im Streitfall dahingestellt bleiben, da die Anzahlungen im Zusammenhang mit der Errichtung eines Verwaltungsgebäudes und im Zusammenhang mit der laufenden Geschäftstätigkeit der Steuerpflichtigen ersichtlich nicht auf den Erwerb von Verwaltungsvermögen gerichtet waren.
Verlag Dr. Otto Schmidt
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