13.07.2012

Gemeinden dürfen Bettensteuer nicht auf beruflich zwingend erforderliche Übernachtungen erheben

Gemeinden dürfen Steuern nur auf privat veranlasste entgeltliche Übernachtungen erheben, nicht aber auf solche, die beruflich zwingend erforderlich sind. Fehlt in einer entsprechenden gemeindlichen Satzung jegliche Regelung, wie berufsbedingte Übernachtungen von privaten zu unterscheiden sind und wie entsprechende Angaben kontrolliert werden sollen, so ist sie insgesamt unwirksam.

BVerwG 11.7.2012, 9 CN 1.11 u.a.
Der Sachverhalt:
Die Antragsteller betreiben Hotels in Trier bzw. Bingen am Rhein. Sie wenden sich mit ihren Normenkontrollanträgen gegen die Erhebung einer Kultur- und Tourismusförderabgabe (sog. "Bettensteuer"), die beide Städte aufgrund gemeindlicher Satzungen seit 1.1.2011 als örtliche Aufwandsteuer (Art. 105 Abs. 2a GG) von Übernachtungsgästen fordern, die aber von den Beherbergungsbetrieben zu entrichten ist. Der Steuersatz in Trier beträgt 1 € je Übernachtung und Gast; in Bingen liegt er zwischen 1 und 3 €.

Das OVG Koblenz wies die Anträge ab und befand die umstrittenen Satzungen für rechtmäßig. Übernachtungen in Beherbergungsbetrieben seien mit einem über den Grundbedarf hinausgehenden, der persönlichen Lebensgestaltung zuzuordnenden finanziellen Aufwand verbunden, der von den Gemeinden besteuert werden dürfe. Auf die hiergegen gerichteten Revisionen der Antragsteller hob das BVerwG die Urteile des OVG auf und gab den Anträgen statt.

Die Gründe:
Die angegriffenen Satzungen sind unwirksam.

Die Kulturförderabgabe auf Übernachtungen ist eine örtliche Aufwandsteuer nach Art. 105 Abs. 2a GG. Nach ständiger Rechtsprechung des BVerfG und des BVerwG erfassen Aufwandsteuern die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit, die darin zum Ausdruck kommt, dass die Verwendung von Einkommen für den persönlichen Lebensbedarf (Konsum) über die Befriedigung des allgemeinen Lebensbedarfs hinausgeht. Diese Voraussetzung liegt zwar vor bei entgeltlichen Übernachtungen aus privaten, insbes. touristischen Gründen. Sie fehlt aber bei entgeltlichen Übernachtungen, die beruflich zwingend erforderlich sind. Solche Übernachtungen dienen bei einer wertenden Betrachtung nicht der Verwendung, sondern der Erzielung von Einkommen und unterliegen daher nicht der Aufwandbesteuerung.

Eine Aufwandsteuer darf darüber hinaus einer bundesgesetzlich geregelten Steuer nicht gleichartig sein. Die Aufwandsteuern für privat veranlasste Übernachtungen sind nach einer Gesamtbewertung nicht als gleichartig mit der Umsatzsteuer anzusehen. Zwar weisen sie Ähnlichkeiten mit der Umsatzsteuer auf, unterscheiden sich jedoch von ihr erheblich: Sie erfassen den Steuergegenstand "Entgelt für Übernachtung" nur in einem Teilbereich (private Übernachtung) und werden nach den hier angegriffenen Satzungen nur zeitlich begrenzt für vier bzw. sieben zusammenhängende Übernachtungstage erhoben, während die Umsatzsteuer alle Lieferungen und sonstigen Leistungen des Unternehmers betrifft und ohne eine derartige zeitliche Grenze anfällt. Die Satzungen sehen einen Steuerpauschalbetrag vor, während die Umsatzsteuer sich nach einem Hundertsatz vom Übernachtungsentgelt berechnet; zudem wird die Übernachtungssteuer anders als die Umsatzsteuer nur von Erwachsenen erhoben.

Die Satzungen sind gleichwohl nicht nur teilweise, sondern in vollem Umfang unwirksam, weil sie nicht teilbar sind. Es fehlt jegliche Regelung, wie berufsbedingte Übernachtungen von privaten zu unterscheiden sind und wie entsprechende Angaben kontrolliert werden sollen. Das führt zur Ungewissheit über die Besteuerungsvoraussetzungen, die auch nicht für eine Übergangszeit hingenommen werden kann.

Linkhinweis:

Auf den Webseiten des BVerwG finden Sie die Pressemitteilung hier.

BVerwG PM Nr. 71 vom 11.7.2012
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