Gesetzeslücke bei der Schenkungsteuer ermöglichte steuerfreie Wertverschiebungen bis zur Einführung des § 7 Abs. 9 ErbStG
FG Hamburg v. 15.10.2024 - 3 K 134/22
Der Sachverhalt:
Die zwischenzeitlich verstorbene Mutter der Klägerin, die Klägerin sowie ihre zwei Brüder beauftragten im März 2017 eine GmbH mit dem Nachweis einer KGaA, die diese erwerben wollten. Die Mutter der Klägerin, die zu diesem Zeitpunkt bereits schwer und unheilbar erkrankt war, beabsichtigte, ihr Vermögen in der KGaA zu bündeln und auf ihre Kinder zu übertragen. Zwischen den Beteiligten ist nach der durchgeführten disquotalen Einlage in die ungebundene Kapitalrücklage der KGaA streitig, ob diese einen schenkungsteuerpflichtigen Vorgang darstellt.
Das FG gab der Klage statt. Die Entscheidung ist noch nicht rechtskräftig. Die beim BFH anhängige Revision des Finanzamts wird dort unter dem Az. II R 32/24 geführt.
Die Gründe:
Eine disquotale Einlage in die ungebundene Kapitalrücklage einer KGaA stellt mit Blick auf die persönlich haftenden Gesellschafter (phG) der KGaA keinen schenkungsteuerpflichtigen Vorgang dar. Die Einlage in die ungebundene Kapitalrücklage der KGaA erfüllt weder den Tatbestand des § 7 Abs. 8 Satz 1 ErbStG noch den Tatbestand des § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG.
Die mit Gesetz vom 27.3.2024 neu eingeführte Vorschrift in § 7 Abs. 9 ErbStG ist auf den Streitfall aus dem Jahr 2017 nicht anwendbar, da sie keine rückwirkende Anwendung findet. Der Gesetzgeber hat mit Art. 28 Nr. 2 des Wachstumschancengesetzes, das am 28.3.2024 in Kraft getreten ist, in § 7 Abs. 9 Satz 1 ErbStG eine neue Vorschrift eingeführt, wonach als Schenkung auch die Werterhöhung einer Beteiligung eines phG einer KGaA gilt, die eine an der Gesellschaft unmittelbar oder mittelbar beteiligte Person oder Stiftung durch eine Leistung einer anderen Person an die Gesellschaft erlangt. Der zeitliche Anwendungsbereich für die neu eingeführte Vorschrift wurde nicht geregelt, sodass diese im Ergebnis nur Anwendung auf solche Tatbestände findet, die nach dem Inkrafttreten der Vorschrift am 28.3.2024 verwirklicht worden sind.
Weder aus dem Gesetz selbst noch aus der Gesetzesbegründung ergibt sich eindeutig ein rückwirkender Geltungswille des Gesetzgebers. Vielmehr folgt aus der Gesetzesbegründung, dass der Gesetzgeber eine rückwirkende Anwendung des § 7 Abs. 9 ErbStG nicht für erforderlich gehalten hat, da es sich aus seiner Sicht nur um eine klarstellende Regelung ohne eigenen Regelungsgehalt handelt. Daher kann auch offenbleiben, ob eine rückwirkende Anwendung des § 7 Abs. 9 ErbStG verfassungsrechtlich zulässig wäre. Es liegt i.Ü. darüber hinaus auch kein Gestaltungsmissbrauch i.S.d. § 42 AO vor.
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FG Hamburg NL 4/2024
Die zwischenzeitlich verstorbene Mutter der Klägerin, die Klägerin sowie ihre zwei Brüder beauftragten im März 2017 eine GmbH mit dem Nachweis einer KGaA, die diese erwerben wollten. Die Mutter der Klägerin, die zu diesem Zeitpunkt bereits schwer und unheilbar erkrankt war, beabsichtigte, ihr Vermögen in der KGaA zu bündeln und auf ihre Kinder zu übertragen. Zwischen den Beteiligten ist nach der durchgeführten disquotalen Einlage in die ungebundene Kapitalrücklage der KGaA streitig, ob diese einen schenkungsteuerpflichtigen Vorgang darstellt.
Das FG gab der Klage statt. Die Entscheidung ist noch nicht rechtskräftig. Die beim BFH anhängige Revision des Finanzamts wird dort unter dem Az. II R 32/24 geführt.
Die Gründe:
Eine disquotale Einlage in die ungebundene Kapitalrücklage einer KGaA stellt mit Blick auf die persönlich haftenden Gesellschafter (phG) der KGaA keinen schenkungsteuerpflichtigen Vorgang dar. Die Einlage in die ungebundene Kapitalrücklage der KGaA erfüllt weder den Tatbestand des § 7 Abs. 8 Satz 1 ErbStG noch den Tatbestand des § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG.
Die mit Gesetz vom 27.3.2024 neu eingeführte Vorschrift in § 7 Abs. 9 ErbStG ist auf den Streitfall aus dem Jahr 2017 nicht anwendbar, da sie keine rückwirkende Anwendung findet. Der Gesetzgeber hat mit Art. 28 Nr. 2 des Wachstumschancengesetzes, das am 28.3.2024 in Kraft getreten ist, in § 7 Abs. 9 Satz 1 ErbStG eine neue Vorschrift eingeführt, wonach als Schenkung auch die Werterhöhung einer Beteiligung eines phG einer KGaA gilt, die eine an der Gesellschaft unmittelbar oder mittelbar beteiligte Person oder Stiftung durch eine Leistung einer anderen Person an die Gesellschaft erlangt. Der zeitliche Anwendungsbereich für die neu eingeführte Vorschrift wurde nicht geregelt, sodass diese im Ergebnis nur Anwendung auf solche Tatbestände findet, die nach dem Inkrafttreten der Vorschrift am 28.3.2024 verwirklicht worden sind.
Weder aus dem Gesetz selbst noch aus der Gesetzesbegründung ergibt sich eindeutig ein rückwirkender Geltungswille des Gesetzgebers. Vielmehr folgt aus der Gesetzesbegründung, dass der Gesetzgeber eine rückwirkende Anwendung des § 7 Abs. 9 ErbStG nicht für erforderlich gehalten hat, da es sich aus seiner Sicht nur um eine klarstellende Regelung ohne eigenen Regelungsgehalt handelt. Daher kann auch offenbleiben, ob eine rückwirkende Anwendung des § 7 Abs. 9 ErbStG verfassungsrechtlich zulässig wäre. Es liegt i.Ü. darüber hinaus auch kein Gestaltungsmissbrauch i.S.d. § 42 AO vor.
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