14.09.2016

Gesundheitsbewusstes Verhalten mindert nicht den Sonderausgabenabzug

Erstattet eine gesetzliche Krankenkasse dem Steuerpflichtigen im Rahmen eines Bonusprogramms gem. § 65a SGB V von ihm getragene Kosten für Gesundheitsmaßnahmen, liegt hierin eine Leistung der Krankenkasse, die nicht mit den als Sonderausgaben abziehbaren Krankenversicherungsbeiträgen des Steuerpflichtigen zu verrechnen ist. Damit widerspricht der BFH ausdrücklich der Auffassung der Finanzverwaltung (vgl. BMF-Schreiben vom 19.8.2013, BStBl I 2013, 1087), die in allen Krankenkassenleistungen aufgrund eines Bonusprogramms eine Beitragserstattung gesehen hat.

BFH 1.6.2016, X R 17/15
Der Sachverhalt:
Nach dem "Bonusmodell VorsorgePLUS" können Mitglieder der BKK dafür, dass sie bestimmte kostenfreie Vorsorgemaßnahmen in Anspruch nehmen, zwischen zwei Bonusvarianten wählen: Nach der ersten Variante erhalten die beitragszahlenden Mitglieder pro Kalenderjahr 40 € von der BKK ausbezahlt. Nach der streitgegenständlichen zweiten Variante beteiligt sich die BKK mit einem Zuschuss von jährlich bis zu 150 € an den Kosten für Vorsorge- oder Gesundheitsmaßnahmen, wie etwa Brillen und Kontaktlinsen, Massagen, Behandlungen beim Heilpraktiker, homöopathische Arzneimittel sowie Nahrungsergänzungsmittel, die von den Versicherten privat finanziert werden.

Die Kläger hatten die Krankenversicherungsbeiträge als Sonderausgaben gem. § 10 Abs. 1 Nr. 3 S. 1a EStG geltend gemacht. Das Finanzamt sah in diesem Zuschuss eine Erstattung von Krankenversicherungsbeiträgen und verrechnete ihn mit den in diesem Jahr gezahlten Beiträgen. Dementsprechend ging die Steuerbehörde davon aus, dass auch die abziehbaren Sonderausgaben entsprechend zu mindern seien.

Das FG gab der hiergegen gerichteten Klage statt, da es sich nicht um die Erstattung von Beiträgen handele. Die Revision des Finanzamtes blieb vor dem BFH erfolglos.

Die Gründe:
Das FG hatte zu Recht entschieden, dass die von der BKK geleistete Bonuszahlung weder mit den als Sonderausgaben abziehbaren Krankenversicherungsbeiträgen der Klägerin verrechnet werden konnte noch bei ihr zu steuerpflichtigen Einkünften führte.

Die streitgegenständliche Bonuszahlung führte gerade nicht dazu, dass sich an der Beitragslast der Versicherten zur Erlangung des Basiskrankenversicherungsschutzes etwas änderte. Die Zahlung hatte ihren eigentlichen Rechtsgrund in einer Leistung der Krankenkasse, nämlich der Erstattung der von den Versicherten getragenen gesundheitsbezogenen Aufwendungen. Die Bonuszahlung stand nicht im unmittelbaren Zusammenhang mit den Beiträgen zur Erlangung des Basiskrankenversicherungsschutzes, sondern stellte eine Erstattung der vom Steuerpflichtigen getragenen gesundheitsbezogenen Aufwendungen dar. Unerheblich war, dass die Krankenkasse die Bonuszahlung als erstatteten Beitrag angesehen und elektronisch im Wege des Kontrollmeldeverfahrens übermittelt hatte. Dem kam nämlich keine Bindungswirkung zu.

Mit diesem Urteil, das sich lediglich auf die Bonusvariante in Form einer Kostenerstattung bezogen hatte, widersprach der Senat ausdrücklich der Auffassung der Finanzverwaltung (vgl. BMF-Schreiben vom 19.8.2013, BStBl I 2013, 1087), die in allen Krankenkassenleistungen aufgrund eines Bonusprogramms eine Beitragserstattung gesehen hatte. Im Gegensatz zur Auffassung des BMF kann der notwendige Zusammenhang zwischen der Bonusleistung und dem (Basis-)Krankenversicherungsschutz auch nicht dadurch hergestellt werden, dass der Bonus nur gewährt wird, weil Vorsorgeleistungen des gesetzlichen Basisversicherungsschutzes in Anspruch genommen werden müssen und wurden. Der wegen der intendierten Beitragsreduzierung vom BMF vorgenommene Vergleich der Bonuszahlungen gem. § 65a SGB V mit den Aufwendungen für Krankheitskosten aufgrund von Selbstbehalten und Eigenbeteiligungen konnte den Senat ebenfalls nicht zu überzeugen.

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BFH PM Nr. 61 vom 14.9.2016
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