22.06.2011

Golfvereine können sich hinsichtlich der Umsatzsteuerfreiheit für Einzelunterricht auf Unionsrecht berufen

Gemeinnützige Golfvereine können sich hinsichtlich des Einzelunterrichts, den sie durch angestellte Golflehrer gegenüber ihren Mitgliedern gegen Entgelt erbringen, unmittelbar auf Art. 13 Teil A Abs. 1m der Richtlinie 77/388/EWG berufen. Denn das UStG hat diese Bestimmung in § 4 Nr. 22b UStG bislang nicht vollständig umgesetzt und der Unterricht dient der Erlangung und Vervollkommnung derjenigen Fähigkeiten, die für die regelgerechte Ausübung der jeweiligen Sportart benötigt werden.

BFH 2.3.2011, XI R 21/09
Der Sachverhalt:
Der Kläger ist ein gemeinnütziger Golfclub. Auf seiner Anlage dürfen nur Personen spielen, die auf dem Platz selbst die Platzreife erworben haben oder über einen Ausweis des Deutschen Golf-Verbandes verfügen. Im Streitjahr 2000 beschäftigte er angestellte Golflehrer, die seinen Mitgliedern gegen Entgelt Golfeinzelunterricht erteilten. In seiner Umsatzsteuererklärung behandelte der Kläger diese Umsätze als steuerfrei.

Das Finanzamt ging letztlich davon aus, dass der Golfeinzelunterricht weder steuerbefreit sei noch dem ermäßigten Steuersatz nach § 12 Abs. 2 Nr. 8a UStG 1999 unterliege. Das FG wies die hiergegen gerichtete Klage ab. Auf die Revision des Klägers hob der BFH das Urteil auf und wies die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das FG zurück.

Die Gründe:
Zwar hatte das FG für die Erteilung von Einzelunterricht durch die beim Kläger angestellten Golflehrer zu Recht die Umsatzsteuerfreiheit nach § 4 Nr. 22b UStG verneint. Denn die Leistungen stellten keine "Veranstaltung" i.S.d. Vorschrift dar. Eine solche umfasst keine Nutzungsüberlassung von Sportgegenständen bzw. -anlagen oder lediglich eine konkrete Dienstleistung, wie die Beförderung zum Ort der sportlichen Betätigung oder ein spezielles Training für einzelne Sportler.

Ob entsprechend der Auffassung des FG die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 22a UStG gleichfalls nicht eingreift, konnte offen gelassen werden. Schließlich durfte der Kläger sich für die begehrte Steuerfreiheit unmittelbar auf Art. 13 Teil A Abs. 1m der Richtlinie 77/388/EWG berufen. Denn das UStG hat diese Bestimmung in § 4 Nr. 22b UStG bislang nicht vollständig umgesetzt. Insofern kann ein Einzelner sich nach ständiger EuGH-Rechtsprechung in Ermangelung fristgemäß erlassener Umsetzungsmaßnahmen auf Bestimmungen einer Richtlinie, die inhaltlich als unbedingt und hinreichend genau erscheinen, gegenüber allen nicht richtlinienkonformen innerstaatlichen Vorschriften berufen.

Die Voraussetzungen von Art. 13 Teil A Abs. 1m der Richtlinie 77/388/EWG waren erfüllt. Denn die Erteilung von Einzelunterricht im Golfsport ist eine Leistung, die in engem Zusammenhang mit Sport oder Körperertüchtigung steht und an Personen erbracht wird, die selbst Sport, nämlich Golf, ausüben. Der Kläger ist auch als gemeinnütziger Verein nach §§ 52, 55 AO selbstlos tätig und handelt daher ohne Gewinnstreben. Die Befreiung war auch nicht nach Art. 13 Teil A Abs. 2b 1. Gedankenstrich der Richtlinie ausgeschlossen. Denn die Dienstleistung des Klägers war unerlässlich für die Ausübung des Golfsports. Der Unterricht dient der Erlangung und Vervollkommnung derjenigen Fähigkeiten, die für die regelgerechte Ausübung der jeweiligen Sportart benötigt werden.

Die Steuerbefreiung war auch nicht aus Wettbewerbsgründen nach Art. 13 Teil A Abs. 2b 2. Gedankenstrich der Richtlinie 77/388/EWG ausgeschlossen. Denn für Tätigkeiten, die - wie hier - den Kernbereich der Befreiung nach Art. 13 Teil A Abs. 1m der Richtlinie 77/388/EWG betreffen, kommt ein solcher Ausschluss nicht in Betracht, da die Befreiung ansonsten in weiten Teilen leer liefe. Allerdings muss im weiteren Verfahren noch geprüft werden, ob der wegen der bislang angenommenen Steuerpflicht der Umsätze möglicherweise in Anspruch genommene Vorsteuerabzug infolge der nunmehr erkannten Steuerbefreiung ggf. nach § 15 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 UStG zu korrigieren ist.

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