29.07.2016

Grunderwerbsteuer bei Abtretung des Anspruchs auf Übertragung eines Gesellschaftsanteils

Die Abtretung eines kaufvertraglichen Anspruchs auf Übertragung von mindestens 95 % der Anteile an einer grundbesitzenden Gesellschaft und die Begründung der Verpflichtung dazu unterliegen nicht der Grunderwerbsteuer. Gleiches gilt für die Übertragung der Gesellschaftsanteile vom bisherigen Gesellschafter unmittelbar auf den Abtretungsempfänger. Das FG ist nicht berechtigt, den vom Finanzamt in einem Bescheid über die gesonderte Feststellung der Besteuerungsgrundlagen für die Grunderwerbsteuer zu Unrecht festgestellten Erwerbsvorgang durch einen anderen zu ersetzen.

BFH 12.5.2016, II R 26/14
Der Sachverhalt:
Die A-Bank hatte ursprünglich 100 % an der B-AG gehalten, die ihrerseits 100 % der Anteile an verschiedenen Kapitalgesellschaften hielt. Diese waren Eigentümer von in Deutschland belegenen Grundstücken. Im September 2006 verkaufte die A-Bank ihre Anteile an der B-AG an die C-Bank. Letzterer stand allerdings das Recht zu, vor dem Vollzug des Vertrages eine Gesellschaft ihrer Unternehmensgruppe als Käuferin zu benennen. Nach Erfüllung der Bedingungen und noch vor Vollzug der Transaktion benannte die C-Bank die Klägerin als Käuferin. Zur Umsetzung des ausgeübten Benennungsrechts schlossen die A-Bank, die C-Bank und die Klägerin im Dezember 2006 eine Änderungsvereinbarung. Mit notariell beurkundetem Vertrag übertrug die A-Bank ihre Anteile an der B-AG unmittelbar auf die Klägerin.

Das Finanzamt erließ gegenüber der C-Bank aufgrund des Vertrages aus September 2006 einen auf § 1 Abs. 3 Nrn. 1 u. 2 u. § 17 GrEStG gestützten Bescheid über die gesonderte Feststellung der Besteuerungsgrundlagen für die Grunderwerbsteuer. In der Anteilsübertragung aus Dezember 2006 sah das Finanzamt einen (weiteren) grunderwerbsteuerbaren Vorgang nach § 1 Abs. 3 Nrn. 1 u. 2 GrEStG und erließ gegenüber der Klägerin einen entsprechenden Bescheid über die gesonderte Feststellung der Besteuerungsgrundlagen für die Grunderwerbsteuer. Darin war die A-Bank als Veräußerin bezeichnet.

Dagegen wandte sich die Klägerin mit dem Einspruch, woraufhin das Finanzamt weitere von dem Erwerbsvorgang betroffene Grundstücke in die nunmehr auf § 1 Abs. 3 Nr. 3 GrEStG gestützte Feststellung mit einbezog und die Besteuerungsgrundlagen für die Grunderwerbsteuer gegenüber der C-Bank als Veräußerin und der Klägerin als Gesamtschuldner gesondert und einheitlich feststellte. In der Sache wies das Finanzamt den Einspruch als unbegründet zurück. Das FG wies die hiergegen gerichtete Klage ab. Auf die Revision der Klägerin hob der BFH das Urteil auf und gab der Klage statt.

Gründe:
Das FG hatte zwar zu Recht entschieden, dass der Eintritt der Klägerin in den zwischen der A-Bank und der C-Bank geschlossenen Vertrag nicht der Grunderwerbsteuer unterlag. Es durfte jedoch den vom Finanzamt festgestellten Erwerbsvorgang (§ 1 Abs. 3 Nr. 3 GrEStG) nicht durch einen anderen Erwerbsvorgang (§ 1 Abs. 3 Nr. 4 GrEStG) ersetzen. Zudem unterlag die Anteilsübertragung von der A-Bank auf die Klägerin nicht der Grunderwerbsteuer.

Die Abtretung eines kaufvertraglichen Anspruchs auf Übertragung von mindestens 95 % der Anteile an einer grundbesitzenden Gesellschaft und die Begründung der Verpflichtung dazu unterliegen nicht der Grunderwerbsteuer. Gleiches gilt für die Übertragung der Gesellschaftsanteile vom bisherigen Gesellschafter unmittelbar auf den Abtretungsempfänger. Außerdem ist ein FG nicht berechtigt, den vom Finanzamt in einem Bescheid über die gesonderte Feststellung der Besteuerungsgrundlagen für die Grunderwerbsteuer zu Unrecht festgestellten Erwerbsvorgang durch einen anderen zu ersetzen. Begehrt der Kläger die Änderung eines Feststellungsbescheids, beschränkt sich die Änderungsbefugnis des FG auf eine betragsmäßige Änderung. § 100 Abs. 2 S. 1 FGO erlaubt dem FG nicht, eine Feststellung auch in anderer Hinsicht, z.B. in Bezug auf die Person des Steuerschuldners, die Steuerart, den Veranlagungszeitraum oder den Steuergegenstand zu ändern.

Die Übertragung der Anteile an der B-AG durch den notariell beurkundeten Vertrag aus Dezember 2006 war zudem entgegen der Ansicht des FG auch nicht nach § 1 Abs. 3 Nr. 4 GrEStG steuerbar. Die Einschränkung dient nämlich nicht nur dem Schutz des Erwerbers vor einer doppelten Inanspruchnahme aufgrund der bloßen Erfüllung eines bereits zuvor begründeten schuldrechtlichen Rechtsgeschäfts, das seinerseits nach § 1 Abs. 3 Nr. 3 GrEStG der Grunderwerbsteuer unterliegt. Die Einschränkung dient vielmehr zugleich dem Interesse des Veräußerers der Anteile, der anderenfalls Gefahr liefe, als Steuerschuldner zweier auf denselben Gegenstand gerichteter Erwerbsvorgänge in Anspruch genommen zu werden.

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