09.02.2016

Grundstücksübertragung als Geschäftsveräußerung

Die für eine Geschäftsveräußerung oder für eine Teilgeschäftsveräußerung in Bezug auf ein Vermietungsunternehmen erforderliche Nachhaltigkeit der Vermietung liegt bei einer Vermietung über insgesamt 17 Monate vor. Die für die Geschäftsveräußerung notwendige Fortführung der Unternehmenstätigkeit muss bei einer mehrfachen Übertragung nur dem Grunde nach, nicht aber auch höchstpersönlich beim jeweiligen Erwerber vorliegen.

BFH 25.11.2015, V R 66/14
Der Sachverhalt:
Streitig ist, ob die klagende GbR eine steuerfreie Grundstückslieferung ausgeführt hat, die zu einer Vorsteuerberichtigung nach § 15a UStG führt, oder ob es sich um eine gem. § 1 Abs. 1a UStG nichtsteuerbare Geschäftsveräußerung handelt.
 
Gesellschafter der Klägerin waren die C-GmbH und die H-GmbH. Die beiden gem. § 714 BGB für die Klägerin vertretungsberechtigten Gesellschafter erwarben aufgrund eines notariellen Vertrages im Dezember 2004 das Grundstück R-Straße in B "in Miteigentum zu je einem Halb". Im Januar 2005 schloss die Klägerin mit der P-GmbH unter Verzicht nach § 9 UStG einen Mietvertrag über ein noch zu errichtendes Werkstatt-Gebäude ab. Mietbeginn sollte November 2005 sein. Die Klägerin errichtete auf diesem Grundstück ein Gebäude und schloss hierfür im Juli 2005 einen Bauvertrag ab, nach dem die Fertigstellung bis November 2005 erfolgen sollte. Zur Finanzierung der Baukosten traf die Klägerin im Juli 2005 eine Kreditvereinbarung mit der VB-Bank über eine Laufzeit bis Juni 2006. Als Sicherheit diente insbesondere eine für das zu bebauende Grundstück bestellte Grundschuld.

Die Gesellschafter der Klägerin bemühten sich seit März 2006 um einen Verkauf des Grundstücks. Im September 2006 schlossen sie einen notariellen Kaufvertrag mit einem April 2007 vereinbarten Lastenwechsel. Die Gesellschafter handelten dabei im eigenen Namen ohne Bezugnahme auf die Klägerin. Der Erwerber setzte das Mietverhältnis fort. Mit dem Kaufpreis wurde das von der Klägerin aufgenommene Darlehen getilgt. Nach einer Außenprüfung ging das Finanzamt davon aus, dass die Klägerin keine nachhaltige Vermietung beabsichtigt habe. Sie habe ein Gebäude in Veräußerungsabsicht errichtet. Daher liege keine Geschäftsveräußerung nach § 1 Abs. 1a UStG vor. Für die somit steuerfreie Lieferung des Grundstücks sei eine Vorsteuerberichtigung gemäß § 15a UStG vorzunehmen. Das FA erließ dementsprechend einen nach § 164 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO) geänderten Umsatzsteuerjahresbescheid 2007 vom 14. Juni 2011.

Das FG wies die hiergegen gerichtete Klage ab. Auf die Revision der Klägerin hob der BFH das Urteil auf und gab der Klage statt.

Die Gründe:
Entgegen der Entscheidung des FG liegen die Voraussetzungen einer Vorsteuerberichtigung nach § 15a UStG nicht vor, da die von der Klägerin ausgeführte Lieferung eine Geschäftsveräußerung nach § 1 Abs. 1a UStG ist.

Die Klägerin hat vorliegend das von ihr errichtete Gebäude mit der Beendigung ihrer Vermietungstätigkeit an die Grundstückseigentümer, also an ihre Gesellschafter geliefert. Dies führte zu einer gem. § 1 Abs. 1a UStG nichtsteuerbaren Teilgeschäftsveräußerung. Gegenstand der von der Klägerin ausgeführten Lieferung war nicht ein bebautes Grundstück, sondern ein auf fremdem Grund und Boden errichtetes Gebäude. Eine Lieferung des Gebäudes durch die Klägerin an die Gesellschafter bereits mit Errichtung kommt nicht in Betracht, da die Klägerin die Gefahr für das von ihr errichtete Gebäude trug. Die Klägerin verlor aufgrund der Grundstücksveräußerung durch die Gesellschafter ihre Verfügungsmacht an dem Gebäude und die Möglichkeit zur unternehmerischen Nutzung durch Vermietung.

Im Widerspruch zu der Entscheidung des FG handelte es sich bei der Lieferung des Gebäudes durch die Klägerin an ihre Gesellschafter um eine Geschäftsveräußerung nach § 1 Abs. 1a UStG. Das FG hat eine Teilgeschäftsveräußerung entgegen der Rechtsprechung des BFH verneint. Dabei hat es zwar eine Gesamtwürdigung vorgenommen, diese aber entgegen der BFH-Rechtsprechung nicht auf das übertragene Unternehmensvermögen als hinreichendes Ganzes für die Ausübung einer wirtschaftlichen Tätigkeit bezogen. Mit einer auf den Übertragungsgegenstand vorzunehmenden Gesamtwürdigung ist es nicht vereinbar, eine Teilgeschäftsveräußerung in Bezug auf den streitigen Übertragungsvorgang damit zu verneinen, dass sich der Veräußerer bei anderen Immobilientransaktionen bereits vor dem Vermietungsbeginn um einen Verkauf bemüht habe.

Die für eine Geschäftsveräußerung oder für eine Teilgeschäftsveräußerung in Bezug auf ein Vermietungsunternehmen erforderliche Nachhaltigkeit der Vermietung oder Verfestigung der Vermietung liegt bei einer Vermietung über insgesamt 17 Monate vor und lässt sich nicht dadurch in Abrede stellen, dass der Vermieter für den Zeitraum nach Abschluss der Kaufvertrages als "Vermieter auf Abruf" anzusehen sein könnte. Gegen die Annahme einer Teilgeschäftsveräußerung spricht vorliegend auch nicht, dass die Klägerin das von ihr errichtete Gebäude an ihre Gesellschafter lieferte, die es als Teil eines zivilrechtlich einheitlich bebauten Grundstücks weiterlieferten. Denn die für die Geschäftsveräußerung notwendige Fortführung der Unternehmenstätigkeit muss bei einer mehrfachen Übertragung nur dem Grunde nach, nicht aber auch höchstpersönlich beim jeweiligen Erwerber vorliegen.

Vorliegend beabsichtigte der Käufer des bebauten Grundstücks die Fortführung der Vermietungstätigkeit und hat diese auch fortgesetzt. Damit liegt die für die Geschäftsveräußerung erforderliche Fortführung der Unternehmenstätigkeit in der Kette vor. Es handelt sich hierbei nicht um ein höchstpersönliches Kriterium, das dergestalt in der Person des jeweiligen Leistungsempfängers vorliegen muss, dass er selbst in eigener Person die Fortführung der Unternehmenstätigkeit beabsichtigt.

Linkhinweis:

  • Der Volltext der Entscheidung ist auf der Homepage des BFH veröffentlicht.
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