01.07.2011

Häusliches Übezimmer eines Orchestermusikers nur eingeschränkt abziehbar

Das in der eigenen Wohnung gelegene Übezimmer eines Orchestermusikers steht einem häuslichen Arbeitszimmer gleich. Entscheidend ist, dass der Musiker den Raum zur häuslichen Vorbereitung der späteren Aufführung der Musikstücke im Rahmen seines Orchesters und damit in einer Weise nutzt, die derjenigen anderer bürotypischer Berufe vergleichbar ist.

FG Baden-Württemberg 6.4.2011, 4 K 5121/09
Der Sachverhalt:
Streitig ist, ob die Aufwendungen eines angestellten Berufsmusikers für einen häuslichen Raum, in dem er für seine Auftritte probt (sog. Übezimmer) unbegrenzt oder nach den Regelungen über die Abzugsfähigkeit der Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer nur begrenzt als Werbungskosten aus nichtselbständiger Arbeit abzugsfähig sind.

Der Kläger ist Orchestermusiker und bezieht aus dieser Tätigkeit Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Daneben erzielt er aufgrund der Teilnahme an Konzerten Einkünfte aus selbständiger Arbeit. Seine Ehefrau - die Klägerin - erzielte in den Streitjahren als Hausfrau keine Einkünfte. Die Kläger wohnten in den Streitjahren mit ihren 2003 bzw. 2005 geborenen Kindern A und B in einer angemieteten Wohnung mit einer Wohnfläche von 80 qm. Einen Raum dieser Wohnung, der eine Fläche von 14,20 qm umfasste, nutzte der Kläger in den Streitjahren als häusliches Übezimmer. Hierin befanden sich neben einem Schrank und einem Regal, in denen Noten, Musikbücher und kleinere Musikinstrumente bzw. Zubehör hierzu aufbewahrt wurden, weitere Musikinstrumente.

Die Kläger reichten ihre Einkommensteuer-Erklärungen für die Streitjahre 2004 und 2005 beim Finanzamt ein. Dabei machten sie bei den Werbungskosten des Klägers aus nichtselbständiger Arbeit die Kosten für das "Übezimmer" i.H.v. 2.103 € (2004), bzw. 1.679 € (2005) als Werbungskosten geltend. Das Finanzamt erkannte jeweils lediglich Raumkosten i.H.v. 1.250 € als Werbungskosten an. Die Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer einschließlich dessen Ausstattung (jedoch mit Ausnahme von Arbeitsmitteln) könnten nur bis 1.250 € berücksichtigt werden, weil das Arbeitszimmer nicht den Mittelpunkt der gesamten beruflichen und betrieblichen Betätigung des Klägers darstelle. Mit ihrer Klage begehren die Kläger den unbegrenzten Abzug der Aufwendungen für das häusliche Übezimmer des Klägers.

Das FG wies die hiergegen gerichtete Klage ab. Die Revision wurde wegen grundsätzlicher Bedeutung der Sache zugelassen.

Die Gründe:
Dem Kläger steht kein über den Betrag von 1.250 € hinausgehender Abzug von Werbungskosten für den von ihm beruflich genutzten Raum zu.

Das in der eigenen Wohnung gelegene Übezimmer eines Orchestermusikers steht einem häuslichen Arbeitszimmer gleich. Für die Beurteilung kommt es nicht darauf an, dass der Überaum nicht der Erledigung schriftlicher Arbeiten dient und weder mit einem Schreibtisch noch sonst mit bürotypischen Gegenständen wie etwa einem Computer oder einem Telefon ausgestattet ist. Entscheidend ist vielmehr, dass der Musiker den Raum zur häuslichen Vorbereitung der späteren Aufführung der Musikstücke im Rahmen seines Orchesters und damit in einer Weise nutzt, die derjenigen anderer bürotypischer Berufe vergleichbar ist.

Folge dieser Bewertung ist, dass die Aufwendungen für das Übezimmer regelmäßig nur bis zu 1.250 € im Jahr steuerlich geltend gemacht werden können. Nach § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 6b S. 1 i.V.m. § 9 Abs. 5 EStG in der für die Streitjahre geltenden Fassung kann ein Steuerpflichtiger Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer zwar nicht als Werbungskosten abziehen. Dies gilt aber - wie im Streitfall - nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b S. 2 i.V.m. § 9 Abs. 5 EStG dann nicht, wenn entweder die betriebliche oder berufliche Nutzung des Arbeitszimmers mehr als 50 Prozent der gesamten betrieblichen und beruflichen Tätigkeit beträgt oder wenn für die betriebliche oder berufliche Tätigkeit kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht. In diesen Fällen wird nach § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 6b S. 3 i.V.m. § 9 Abs. 5 EStG die Höhe der abziehbaren Aufwendungen auf 1.250 € begrenzt.

Linkhinweis:

FG Baden-Württemberg PM vom 9.6.2011
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