20.10.2015

Hinzurechnungsbesteuerung im Verhältnis zur Schweiz ernstlich zweifelhaft

Das FG Baden-Württemberg hat in einem Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes ernstliche Zweifel daran angemeldet, ob die sog. Hinzurechnungsbesteuerung bei Einkünften aus in der Schweiz ansässigen Zwischengesellschaften europarechtskonform ist. Im Verhältnis zur Schweiz ist das 2002 in Kraft getretene Freizügigkeitsabkommen zu beachten, zu dessen Bedeutung für das Steuerrecht bislang nur wenige Entscheidungen des EuGH ergangen sind.

FG Baden-Württemberg 12.8.2015, 3 V 4193/13
Der Sachverhalt:
Der in Deutschland wohnende Antragsteller hielt Anteile an einer schweizerischen AG, deren Geschäftsführer er auch war. Die AG betrieb in der Schweiz ein Maklerbüro, das sich mit dem An- und Verkauf, der Vermittlung und der Vermietung von Geschäftsimmobilien in Fußgängerzonen befasste. Das Finanzamt sah die AG als sog. Zwischengesellschaft an und rechnete deren Einkünfte dem Antragsteller persönlich zu.

Den Gegenbeweis des Antragstellers, dass die AG in der Schweiz einer tatsächlichen wirtschaftlichen Tätigkeit nachging (sog. Motivtest), ließ das Finanzamt nicht zu. Auch Aussetzung der Vollziehung (AdV) der Steuerforderung wollte das Finanzamt für die Dauer des Einspruchsverfahrens nicht gewähren.

Das FG gab dem Antrag statt und setzte die Vollziehung der auf die Hinzurechnungsbesteuerung entfallenden Einkommensteuer aus. Der Beschluss ist rechtskräftig.

Die Gründe:
Die Verfahrensweise des Finanzamts ist problematisch.

Die Vereinbarkeit der Hinzurechnungsbesteuerung mit den einschlägigen EU-Grundfreiheiten ist höchstrichterlich noch nicht geklärt. Soweit es um die Kapitalverkehrsfreiheit mit der Schweiz geht, ist hierzu vor dem BFH ein Revisionsverfahren anhängig, bis zu dessen Abschluss das Einspruchsverfahren des Antragstellers ruhen kann. Außerdem ist im Verhältnis zur Schweiz das 2002 in Kraft getretene Freizügigkeitsabkommen zu beachten, zu dessen Bedeutung für das Steuerrecht bislang nur wenige Entscheidungen des EuGH ergangen sind. Insoweit ist eine Vorlage der streitigen Rechtsfrage an den EuGH in Betracht zu ziehen.

Linkhinweis:

FG Baden-Württemberg NL vom 20.10.2015
Zurück