23.11.2011

Kein Kindergeld für vor mehreren Jahren ins Ausland entführte Kinder

Mütter oder Väter, deren Kinder vom anderen Elternteil ins nicht europäische Ausland entführt wurden, haben allenfalls dann Anspruch auf Kindergeld, wenn die Kinder innerhalb eines Zeitraumes von sechs Monaten nach der Entführung nach Deutschland zurückkehren. Liegt die Entführung dagegen schon Jahre zurück, besteht kein Kindergeldanspruch.

Hessisches FG 26.5.2011, 3 K 1724/10
Der Sachverhalt:
Die klagende Mutter erhielt für ihre drei Kinder zunächst Kindergeld. Im Jahre 2002 wurden die Kinder vom Kindesvater ins außereuropäische Ausland entführt, weshalb dieser im Jahre 2003 mit rechtskräftigem Strafbefehl zu einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten auf Bewährung verurteilt wurde. Zudem hob die Familienkasse im Jahre 2003 die Kindergeldfestsetzung auf.

Im Jahre 2008 beantragte die Kindesmutter erneut die Festsetzung von Kindergeld für die drei immer noch nicht zurückgekehrten Kinder. Die Kinder hätten vor der Entführung ihren festen Wohnsitz in ihrem Haushalt gehabt. Sie sei auch als Hauptbezugsperson für sämtliche Belange der Kinder zuständig gewesen und halte in ihrem großen Haus im Inland immer noch Zimmer für den Fall der nicht ausgeschlossenen Rückkehr der Kinder vor.

Die Familienkasse lehnte die Zahlung von Kindergeld ab dem Jahr 2008 mit Einspruchsentscheidung aus dem Jahre 2010 ab. Nach einem achtjährigen Auslandsaufenthalt der mittlerweile 9, 15 und 18 Jahre alten Kinder sei von der Aufgabe des Wohnsitzes in Deutschland auszugehen.

Das FG wies die hiergegen gerichtete Klage ab.

Die Gründe:
Der Kindesmutter steht für 2008 kein Kindergeld zu, weil die Kinder nach ihrer Entführung ins Ausland keinen inländischen Wohnsitz im Hause der Kindesmutter hatten.

Soweit andere FG und der BFH in Entführungsfällen eine Beibehaltung des Wohnsitzes des Kindes bejaht haben, betrifft diese Rechtsprechung Fälle, in denen die Kinder jeweils nur wenige Monate nach der Entführung nach Deutschland zurückgekehrt sind. In derartigen Fällen greift die gesetzliche Wertung in § 9 Abs. 2 AO, wonach bei einer Rückkehr innerhalb eines Zeitraumes von sechs Monaten von einer Beibehaltung des Wohnsitzes auszugehen ist.

Anders liegt es jedoch im Streitfall bei einer Entführung über mehrere Jahre, weil dann nicht mehr ein nur als vorübergehend einzustufender Auslandsaufenthalt vorliegt. Da im Streitfall auch keine besonderen Umstände vorliegen, die ein Festhalten am Inlandswohnsitz rechtfertigen könnten, steht der Klägerin ab 2008 auch kein Kindergeld mehr zu.

Linkhinweis:

Hessisches FG PM vom 22.11.2011
Zurück