04.12.2025

Kein Verstoß gegen Unionsrecht durch Beschränkung der Steuerbegünstigung des § 7i EStG auf im Inland gelegene Baudenkmale

Die Beschränkung der Steuerbegünstigung des § 7i EStG auf inländische Baudenkmale ist grundsätzlich unionsrechtskonform.

Kurzbesprechung
BFH v. 3.9.2025 - X R 19/22

EStG § 7i Abs. 1 Satz 1, § 7i Abs. 2, § 32b
AEUV Art. 49, Art. 63


Nach § 7i Abs. 1 Satz 1 EStG kann der Steuerpflichtige bei einem im Inland belegenen Gebäude, das nach den jeweiligen landesrechtlichen Vorschriften ein Baudenkmal ist, abweichend von § 7 Abs. 4 bis 5a EStG im Jahr der Herstellung und in den folgenden sieben Jahren jeweils bis zu 9 % und in den folgenden vier Jahren jeweils bis zu 7 % der Herstellungskosten für Baumaßnahmen, die nach Art und Umfang zur Erhaltung des Gebäudes als Baudenkmal oder zu seiner sinnvollen Nutzung erforderlich sind, absetzen.

Diese tatbestandlichen Voraussetzungen waren im Streitfall nicht erfüllt. Denn die Baumaßnahmen wurden nicht - wie § 7i Abs. 1 Satz 1 EStG erfordert - an einem im Inland belegenen Baudenkmal durchgeführt, sondern an einem in Polen belegenen Objekt.

Die Beschränkung der Steuerbegünstigung auf inländische Baudenkmäler ist grundsätzlich unionsrechtskonform, jedenfalls dann, wenn auch Baudenkmale erfasst werden, die zum kulturgeschichtlichen Erbe Deutschlands gehören. Der EuGH hat zu einer niederländischen Regelung, die ebenfalls die Förderung inländischer Baudenkmale zum Gegenstand hat, erkannt, dass Art. 49 AEUV Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats, nach denen zum Schutz des nationalen kulturgeschichtlichen Erbes der Abzug von Aufwendungen für Denkmalgebäude nur den Eigentümern von in seinem Hoheitsgebiet belegenen Denkmalgebäuden ermöglicht wird, grundsätzlich nicht entgegensteht, sofern auch Denkmalgebäude gefördert werden, die, auch wenn sie im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats liegen, zum nationalen kulturgeschichtlichen Erbe des erstgenannten Mitgliedstaats gehören. Das Inlandserfordernis beschränke zwar die Niederlassungsfreiheit. Es liege aber grundsätzlich keine diskriminierende Unterscheidung zwischen Gebietsansässigen und Gebietsfremden vor, weil die jeweiligen Sachverhalte nicht vergleichbar seien. Sofern - wie im dortigen Entscheidungsfall - die steuerliche Begünstigung der Erhaltung und dem Schutz des kulturgeschichtlichen Erbes des vorteilsgewährenden Mitgliedstaats diene, sei keine objektiv vergleichbare Situation zwischen Gebietsansässig und Gebietsfremden gegeben. Das gelte zumindest dann, wenn die steuerliche Begünstigung des im Inland belegenen Baudenkmals auch einem in einem anderen Mitgliedstaat wohnenden Eigentümer zustehe (EuGH-Urteil v. 18.12.2014 - C-87/13, EU:C:2014:2459, HFR 2015, 205, Rz 23 ff.).

Etwas anderes könnte nur dann gelten, wenn der Steuerpflichtige den Nachweis erbringe, dass das Gebäudedenkmal trotz seiner Lage im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats dennoch zum kulturgeschichtlichen Erbe des vorteilsgewährenden Staats gehöre und aufgrund dieses Umstands - wenn es nicht außerhalb des Hoheitsgebiets läge - Gegenstand des Schutzes des dortigen Denkmalschutzgesetzes sein könnte.

Von den gleichen Rechtsgrundsätzen ist der EuGH bei einer anhand der Vorgaben der Kapitalverkehrsfreiheit (Art. 63 AEUV) überprüften Regelung des niederländischen Schenkungsteuerrechts ausgegangen, die eine steuerliche Befreiung nur für den Fall vorsieht, dass bestimmte Anwesen im Hoheitsgebiet der Niederlande belegen sind und zum kulturhistorischen nationalen Erbe gehören.

Diese Rechtsprechung ist grundsätzlich auch bei der Auslegung von § 7i EStG zu berücksichtigen; denn die genannte Vorschrift dient dem Schutz und der Erhaltung des kulturgeschichtlichen Erbes Deutschlands.

Im Streitfall war der Steuerpflichtigen die Begünstigung des § 7i EStG für ihr in Polen gelegenes Denkmalgebäude daher zu Recht nicht gewährt worden. Die Auffassung, § 7i EStG sei bereits deshalb unionsrechtswidrig, weil die Vorschrift nicht selbst eine Ausnahme von dem Inlandserfordernis für den Fall vorsehe, dass ein zum kulturhistorischen nationalen Erbe Deutschlands gehörendes Denkmalgebäude in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union gelegen sei, trifft nicht zu. Denn der Eingriff in den Regelungsgehalt der nationalen Vorschrift beschränkt sich auf eine geltungserhaltende Reduktion. Der gänzliche Fortfall eines Tatbestandsmerkmals, das nur zum Teil oder unter bestimmten Bedingungen unionsrechtswidrig ist, wäre eine durch das Unionsrecht nicht geforderte und deshalb überschießende Korrektur, die ihrerseits im Widerspruch zu dem allgemeinen Geltungsanspruch des Gesetzes stünde.

Liegen die Voraussetzungen für die Gewährung erhöhter Absetzungen bei Baudenkmalen nach § 7i Abs. 1 EStG nicht vor und scheidet schon deshalb eine Begünstigung der Steuerpflichtigen nach dieser Vorschrift aus, kam es im Streitfall nicht mehr entscheidungserheblich darauf an, ob das in § 7i Abs. 2 EStG vorgesehene Prozedere der Bescheinigungserteilung unionsrechtswidrig sein könnte oder inwieweit spezifischen Schwierigkeiten bei der Ausstellung einer Bescheinigung, welche die Verhältnisse des Denkmalgebäudes im anderen Mitgliedstaat beträfe, gegebenenfalls durch eine unionsrechtskonforme Auslegung Rechnung getragen werden müsste.

Den Einwand, aus der für Zwecke des Progressionsvorbehalts vorzunehmenden Ermittlung der Einkünfte der in Polen ansässigen Unternehmen nach deutschem Recht folge, dass die Denkmalgebäude als in Deutschland gelegen fingiert werden müssten, ließ der BFH ebenfalls nicht gelten. Selbst wenn man unterstellte, angesichts der Überleitungsrechnung würde das in Polen ansässige Unternehmen fiktiv als in Deutschland tätig behandelt, so wäre damit nicht zwangsläufig auch die Fiktion verbunden, das Gebäude im Betriebsvermögen befände sich in Deutschland oder befände sich zwar in Polen, gehörte aber zum kulturgeschichtlichen Erbe Deutschlands. Vielmehr könnte auch zu dem Betriebsvermögen eines deutschen Betriebs jegliche andere Immobilie im Ausland gehören. Bei der Einkünfteermittlung eines solchen Betriebs wäre die erhöhte Absetzung nach § 7i EStG für eine derartige sonstige Immobilie auch nicht möglich.
Verlag Dr. Otto Schmidt