25.08.2011

Keine Anwendung des Halbabzugsverbots bei dem Anrechnungsverfahren unterliegenden Einnahmen

Hat der Steuerpflichtige lediglich solche durch seine Beteiligung an einer GmbH vermittelten Einnahmen erzielt, für die noch das Anrechnungsverfahren galt, ist bei der Ermittlung eines Auflösungsverlusts i.S.v. § 17 Abs. 1, 4 EStG der Erwerbsaufwand nicht gem. § 3c Abs. 2 S. 1 EStG begrenzt abziehbar. Bei dem Halbeinkünfteverfahren und dem Halbabzugsverbot handelt es sich um eine gegenüber dem Anrechnungsverfahren grundlegend neue und andere Systementscheidung des Steuergesetzgebers.

BFH 26.4.2011, IX R 28/10
Der Sachverhalt:
Der Kläger war mit einer Stammeinlage von 13.500 €, entsprechend 50 % des Stammkapitals, an einer GmbH beteiligt, deren Geschäftsführer er gleichzeitig war. In den Jahren 1999 und 2001 gewährte der Kläger der GmbH Darlehen i.H.v. 23.000 DM bzw. 20.000 DM. Einnahmen aus dieser Beteiligung waren ihm als Gewinnausschüttungen im Jahr 2001 für das Jahr 2000 zugeflossen. Im Mai 2006 wurde der Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der GmbH mangels Masse abgewiesen. Die Auflösung der Gesellschaft wurde in das Handelsregister eingetragen.

Im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung für das Streitjahr 2006 setzte das Finanzamt lediglich einen Verlust in Höhe von 6.750 € statt der geltend gemachten 105.803 € an. Das Halbabzugsverbot greife nur dann nicht ein, wenn der Steuerpflichtige keinerlei durch seine Beteiligung vermittelten Einnahmen erzielt habe, es sei aber immer dann anzuwenden, wenn eine GmbH Gewinnausschüttungen an den Gesellschafter vorgenommen habe, egal wann. Dass im Streitfall die Ausschüttung in einem Jahr stattgefunden habe, in dem die Neuregelung des Halbeinkünfteverfahrens noch nicht gegolten habe, sei im Rahmen der vom Gesetzgeber in zulässiger Weise gewählten Typisierung unbeachtlich.

Das FG gab der hiergegen gerichteten Klage teilweise statt. So sei die Klage in Höhe eines Teilbetrags von 6.750 € begründet, da der Ausfall mit dem Stammkapital nicht lediglich zur Hälfte zu berücksichtigen sei. Die Revision des Finanzamtes blieb vor dem BFH erfolglos.

Die Gründe:
Das FG hatte das Halbabzugsverbot gem. § 3c Abs. 2 EStG zu Recht nicht angewandt und die Anschaffungskosten zutreffend in voller Höhe abgezogen.

Der Abzug von Erwerbsaufwand, insbesondere von Anschaffungskosten, ist im Rahmen der Ermittlung von Einkünften aus § 17 Abs. 1 u. 4 EStG dann nicht gem. § 3c Abs. 2 EStG begrenzt, wenn der Steuerpflichtige keinerlei durch seine Beteiligung vermittelten Einnahmen erzielt hat. Fallen keine Betriebsvermögensmehrungen oder Einnahmen an, kommt eine hälftige Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 40 EStG nicht in Betracht. Folgerichtig tritt die nach § 3c Abs. 2 S. 1 EStG maßgebende Bedingung dafür, entsprechende Aufwendungen nur zur Hälfte zu berücksichtigen, nicht ein. Denn dieser Aufwand steht nicht in wirtschaftlichem Zusammenhang mit lediglich zur Hälfte anzusetzenden Einnahmen. Fließen keine Einnahmen zu, kommt § 3c Abs. 2 S. 1 EStG nicht zur Anwendung; mithin ist der Erwerbsaufwand in vollem Umfang abziehbar. Dies entspricht dem Gesetzeszweck des Halbabzugsverbots, eine Doppelbegünstigung auszuschließen.

Setzt die begrenzte Abziehbarkeit von Erwerbsaufwand gem. § 3c Abs. 2 EStG danach dessen wirtschaftlichen Zusammenhang mit lediglich zur Hälfte anzusetzenden Einnahmen voraus, so ist der Aufwand in vollem Umfang anzusetzen, wenn der Steuerpflichtige lediglich solche durch seine Beteiligung an der GmbH vermittelten Einnahmen erzielt hat, für die noch das Anrechnungsverfahren galt.

Soweit das Finanzamt darauf verwies, das Anrechnungsverfahren habe faktisch eine ähnliche Steuerbefreiung bewirkt wie das Halbeinkünfteverfahren, ergab sich daraus nichts anderes. Bei dem Halbeinkünfteverfahren und dem Halbabzugsverbot handelt es sich um eine gegenüber dem Anrechnungsverfahren grundlegend neue und andere Systementscheidung des Steuergesetzgebers. Eine Kombination beider durch Koppelung von Gewinnausschüttungen, die noch dem Anrechnungsverfahren unterfielen, mit Erwerbsaufwand, der unter Geltung des Halbeinkünfteverfahrens entstand, kam nicht in Betracht.

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